Für uns ist es nicht so einfach, in Sierra Leone Geschenke (Weihnachten) zu besorgen (gibt es das? / wo bekommt man es?). Das Internet/Online Bestellung ist keine direkte Möglichkeit, weil es keine Lieferdienste gibt. So haben wir schon langfristig planen müssen. Und an alle Spontanen – Geschenkekaufen am 24.12. funktioniert hier nicht wirklich.
Für Nathanael haben wir deutlich früher, bereits letzten Sommer in Deutschland für Weihnachten etwas besorgt. Ein Comic für Nikolaus wurde beiseitegelegt und technische Dinge, die er sich wünschte, gut versteckt.
Für uns selber – na was brauchen alte Menschen denn schon – außer Ge(h)hilfen und Ruhe? Das eine gibt´s, das andere gibt es hier nicht …

Spaß beiseite. Christina bekam die Möglichkeit, ein gebrauchtes E-Piano zu erwerben. Neben einer digitalen Küchenwaage war sie nun zu Weihnachten reichlich beschenkt. Jedoch Ralf zu beschenken war schon immer schwierig. In Afrika wird es nicht leichter. Deshalb nutzte Christina ihren Aufenthalt in Lunsar, um ohne sein Wissen auf dem lokalen Markt zu shoppen. Dort gibt es Lebensmittel und Geräte für den täglichen Bedarf. Würde er sich über einen neuen Wischmopp oder ein Plastiksieb freuen? Wohl eher nicht… Schließlich entschied sich Christina, ihm einen schönen, recht neutralen Stoff zu kaufen. Der wurde dann in Jui heimlich von unserer wunderbaren Helferin Margret gesäumt, und so bekam Ralf drei Stoffdecken geschenkt. Und er hat sich wirklich gefreut, weil wir so im Büro unsere technischen Geräte abdecken können, wenn sie nicht genutzt werden. Ansonsten stauben sie nämlich schnell mit dickem rot-braunen Dreck zu.

Da wir selber in Sierra Leone noch kaum etwas von der weiteren Umgebung gesehen hatten, entschieden wir uns für 3 Tage Urlaub am Meer zwischen den Jahren. Viel hatten wir davon gehört und nun wollten wir es selber erleben. Das war dann auch unser Weihnachtsgeschenk an Nathanaels Freund und „großen Bruder“ Richard, über dessen Besuch wir uns alle sehr gefreut haben.

Direkt nach Weihnachten sollte es losgehen – drei Tage Sonne – Strand und Meer. Endlich mal etwas Stille – Ausspannen und Erholung.
Seit Mitte November ist ja „Festival Season“ in Sierra Leone – was nichts anderes heißt als eine gnadenlose Lizenz für Lärm – Lärm – und noch mal Lärm. Die Diskothek um die Ecke feiert in dieser Zeit jede Nacht bis 5 Uhr morgens – Beschallung vorwiegend nach außen. Dazu kommen Promotion-Touren von DJs mitten in der Nacht um 1, 3 oder 4 Uhr – extreme Beschallung nach außen für Stunden. Von der Lautstärke erinnert das am ehesten an deutsche Zugwagen beim Karneval: Anlage bis zum Anschlag aufgedreht, so dass man die Bässe im Magen spüren kann und die Ohren leiden – selbst zu Hause auf dem Nachtlager. Ein Auto fährt durch die Gegend und hält an jeder Ecke. Die Musik wird durch extrem laute Lautsprecheransagen unterbrochen, jemand grölt zeitweise mit oder wirbt für seine Firma. Wer hier bei dieser nächtlichen Promotion aber geworben werden soll, um dann noch freundlich das Produkt zu kaufen?? Nun, wir sind es definitiv nicht!

Na und dann finden auf dem Campusgelände zu dieser Zeit fast jedes Wochenende ein bis drei Hochzeiten statt. Wir immer mittendrin. Ohne Einladung dabei – in erster Reihe – was den Lärm angeht.
Weihnachten wird hier wie in vielen anderen Ländern nicht am 24., sondern am 25. gefeiert. So schauten wir die Übertragung die Christvesper aus der Christusgemeinde Siegburg – waren noch etwas besinnlich beieinander – aßen lecker und bescherten uns danach. Die Hochzeit nebenan mit der lauten Partymusik war dann gegen 24 Uhr vorüber.

