Lunsar BTS April 2023

Ostern haben wir gerade gefeiert und nun haben alle ein paar Tage Pause verdient. Alle? Nein – es ist die Gelegenheit, um in Lunsar am Theologischen Seminar der Baptisten (BTS) einen Blockunterricht anzubieten. So machte sich Christina an Ostermontag auf den Weg nach Lunsar – gemeinsam mit dem freundlichen Fahrer aus der Nachbarschaft …, der sie dorthin fuhr.

Plakate sind fertig

Die Einladungen des BTS wurden im Vorfeld an Pastoren und Gemeinden verteilt mit der Aufforderung, sich dazu anzumelden. Viele Pastoren in den Provinzen haben kaum oder gar keine biblische Ausbildung gehabt. Die meisten haben einfach kein Geld zum Studium. Sie kommen eh schon kaum täglich über die Runden, um sich und die Familie zu ernähren und die wenigsten erhalten ein Stipendium, um am T.E.C.T. oder andernorts studieren zu können.

So sind diese Zeiten des Blockunterrichts am BTS der Baptist Convention Sierra Leone (BCSL) eine große und notwendige Hilfe. Zum Anmelden muss man nur eine kurze Nachricht an das Baptist College senden und dann normalerweise den Teilnehmerbeitrag bezahlen. Es werden nicht nur Baptisten akzeptiert. Auch Pastoren von Pfingstgemeinden nehmen gern an den Fortbildungen teil.

Ein ziemlich gefüllte Woche für Frau Dozentin

Warum eine theologische Fortbildung notwendig ist, zeigt sich unter anderem in manchen Überzeugungen, die einige Pastoren so mitbringen. Wusstest du, dass die Menschen im Umfeld von Noah vor der Flut in die noch nicht fertig gestellte Arche gelaufen sind, um dort ihre Notdurft zu verrichten? War Dir klar, dass Noah ein Prophet war und gepredigt hat? Auch wenn der biblische Befund das nicht hergibt, so waren manche überzeugt von der Wahrheit dieser Details. Sie haben das in Filmen gesehen und eins zu eins übernommen. Im Gespräch mit der deutschen Missionarin, die dem irritiert widersprochen hat, haben sie dann erstmal die biblischen Befunde gelesen und waren erstaunt, nichts davon zu finden.

Es gibt so manche Ideen, Überzeugungen und Vorstellungen, die nur schwer mit dem biblischen Befund übereinstimmen. Warum soll man z.B. im Gottesdienst nicht Gott im Gebet dazu auffordern, gottlose Menschen, z.B. Zauberer, zu töten und umzubringen? Zudem das AT doch festhält, dass Magier sterben müssen! Dass man Jesu Aufforderung „Betet für die, die euch hassen“ im Rahmen der Feindesliebe zu verstehen hat, war für manche schwer zu ertragen. Christina war sich recht sicher, dass Jesus damit nicht meinte: Bete für einen schnellen Tod des Gottlosen! Sie sieht es eher im Zusammenhang mit Hesekiel 33,11.

Eine schöne Fahrt übers Land

Und warum nicht in den Gebetstreffen mit dem Messer durch den Gottesdienstraum laufen und gegen die Wand stechen, um den Bösen abzuwehren und zu töten? Dies gibt es seltener bei Baptisten, aber in hiesigen Pfingstgemeinden ist es teilweise Gepflogenheit. Manche Gemeinden stellen auch „Judas-Puppen“ her, die von Kindern der Sonntagschule geschlagen werden sollen. So interessant das alles auch ist, so notwendig und hilfreich sind die Fortbildungsmaßnahmen zum Verständnis der Bibel.

Zum einen sind manche sehr frisch bekehrt in ihren Dienst eingestiegen und zum anderen bestimmt das kulturelle Umfeld nach wie vor das Denken und Handeln. Der zornige Gott wird herausgestellt. Oft überwiegt die Angst, die einen zum rechten Verhalten bringen soll, damit man nicht verloren geht und aus der eigenen Kirchengeschichte, ist uns das ja auch nicht fremd. Und natürlich ist das Umfeld in dem sie aufwachsen zutiefst heidnisch, animistisch und von okkulten Praktiken durchzogen.

Themen wie Gottes Liebe, Heilsgewissheit und unsere neue Identität in Christus liegen Christina besonders am Herzen. So ist es wichtig und gut, dass die BCSL diese Fortbildung für ihre Pastoren regelmäßig anbietet.

manchmal Abenteuerlich

Was richtig toll ist: Die Studenten sind hoch motiviert. Sie freuen sich auf die Fortbildung. Man kann ihr Interesse und die Dankbarkeit für die Hilfe deutlich wahrnehmen. So ist es auch für Christina eine große Freude, diese Zeiten in Lunsar zu verbringen – es sind Mut machende und gesegnete Begegnungen! Manches lernt sie über die hiesige Kultur und über die schwierigen Bedingungen außerhalb der Stadt. Beziehungen entstehen.

Die Gemeinden in den Provinzen sind bitter arm. Viele Menschen können kaum ihre Familien ernähren, geschweige denn Geld in die Gemeinde geben. So können sie ihre Pastoren und somit auch solche Fortbildungskosten nicht bezahlen. Pastoren bekommen manchmal Naturalien, so wie es eben möglich ist. Darüber hinaus sind sie „Zeltmacher“, d.h. sie haben nebenher einen anderen Job, mit dem sie überleben können. Oftmals hilft der Ehepartner ebenfalls mit, baut Gemüse an, sammelt Plastik etc., um etwas zum Überleben beitragen zu können. In den Provinzen sind Arbeitsstellen leider rar gesät. Christina weiß von einem Pastor, der Kohle herstellt, um sich damit über Wasser zu halten.

