Fahrerlaubnis 10/2022 (2/3)

Nachdem wir am Freitag also die Anmeldung erfolgreich hinter uns gebracht haben und am Dienstag die Meldescheine abholen sollten, machten wir uns somit Dienstag morgens um 7 Uhr auf den Weg.

Nathanaels Schule lag auf dem Weg und so setzten wir ihn zuerst dort ab und fuhren dann – also unser Fahrer – wieder weiter Richtung Innenstadt – zum Einwohnermeldeamt. Diesmal kamen wir Punkt 8 Uhr dort an und …. exakt das gleiche Bild wie am Freitag. Eine große Menschtraube um den Eingang, eine lange Warteschlange um das Gebäude. Wir wieder hinter unseren Wegbereitern her zum Eingang und hörten gerade noch, dass heute alles erst um 9 Uhr losgehen soll – warum auch immer. Wahrscheinlich um die Menge an Menschen, die schon im Gebäude war, erst mal abzuarbeiten.

Noch Fahrtüchtig

Nach etwas Diskussion mit unserem Fahrer ließ uns der Büroleiter ins Gebäude und teilte uns mit, dass die Sachbearbeiterin, die letzten Freitag unsere Daten aufgenommen hatte, noch nicht im Haus ist und wir deshalb warten müssen.

Also die Sachbearbeiterin, die einmal deine Daten aufgenommen hat, ist auch für alles Weitere zuständig. Was macht man, wenn diese Person länger krank ist oder den Job wechselt??

Schon hier wurde uns vom Büroleiter angedeutet, dass es unwahrscheinlich ist, die Papiere bereits heute, am Dienstag, zu erhalten, wenn man den Antrag gerade erst letzten Freitag gestellt hat – auweia. So wollte er unsere Telefonnummer aufnehmen und uns informieren, wenn die Unterlagen da sind. Hm, auch unser Fahrer fand die Idee nicht so gut – die Erfahrung lehrt, dass solche Anrufe für die Ewigkeit bestimmt sind. Wir wollten lieber warten!

Gerade wurde draußen mitgeteilt, dass es sich noch mal verzögert

So standen wir also im Vorraum mit ca. 30 anderen Menschen allen Alters, die ebenfalls warteten. Nach einer guten Stunde war es soweit, die Dame erschien und wollte sich auch gleich um unsere Unterlagen kümmern. Schon war sie entschwunden. Nach weiteren 30 Minuten wurden wir gebeten, in dem Raum, in welchem die Registrierung stattgefunden hatte, in einer Ecke Platz zu nehmen und zu warten. Die Sitzmöglichkeit wurde von uns dankbar angenommen.

Ein fensterloser Raum, gefüllt mit ca. 80 Personen – ein ständiges Kommen und Gehen aber Gott sei´s gedankt mit Klimaanlage. Wir warteten. Nach einiger Zeit meinte eine andere Sachbearbeiterin, dass das sicher heute nichts wird, weil der Zeitabschnitt viel zu kurz ist – wer sollte den sowas gesagt haben? Wir warteten.

Etwas später kam ein weiterer Angestellter und ließ uns von unserer Sachbearbeiterin ausrichten, dass es noch eine halbe Stunde dauern würde – nun stellten wir uns die Frage mit welcher Zeit wir rechnen dürfen – europäisch oder afrikanisch? Unser Fahrer machte sich irgendwann davon – um zu klären wie lange noch oder mal auszutreten – er war dann mal eben weg.

Geradeaus hinten sieht man den „Notausgang“

Derweil ging es hoch her in dem Raum. Wir wissen, dass Afrikaner leidenschaftlich sind und Temperament haben. Dabei sind sie selten leise.

Auf diesem engen Raum mit so vielen Menschen war es nicht einfach zu erkennen, wer wann wohin muss. Manch einer wurde einfach vorgelassen. Da wurde es wiederholt immer mal wieder laut. Und manchmal dachten wir schon, jetzt passiert‘s – jetzt werden sie handgreiflich – aber nein, vorher geht schnell jemand dazwischen und trennt die Streithähne – das scheint durchaus normal zu sein.

Nach fast drei Stunden entstand an einer Stelle im Raum ein richtig lauter Tumult. Dort war eine Containertür – die offensichtlich einen „Notausgang“ nach außerhalb des Gebäudes darstellte oder eben nach innen.

Von außen wurde immer wieder an die Tür gebollert und von innen wurde lautstark dagegen gehalten.

Mittlerweile war der normale Eingang geschlossen – keiner sollte mehr ins Gebäude kommen – warum – vielleicht war die Anzahl der an diesem Tag zu bearbeitbaren Personen erreicht?

