Und siehe es weihnachtet sehr …

Wichtige Dinge wollen vorbereitet werden – so zum Beispiel Weihnachten. Es ist schon skurril – wir sitzen gerade bei 30 Grad – strahlendem Sonnenschein mit tropischen 100 % Luftfeuchtigkeit und unterhalten uns über Weihnachten …. Das ist doch wenn es kalt ist – möglichst viel Schnee liegt – draußen alles dunkel ist und der Mondschein über die Eiskristalle blitzt. Ach sorry, das war zumindest so in Ralfs Jugendzeit (im vorigen Jahrhundert) in Süddeutschland und Österreich.

30 Grad – 100% Luftfeuchtigkeit – da wird es einem schon weihnachtlich ums Herz

Also Weihnachten kommt und will vorbereitet werden. Wir haben ja nur ein paar wenige Sachen nach Sierra Leone verschifft und Weihnachtsdeko war kaum dabei. Aber ein so wichtiges Fest ohne geht ja gar nicht. Deshalb hat Christina ihre Kontakte in Sierra Leone genutzt. Die Internationalen – aus aller Herren Länder – haben dort eine Whatsapp-Gruppe gebildet und darin befinden sich nun über hunderte von Personen, teilweise sind die schon gar nicht mehr in Sierra Leone, halten aber dennoch den Kontakt. Katrin Kruse, vor einigen Jahren Missionarin der EBMI in Freetown gewesen, hat Christina dort eingeführt. Wir sind sehr dankbar für diese Gruppe, ihre Erfahrungen und Hilfen.

Als eine Familie dort postete, dass sie im Sommer 2022 zurück nach USA ziehen werden und etliche Sachen nicht mitnehmen, boten sie auch Weihnachtsdeko an. Das war der Moment, wo Frau Döhring aufsprang und zugriff – wir wollen das, sofern sich niemand anderes meldet! In dem Beitrag stand nicht, was das alles ist. Wir waren zu dem Zeitpunkt im Dezember 2021 noch in Deutschland, deshalb konnten wir es uns auch nicht ansehen.

Wir erhielten den Zuschlag und Christina war glücklich – jetzt konnte Weihnachten kommen – so schön – sie strahlte wie eine Christbaumkugel.

Da die Familie schon im Juli das Land verliess und wir erst im August ankommen würden, wurde die Deko bei den Nachmietern untergestellt. Sie übten sich eine Weile in Geduld, bis wir die Möglichkeit hatte, es von ihnen abzuholen.

Nun also, am Freitag den 15. November machten wir uns auf den Weg nach Freetown an die Küste, um das heißersehnte Material rechtzeitig vor der Adventszeit in Empfang und Betracht zu nehmen. Blöderweise sickerte am Vortag durch, dass aufgrund der Weltwirtschaftslage die Öl- und damit Spritpreise erhöht würden. Das hieß, viele Tankstellen machten in der Nacht und am nächsten Tag erstmal dicht, um sich auf die neue Situation und das dann folgende Chaos vorzubereiten.

Bei über 600 Km die Woche müssen wir wöchentlich tanken und das war nun dran. Während Ralf noch am Donnerstag überlegte, ob er eher heute nach der Schule mit Nathanael oder doch lieber am Freitagmorgen zum Tanken fahren sollte, entschied er sich, dies doch am Donnerstag nach der Schulabholung zu tun. Was ein Segen!

Er wunderte sich nur über ein ungewöhnliches Mehr an Autos und Menschen an den Tankstellen – aber von den Hintergründen bekommen wir immer später etwas mit.

Am Freitag waren dann überraschenderweise die Straßen relativ leer und OB (sprich: Obi von Obedaja), unser studentischer Mitfahrer, den wir morgens nach Freetown zur Uni mitnehmen, erzählte von der Spriterhöhung (der war vor drei Wochen schon einmal um ca. 25% gestiegen), von der Tankstellenschließung und den langen Schlangen vor den noch offenen Tankstellen.