Am 25. waren wir zum Gottesdienst in der Peace Baptist Church – eine interessante dreistündige Erfahrung mit Abendmahl. Für Richard war es der erste von zwei afrikanischen Gottesdiensten.

Am nächsten Tag waren wir zum 50. Geburtstag vom Präsidenten der BCSL eingeladen. Die Feier sollte laut offiziellem Schreiben um 16 Uhr losgehen. Das bedeutete, wir mussten uns spätestens um 18 Uhr wieder auf den Weg machen, um vor Einbruch der Dunkelheit auf dem T.E.C.T. Gelände zurück zu sein. Zum einen ist es ein vertraglicher Bestandteil, nicht im Dunkeln Auto zu fahren. Zum anderen möchten wir das auch nur ungern tun. Im Dunkeln gibt es hier kaum Beleuchtung – außerhalb von Freetown gar nicht mehr, und bereits auf der Bergstraße Richtung Jui wird es schnell unangenehm dunkel. Das bedeutet, dass man kaum die unbeleuchteten „fahrenden“ oder „parkenden“ Fahrzeuge sieht. Denn viele Mopeds und teils auch Autos fahren hier generell ohne Licht – weil sie vielfach keine funktionierenden Leuchten mehr haben.

Die parkenden oder liegengebliebenen Fahrzeuge stehen nachts oft ungesichert am Rand oder mitten auf der Straße. Auch unbeleuchtete Fußgänger huschen mal eben kurz vor oder hinter einem über die Straße, wechseln unbeleuchtet und ungesichert auf der Fahrbahn den Reifen oder stehen sogar dauerhaft auf der Fahrspur, um diese zu fegen! Fußgänger nimmt man trotz konzentrierten Fahrens kaum rechtzeitig wahr. Es ist gefährlich. Fahren im Dunkeln macht einen hinterher dankbar, wenn nichts passiert ist, selbst als Beifahrer!
Aus diesen Gründen war uns wirklich wichtig, vor Einbruch der Dunkelheit von der Party zurück zu sein.

Der Einladungsflyer zum Geburtstag erhielt neben den personellen Eckdaten auch einen Programmablauf mit 14 Punkten. Darin auch enthalten eine „Appreciation Time“ – die Möglichkeit zu Fundraising. Der Verwendungszweck wurde nicht genannt. Aber es war gut zu wissen, dass eine Spende erwartet / erwünscht war.
Nun wissen wir auch, welchen Punkt wir immer auf unseren Feiern vergessen haben.
Als gute Deutsche waren wir natürlich Punkt 16 Uhr da! Wir waren die ersten – neben den Leuten vom Aufbau und der Orga. Letzte Girlanden wurden noch schnell angebracht.
Da wir ja mittlerweile die Kultur ein wenig kennen, war uns durchaus bewusst, dass es sicher etwas dauern würde, bis es dann wirklich losgeht. Doch da wir nur bis 18 Uhr bleiben konnten, wollten wir wenigstens ab 16 Uhr da sein. Wir sahen zu Beginn noch die Frau des Präsidenten, die kurz checkte, ob alles bereit wäre.

Gegen 17 Uhr trudelten die ersten weiteren Gäste ein und um 18 Uhr verabschiedeten wir uns bei einem Sohn, hinterließen Geschenke und Grüße – ohne das Geburtstagskind persönlich zu Gesicht bekommen zu haben.
Das Ganze fand auf einem wunderschönen Gelände am Meer statt. Es gehörte vormals der britischen Armee und wurde nach deren Abzug an die EBMI gegeben. Diese hat es nun der BCSL vermacht, nachdem deren Gelände in Lunsar, während des Bürgerkrieges besetzt worden war. Es ist eine tolle Kulisse um zu feiern und war wunderschön dekoriert. Die Zeit, die wir hatten, haben wir genossen. Uns wurden auch schon Getränke und Häppchen gereicht, so dass wir nicht auf dem Trockenen saßen. Kurz vor der Dunkelheit waren wir zurück auf dem Campus.