Irgendwann wurde dann doch die Tür geöffnet, da offensichtlich ein Beamter aus dem Haus dort herein wollte – im Schlepptau unser Fahrer. Lautstark und vehement wurde nun diskutiert, unser Fahrer solle draußen bleiben, aber er meinte er war schon drin und gehört zu uns. So ging es hin und her. Er wurde mit aller Gewalt daran gehindert, durch den engen Türspalt zu kommen. Hätte Christina nicht aufgepasst, hätten wir überhaupt nicht mitbekommen, dass es um unseren Fahrer geht.

Der hatte sich tatsächlich auf den Weg gemacht um herauszufinden, wie weit die Sache gediehen ist und ist dann mit dem Sachbearbeiter in ein anderes Gebäude gegangen, wo die Unterlagen erstellt und ausgegeben wurden.

Als Christina auf die andere Seite zu diesem Tumult und Geschrei ging, dachte Ralf nur, auweia, das kann in die Hose gehen – eine Weiße, die schlichten will. Aber sie hatte unseren Fahrer erkannt und durch ihr beherztes Vorgehen durfte er dann doch tatsächlich reinkommen. Was für eine Aufregung!

Der Sachbearbeiter ging nun den dicken Stapel mit Meldescheinen durch, den er mitgebracht hatte und fand schließlich unsere beiden – unglaublich! Einzig bei Christina fehlte die Quittung – aber auf die wollten wir nun wirklich nicht mehr warten ….

Nach über vier Stunden verließen wir das Gebäude durch besagte Hintertür und sahen die vielen, vielen Menschen, die heute umsonst gekommen waren. Beschämt aber dankbar machten wir uns auf den Weg zur Zulassungsstelle – oder sollten wir uns dieses Abenteuer für den nächsten Tag aufbewahren?

Ralf´s Einwohnermeldeschein

Wir versuchten es. Und so kamen wir dort an und stellten fest: viel, viel weniger Menschen. Wir bekamen einen Parkplatz und wurden zu einer sehr sympathischen Sachbearbeiterin gebracht, ohne uns durch Menschenmassen schieben zu müssen. Sie war freundlich und zügig.

Unsere Daten wurden aufgenommen. Kopien vom Reisepass und Führerschein gemacht. Wir mussten zwei Passbilder abgeben und dann die Gebühr von jeweils 750 neue Leones (ca. 65 Euro) pro Führerschein bezahlen. Nun war klar, warum hier so wenige Menschen waren. Das ist für Sierra Leone ein richtig gewaltiger Betrag. Hinzu kommt noch, dass der Führerschein grundsätzlich nur für 5 Jahre gilt. Eine Verlängerung für die weiteren 5 Jahre kostet sogar 1000 neue Leones (ca. 90 Euro). Es gibt eine kurze Überbrückungszeit mit der Möglichkeit einer kleineren Anzahlung, sollte die jedoch nicht genutzt werden, verfällt der Führerschein, wenn wir das richtig verstanden haben, und man muss den ganzen Registrierungsprozess von vorne beginnen.

Nach Ausfüllen der Formulare und Abgabe unserer Unterlagen wurden wir an eine ältere Dame am Nebentisch gebeten, die unsere Daten aus dem Formular in den Computer eingeben sollte.

Als Christina sie höflich fragte, wie es ihr denn gehe (ist hier üblich), meinte Sie: „Ich habe eigentlich Mittagspause, noch nichts gegessen, muss mal auf die Toilette und Sie verschwenden meine Zeit!“ Nun, damit war dann ja alles gesagt!

Sie nahm unsere Daten auf – fragte, ob die korrekt sind. Erstaunlicher Weise lief das reibungslos und professionell – wir antworteten auch immer brav mit „Yes Mam“! Nach 10 Minuten konnten wir ihren Schreibtisch verlassen und sie durfte in die wohlverdiente Mittagspause gehen.

Und wir? Wir waren fertig – Hurra – das Ganze hat nicht länger als eine Stunde gedauert und wenn die Führerscheine fertig sind, werden wir telefonisch benachrichtigt, um sie abzuholen!

Hier ist gerade ein Unfall passiert – alles läuft zusammen und alles staut sich auf allen Seiten

Nachdem wir dann kurz Zuhause waren, hat Ralf sich auf den Weg gemacht, um Nathanael von der Schule abzuholen – noch mit dem gültigen Internationalen Führerschein – aber nicht mehr lange! Dann mit dem gültigen nationalen Führerschein von Sierra Leone!

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