So kamen wir außergewöhnlich gut nach Freetown zur Uni und Schule rein. Doch sobald wir in der Innenstadt an den Kreisverkehren mit Tankstellen waren, wurde es chaotisch. Unzählige Autos – Bikes – Kekes, die in Schlangen vor den noch offenen Zapfsäulen warteten und dahinter, darum herum, darunter und darüber staute sich alles. Dass sich irgendwann etwas bewegte, war dem geschuldet, dass man irgendwann einfach eine dritte Spur aufmachte und sich mit dem Durchfahren abwechselte oder sogar eine vierte eröffnete. Improvisation und Augenmaß ist gefragt!

So schoben wir uns Stück um Stück weiter voran auf das leuchtend glitzernde Geschenk zu – wir haben die Deko sogar für umsonst erhalten.

Eine völlig überforderte Tankstelle

An einer Stelle ging dann gar nichts mehr – nada. Wir standen. Minute um Minute. Und keiner wusste oder sah warum. Irgendwann kämpfte sich dann einer der Verkehrspolizisten nach vorne, um den Weg freizumachen – da sich mittlerweile auch hinter uns alles staute und sich damit auch in alle anderen Richtungen alles blockiert war.  

Und siehe da, es fing an, sich etwas zu bewegen – langsam – ganz langsam – aber immerhin Bewegung. Als wir dann an der Stelle des Anstoßes ankamen sahen wir, dass auf unserer Seite einfach auf der Fahrbahn ein LKW abgestellt war – ohne Fahrer – warum auch immer. Nicht ungewöhnlich – aber äußerst hinderlich. Und damit es eine ausgleichende Gerechtigkeit gibt, parallel auf der Gegenfahrbahn ist ein Kleinbus liegen geblieben und bewegte sich nicht mehr – mit Fahrer und Fahrgästen. Dazwischen passte gerade noch der Polizist.

Der ordnete nun an, dass alle Fahrgäste aus dem Bus aussteigen und gemeinsam weiterschieben sollten, damit er aus dieser Position herauskommt und zumindest etwas Luft zum vorbei kommen ist. Auch das ist keine Seltenheit – oft parken die Autos mit Fahrern einfach nur so – ohne sich Gedanken zu machen, ob da noch jemand vorbei kommt oder nicht – warum auch?!

Ob nun die Fahrgäste für ihre ungewöhnliche Fahrt etwas zahlen mussten, haben wir nicht mitbekommen, denn für uns ging es endlich weiter. Über Stock und Stein – immer weiter. Bis wir am Ziel waren.

Hier trafen wir auf zwei Kanadier (die Nachmieter), und nach einem netten Plausch haben wir uns eine Stunde später mit der Weihnachtsdeko (eine große Plastiktruhe und ein Karton) wieder auf den Rückweg gemacht. Was da drin war, hatten wir noch nicht gesehen – das ist ja wie Weihnachten – so ist es!

Nach Hause ging es dann verkehrstechnisch deutlich besser – die Lage hatte sich auch in der Innenstadt etwas entspannt.

Zuhause dann kein Halten mehr – für die nächsten Stunden hörte und sah man von Christina nichts mehr – nun ja, Ralf war weit genug weg. Aber als er dann mal eine Stunde später nachschaute, war das Leuchten in den Augen und das rundum glückliche Lächeln nicht zu übersehen – es hatte sich gelohnt. Selbstgemachter Adventskalender. Kränze, künstliche Tannenbögen, viele Lichterketten, zwei künstliche Christbäume zum Ineinanderstecken mit extrem viel Deko, sogar Holzkrippenfiguren, Plätzchenförmchen und auch zwei Leuchtsterne zum Aufhängen waren dabei. Nun konnte Weihnachten kommen.

Wirklich unglaublich was für einen Menge an Dekoration – wer wohl den Weihnachtsmann oder Elf spielen darf?