So ging es dann am nächsten Morgen ab nach Tokeh Beach – ans Meer. Um Freetown gibt es eine ganze Reihe von Stränden und Tokeh ist etwas abseits davon einer. Das Resort war uns von Bekannten empfohlen worden.

Wir hatten zwei großzügige Zimmer – also sie waren wirklich geräumig – aber sehr spartanisch eingerichtet (Bett, ein Stuhl, eine kleine Ablagebank, ein Nachttisch und eine Garderobe). Strom gab es nur von 19 – 7 Uhr – damit man im Dunkeln Licht und zum Schlafen die Klimaanlage nutzen kann. Auch wenn es nur spärlich eingerichtet war und unsere meisten Sachen auf dem Boden lagen, war es für diese Zeit ausreichend. Wir hatten ca. 5 Meter zum Strand und 20 Meter zum Meer, das Haus war gesäumt von Palmen und anderen Bäumen, die Schutz vor der Sonne gaben. Das Wasser hatte Badewannentemperatur und nur morgens war es etwas frischer. Zu beiden Seiten konnten wir lange Strandspaziergänge in herrlicher Natur machen. Die Verschmutzung hielt sich in Grenzen. Es gab eine herrliche Brandung und immer einen leichten Wind. Wir alle haben das richtig genossen!

Das Restaurant und Rezeption waren ca. 5 Minuten Fußweg von uns entfernt – das Essen schlicht – aber gut und günstig.
Man kann sich sicher unsere Überraschung vor Augen führen, als uns am ersten Tag mitgeteilt wurde, dass wir morgen zum Essen in den Nebenbereich ausweichen müssten. Warum? Na, weil eine Hochzeit die Location gebucht hatte. Dankbarerweise war es eine kleine Gesellschaft, weiter von uns entfernt und relativ kurz – wir haben sie kaum wahrgenommen.

Der Bungalow, in dem die beiden von uns gebuchten Zimmer lagen, hatte noch ein weiteres Zimmer, was dann in der zweiten Nacht hörbar, belegt wurde. Diese Nacht war anstrengend, aber nach etwas „Reden“ ging es dann wieder.

Leider war die Zeit am Strand relativ schnell zu Ende. Wir hatten dort eine sehr schöne Zeit und auch Erholung war möglich.

Einschub: Kurz vor Weihnachten wurden wir freundlicherweise darüber informiert, dass am 24., am 30. und 31.12. jeweils eine Hochzeit auf dem Campus vor unserer Tür stattfinden würde.
Was das bedeutet, hatten wir mehr als einmal erlebt und wollten es auf gar keinen Fall wiederholen. So versuchten wir noch kurzfristig eine Unterkunft für die Tage über Silvester zu finden und zu buchen. Angesichts der Kürze und Zeit war das nicht einfach – Platz für vier – Ruhe und bezahlbar – it´s Festival Season!
Letztendlich buchten wir dann ein Hotel, in welchem wir bereits einmal im Oktober waren – etwas abseits gelegen, ruhig mit Pool und herrlicher Außenterrasse. Statt des Lärms also Erholung pur – so dachten wir!

Als wir am 30. dort ankamen, entdeckte Christina im Foyer ein Plakat. Auf diesem wurde auf die größte Silvesterparty in Freetown hingewiesen. Auch schon am Abend vorher sollte es ein großes Open Air Galadiner mit Livemusik geben.
Wo? Na – exakt im Hotel, wo wir gerade versuchten einzuchecken. Im Rückfragen erfuhren wir, dass deshalb vorher und nachher eine Nutzung des Pools, der Außenterrasse und anderer Dinge nicht möglich seien. Die Partys würden jeweils bis ca. 5 Uhr morgens gehen. Na Prost Mahlzeit! Das war ja der Grund warum wir vom T.E.C.T. weg wollten und dort müssen wir für diese Dinge nicht so viel Geld bezahlen. Auf unser Befremden, warum uns das beim Buchen niemand gesagt oder darauf hingewiesen hat, war die schlichte Aussage nur erstaunt: „Hey – it´s Festival Season!“
Wir checkten nicht ein und fuhren enttäuscht zum T.E.C.T. zurück. Hier wußten wir wenigstens, was uns die nächsten beiden Tage erwarten würde – ganz umsonst!

