Auszeit 10 / 2022

Zum Abschied aus der Gemeindeleitungsarbeit nach fast 20 Jahren hat sich die Gemeindeleitung der Christusgemeinde etwas Besonderes ausgedacht.  Wir merken, hier wusste jemand Bescheid über ein Leben im Ausland. Sie schenkten uns einen Hotelgutschein für ein Wochenende in einem Hotel in Freetown.

Ziel dabei war, nach den ersten Wochen in Sierra Leone etwas Abstand zu bekommen und uns etwas Gutes zu tun. Der Zeitpunkt war bereits gebucht. Wir mussten nur noch hinfahren und genießen …. so der Plan.

Aber irgendwie läuft in Sierra Leone alles anders – oder vielleicht auch nur für uns … – wer weiß das schon.

Vergangenes Wochenende war es soweit. Wir holten am Freitag Nathanael von der Schule ab, um dann mit ihm direkt zum Hotel zu fahren. Das Hotel war relativ dicht bei der Schule. Es liegt auf einem der Hügel von Freetown und hat einen wunderschönen Blick auf die Stadt runter und das Meer dahinter.

Country Lodge Hotel

Während wir beim Schalter standen um einzuchecken, erfuhren wir, dass die Buchung noch nicht bezahlt war. Sie wurde zwar mit einer Kreditkarte reserviert, aber die Abbuchung sollte direkt über die Kreditkarte im Hotel laufen.

Nun ja, es war ja nicht unsere Reservierung und auch nicht unsere Kreditkarte – also das fiel schon mal weg. Die Aussage, dass wir mit unserer Kreditkarte zahlen können, machte Mut – erwies sich aber als falsch – auch hier funktionierte unsere deutsche Kreditkarte nicht.

Da alles für uns gebucht und bezahlt war, hatten wir auch nicht genügend Bargeld mit. Der Vorschlag mal eben zur Bank zu fahren war ebenso keine frohmachende Aussicht. Es wäre mit viel Fahrerei und stundenlangen Wartezeiten verbunden gewesen. Wer weiß, ob wir am Freitagnachmittag überhaupt noch zum Schalter vorgedrungen wären.

Ein Teil von uns war nun innerlich resigniert auf dem Heimweg – während die anderen schon das WLAN und die Hoffnung auf das Wochenende genossen. Können wir den Betrag online von unserem Konto in Sierra Leone auf das Hotelkonto in Sierra Leone überweisen – jetzt – hier vor Ort und ihnen die Bestätigung der Transaktion zeigen und zuschicken?

Das schien zumindest eine Möglichkeit zu sein. Ach so, all das wurde mit jedem Schritt immer über die verschieden zuständigen Leute – bis hin zum Hotelmanager abgesprochen.

Überweisung sollte möglich sein. Nun also Geld von unserem Bankkonto in Sierra Leone auf ihr Bankkonto in Sierra Leone überweisen – nur die Banken waren unterschiedlich.

Als wir die Bankdaten des Hotels erhielten, bekamen wir bei der Online-Überweisung eine Fehlermeldung. Die Kontonummer war zu kurz.

Noch einmal wiesen wir darauf hin, dass wir ein Konto in Sierra Leone haben und wahrscheinlich ihre BBAN benötigen – nicht nur die einfache Kontonummer.

Auch beim zweiten Mal funktionierte es nicht – der Buchhalter rief daraufhin die Bank an und nach ca. 30 Minuten erhielten wir die BBAN, weil wir ja ein Konto in Sierra Leone bei einer anderen Bank haben.

Nun klappte das auch mit der Überweisung, dem Einchecken und dem erholsamen Wochenende.

Das große Schlafzimmer

Es war ein sehr schönes Hotel und für uns war eine Suite gebucht – so viel Platz und solch ein Wohnen im Hotel hatten wir noch nie. Eingangsbereich mit kleiner Küche – großes Schlafzimmer – großzügiges Bad mit sehr gut funktionierender Dusche – warmen Wasser – einem großen Wohnzimmer mit sehr angenehmer Sitzgarnitur und in jedem Zimmer Klimaanlage! Und das Tollste: wir hatten dauerhaft Strom und stabiles gutes WLAN.