Auch in der Campusgemeinschaft beschäftigt Weihnachten seit drei Wochen jeden. Immer wieder Ansagen und Hinweise – wir feiern ein Fest – wir wollen es schön machen. Ein Fest wird vorbereitet und jeder der Campusfamilie ist eingeladen – jeder kann dort seine Gaben einbringen. So wurde ein Chor gegründet, der Lieder und Choräle einstudiert. Dreimal pro Woche üben sie mittags und wir raten, wer dabei das Piano spielen soll – na – richtig?!

An einem Gottesdienstabend kam Christina wie gewohnt eine halbe Stunde früher in die Chapel, um dort die obligatorischen zwei Hymnen für den Gottesdienst zu üben. Da lag doch tatsächlich auf „ihrem“ Platz eine schwarze Mappe mit ein paar Notenblättern ….? Wem gehören die und wer hat die hier liegenlassen?

Allerliebst

Auf der Suche bzw. das Nachfragen kam der Hinweis, dass der Chorleiter diese für Christina hingelegt hatte. Die Mappe enthält Stücke, die bei der Weihnachtsfeier gesungen werden und die sie begleiten sollte – aha. Das ist auch normal – warum vorher reden oder fragen – so umgeht man das lästige erklären bzw. eine Ablehnung.

Als Christina dann am nächsten Tag die Noten durchsah, stellte sie fest, dass in dem Stück Notenseiten fehlten. Na, was sollen wir sagen, der Chorleiter hatte diese auch nicht mehr – es ist ein „uraltes“ Stück, das in den 70er Jahren US-amerikanische Missionare mitgebracht hatten. Dementsprechend war die Qualität der Kopie. Es roch nach Schimmel und an manchen Stellen konnte Christina die Noten nur noch ahnen. Ja und jetzt – wir spielen es dennoch … improvisieren???

Also machte sich Christina dran, im Internet nach dem Lied und den Noten zu forschen. Sie fand schließlich eine Plattform, die alte Lieder beherbergt und zur Verfügung stellt – auch als Download – Wahnsinn! Für 10 Euro konnten wir ein Weihnachtschorliederbuch erwerben, das dieses Stück enthält. So war es schließlich möglich, es zweimal auszudrucken. Nun können der Chorleiter und Christina das komplette Stück einüben.

Parallel dazu wurde ein Komitee (Dozenten) gegründet und Christina ist eines deren Mitglieder. Als sie sich erkundigte, um was es dabei gehe und welche Aufgaben da auf sie zukommen, erfuhr sie, dass für die Weihnachtsfeier ein Sack Reis gekauft wird, um diesen an die bedürftigen Personen vom Campus zu verteilen. Eine sehr gute und praktische Idee!

600 Leones – reicht für eine Familie ca. einen Monat

Das Geld hierfür stammt aus den Kollekten, die während der letzten Monate 4x pro Woche in Chapelgottesdiensten eingesammelt wurden. Das Komitee weiß und entscheidet, wer bedürftig ist, und wenn zu wenig Kollekte da ist, kümmert es sich um weiteres Geld bzw. Sack Reis.

Sogar zwei Bäume – Ralf hört noch seine Mutter – einer aus Plastik kommt uns nie und nimmer ins Haus ….

Nun, für welche Aufgabe wurde wohl Christina in das Komitee berufen? Offiziell heißt es, um eine interkulturelle Erfahrung zu machen. So kann man das natürlich auch nennen. Gern sind wir aber bereit, die „Kollekte“ aufzustocken.

Aber in der Tat, was wäre, wenn wir so der gesamten Campusfamilie ein Geschenk machen könnten? Durch die Preiserhöhungen ist leider bei vielen hier Schmalhans Küchenmeister.

Also wie wäre es, wenn es genug Säcke Reis und Maggi-Brühwürfel geben würde. um allen Bedürftigen ein kleines Geschenk an den Festtagen zu machen?

Wir überlegen, halten es Gott hin, mal sehen, zu was Gott uns führt.

Haben wir schon erzählt, dass der eine Leuchtstern bereits seit gestern Abend voller Aufregung durch unser Wohnzimmerfenster auf den Campus strahlt?!

Ein Stern strahlt in die Weite – auch hier in Jui – Sierra Leone!

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