Aber, wie wäre es, wenn wir die Tage nach Neujahr zum Hotel kommen würden – um dann Ruhe, Entspannung und Erholung zu geniessen?! Ja sicher geht das, meinten die am Empfang! Aber, gibt es auch keine Partys? Können wir den Pool, die Außenterrasse und die Ruhe nutzen und genießen? Ja natürlich, dann ist alles vorbei und wartet auf uns. Also gut, wir buchten um und verschoben kurzerhand die Zeit im Hotel um 2 Tage! Das würde uns nach dem lauten Jahreswechsel sicher gut tun – so unsere Überlegung.
So reisten wir an Neujahr gegen Nachmittag beim Hotel an. Nach einem ausführlichen einchecken, wurde uns dann vorsichtig mitgeteilt, daß wir den Pool heute nicht mehr nutzen können …. Er wird immer am Ersten des Monats gewartet. Also erst ab morgen wieder!

Nach der ersten Nacht und einem ausführlichen und guten Frühstück erledigten wir einige Dinge in der Stadt. Bei der Rückkehr gegen Mittag wurde uns an der Rezeption mitgeteilt, dass heute eine Geburtstagsfeier stattfinden würde. Das bedeutet, wir können den Pool und die Außenterrasse ab Nachmittags nicht mehr nutzen und die Feierlichkeit wird bis gegen 2 Uhr morgens gehen. Aber hey, für die nächsten drei Stunden ist das noch möglich! Wenn Euch der Aufbau und das Vorbereiten nebenher nicht stört?!
Uns fiel die Kinnlade runter! Hatten wir doch extra vorher nachgefragt und genau diese Menschen hier hatten uns die Auskunft gegeben, dass alles vorbei und nutzbar ist.
Wir wollten nun gerne mit dem Manager sprechen, um ihm unsere Enttäuschung und Frustration darzulegen. Wir hatten schließlich viel Geld dafür gezahlt nur um bedeutende Teile, mit dem das Hotel warb, nicht nutzen zu dürfen! Ganz zu schweigen von dem zu erwartenden Lärm, der direkt neben unseren Zimmern produziert würde. Der Manager ist gerade nicht da, wir informieren ihn und er wird sich mit Ihnen in Kontakt setzen.
Am Abend wiederholten wir unseren Wunsch, den Manager zu sprechen – aber der war immer noch nicht da.
Als gegen 12 Uhr nachts die laute Musik und Feier ein Schlafen weiterhin unmöglich machte – wiederholten wir die Forderung nach einem Gespräch mit dem Manager. Diesmal erfuhren wir von dem Nachtpersonal, dass er für ein paar Tage an die Beach gefahren sei ….

Gegen 1 Uhr wurde die Musikanlage abgeschaltet, die Gespräche wurden leiser und es konnte geschlafen werden. Gegen fünf Uhr morgens begann dann das Stühlerücken und aufräumen – eine kurze Nacht. Gähn.
Beim Auschecken wurden wir eindringlich gebeten, doch auf den Manager zu warten, der unbedingt mit uns reden möchte – auf einmal ist es dann doch wichtig …
Zurück auf dem T.E.C.T. sind wir etwas früher zu Bett gegangen und konnten auch länger schlafen – was gut tat. Unser Eindruck ist tatsächlich, dass die Lärmbelästigung nun etwas zurück geht – weniger „Festival Season“ – aber ganz vorbei ist diese wohl erst im Februar! Doch dann kommt der Ramadan – da wird die Nacht zum Tag – also alles wie bisher.
Wir haben uns vorgenommen, möglichst die Festival Season im Dezember nicht noch mal hier erleben zu wollen. Was das konkret bedeutet und wie das gehen kann, werden wir im Laufe der Zeit zu klären haben.