Internet funktioniert

Somit war das schon mal für den jüngsten Teilnehmer ein wahres Wuchtwochenende und abseits vom Essen und einmal Baden im Pool war dann seine restliche Zeit online verbucht.

Das Restaurant für das Frühstück war auf einer schönen Terrasse mit Blick auf den Pool, auf einen Teil Freetowns und das Meer. Hier wehte fast immer eine leichte Brise, die es sehr angenehm machte dort zu verweilen.

Blick auf Freetown Downtown und Meer

Weiter unterhalb war noch eine Terrasse. Hier hatte man dann direkten Blick auf Freetown, die umliegenden grünen Hügel und das Meer. Das Auenland lässt grüßen. Ein Bad im Pool war einfach nur erfrischend schön. Das Schlafen in wohltemperierten Räumen war erholsam und tat gut.

Das Auenland – herrlich – nur wenn man nah und genau hinschaut ändert sich der Blick

Ein sehr, sehr schönes Geschenk, das wir wirklich genossen haben. Es war sehr entspannend, einfach nur da zu sein. Mal nicht unter Spannung zu stehen, weil man sonst eben immer in der öffentlichen Wahrnehmung lebt und darauf achten muss, was man wie sagt und tut. Hier sind wir eben nur Gast – Tourist – wie die meisten anderen eben auch. Wir überlegen, ob wir uns immer wieder mal so eine Auszeit nehmen wollen…

Doch gleichzeitig haben wir auch manches wahrgenommen, das uns bisher nie aufgefallen ist.

Wir leben nun in diesen Land, wissen um manche Zustände und ahnen, dass da noch viel mehr dahintersteckt.

In diesem Wissen und Ahnen sind wir nun konfrontiert mit einem absolut luxuriösen Umfeld. Ein reichhaltiges Frühstücksbuffet – fließend Wasser – sicheres und funktionierendes Leben – schönes Ambiente. Wir haben uns gefragt, ob die Bediensteten und ihre Familien genug zu essen haben. Wir haben uns gefragt, was mit den vielen Resten geschieht. Und warum uns vorher nie in den Sinn gekommen ist, dass zwei volle Käseplatten der absolute Wahnsinn sind! Es ist schwer, unbeschwert zu sein, wenn jenseits der Mauern das Leben so völlig anders aussieht.

Der Speisesaal – offen

Und am Sonntag ging es wieder zurück in unseren Alltag – auf den Präsentierteller – das beständige Wahrgenommen werden – die entsetzliche Armut um einen herum – der häufige Stromausfall mehrmals täglich – mangelndes WLAN – schwitzen – schwitzen – und hölzerne Sitzgarnituren.  

Noch nie waren uns die Unterschiede und Auswirkungen so deutlich. Sie haben uns beschäftigt und sicher wird es das auch noch weiter so sein. Und mit Sicherheit sind wir nicht die einzigen, die so empfinden. In jedem Fall merken wir, dass es an uns arbeitet – an unserem Denken und Verhalten. Wir sind hinterfragt im Umgang mit den Ressourcen und Gegebenheiten, in welchen wir leben.

Ergebnisse – die haben wir bisher nicht. Aber wir bleiben dran. Aber eines ist sicher – wohl dem der solch eine Gemeindeleitung hat und vielleicht sind hier ja manche in der Gemeindeleitung, die nach Möglichkeiten suchen – ihren Pastoren und Mitarbeitern was Gutes zu tun. Das geht natürlich auch vor 20 Jahren gemeinsamer Zeit – Spaß – sie waren auch vorher schon so gut!

Nachtrag:

Nachdem wir dann wieder Zuhause waren und mit dem schönen Wochenende abgeschlossen hatten, erhielten wir einige Tage später eine E-Mail vom Hotel. Die Überweisungen sind von der Bank zurückgeholt worden. Unser Rechnungsbetrag ist demnach noch offen. Nun gilt es das wieder zu klären und sich zu fragen, was eigentlich das Problem ist. Leider funktioniert keine der E-Mailadressen noch Telefonnummern, die auf der Homepage unserer Bank angegeben sind – na wenn das nicht Vertrauen wachsen lässt – auf jeden Fall geben die gut auf unser Geld acht

Herrlicher Sonnenuntergang

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