überall gibt es diese „kleinen“ Feuer – ob Dorf – Stadt oder Land – zum Verbrennen von Müll oder um das Land zu roden – mitunter direkt neben der Straße oder an Häusern

Nach ihrer ersten Fortbildung mit Christina in Lunsar im Dezember haben die Pastoren gern den Kontakt über soziale Medien gehalten – Fragen – Grüße – Gebete ausgetauscht. Sie sind sehr dankbar für das, was Christina macht.

Schon im Vorfeld der Fortbildung von April hat sie von einigen Nachrichten erhalten, die ihr Kommen zusicherten und sich auf ein Wiedersehen freuten. Es sollten diesmal tatsächlich ein paar mehr Teilnehmer sein – sehr schön!

Eine gute und intensive – ach ja, und heiße Woche, die da vor Christina lag. Ralf brachte sie am Montagvormittag nach Lunsar, wo sie wieder beim Ehepaar Oosterloo (Hans ist ein Missionar i.R. von EBM International) untergebracht sein würde. Das ist super nett, hilfreich und angenehm.

Der Unterricht sollte am Nachmittag nach der Mittagszeit losgehen. Wir stärkten uns bei Oosterloos, dann brachte Ralf Christina zum Seminar und machte sich auf die Rückfahrt, wo ein kleiner Junge sich voller Sehnsucht und Langeweile auf Papa freute … – naja, dem war nicht so!

Christina freute sich voller Tatendrang auf die erste Einheit. Als langsam die ersten Studierenden eintrudelten, fragte sie, ob sie denn schon Mittagessen hatten, sie also fertig sind. Denn so stand es auf dem Programm: Es geht mit dem Unterricht nach dem Mittagessen los.

Eine gute und wertvolle Zeit

Betretenes Schweigen, bis dann die verzagte Rückmeldung kam, dass sie nicht beim Mittagessen waren – es gibt keins für die Studenten. Aber viel beklemmender war die Aussage, dass kaum einer heute und manch einer die letzten Tage überhaupt etwas gegessen hatte. Zwei Pastoren hatten eine derart weite Fahrt, dass sie unterwegs übernachten mussten. Die Gemeinden konnten kaum das Fahrgeld aufbringen. Essensgeld? Keine Chance. So waren die Studenten gekommen ohne zu wissen, wie sie die nächsten beiden Wochen ohne Essen überstehen würden.

Wie reagiert man darauf angemessen? Hat man sich verhört? Nein, wir wissen leider, dass dies nicht der Fall ist – es ist tatsächlich genauso. Eher wird es manchmal noch aus Scham heruntergespielt.

Wie soll man ohne Nahrung arbeiten? (Leerer Bauch studiert nicht gern!) Also machte Christina gleich mal eine Pause, um zum Kiosk um die Ecke zu gehen und dort Kekse und Obst für alle zu kaufen.

Class of 2023

Dann entschieden wir, dass wir diesen Kurs die nächsten Tage versorgen würden. Die Sekretärin vom College bot an, jeden Tag eine Mahlzeit für alle zu kochen, wenn sie das Geld für die Lebensmittel erhält. So haben wir es gemacht und alle haben etwas zum Essen bekommen – mehrere Tage hintereinander – ungewöhnlich! Sie haben sich vom Mittagessen immer etwas aufgespart, um es am Abend aufzuwärmen. Niemand musste hungrig ins Bett gehen. Morgens brachte Christina Cracker oder Kekse mit. Ab mittags gab es dann das gekochte Essen.

Uns hat diese Not erschüttert. Wir kommen immer mehr damit in Berührung und es macht uns wütend. Wie kann es sein, dass es weltweit Nahrung im Überfluss gibt – teils weggeschmissen wird, und in anderen Teilen dieser Welt einfach nichts gibt – kaputte Welt! Eine aus den Fugen geratene Welt!

Jedes „Dorf“ hat eine Moschee – Lautsprecher sind wichtig

Ralf holte Christina nach einer Woche aus Lunsar ab, die Studenten hatten jedoch noch eine zweite Woche. Deshalb brachte er einen Sack Reis, Öl und Brühwürfel für die zweite Woche mit. Außerdem entschieden wir uns, die Studenten darüber hinaus noch etwas zu unterstützen. Es sind ja aus unserer Sicht nur kleine Gesten – aber wie wir schon bei der Osterspeisung erlebt haben, haben sie gewaltige Auswirkungen, die uns beschämen. Nach wie vor hören wir hier am T.E.C.T. im Gespräch, was für ein Segen und Geschenk dadurch in die Häuser und Familien gekommen ist – bis dahin, das sie nicht wußten, was sie über Ostern zum Essen haben werden …. und das von Familien von welchen wir es überhaupt nicht erwartet hätten.

Der Dank der Studenten in Lunsar war überschwänglich und anhaltend. Dank – Gebete – Segen – das bewegt uns tief. Der Dank gebührt Gott. Denn Er hat die Ressourcen gegeben. Wir waren nur zur rechten Zeit am rechten Ort.

Am Ende bleibt noch, auf die „heiße Woche“ einzugehen. Denn momentan ist das Wetter sehr anstrengend. In den letzten Monaten dachten wir, dass eine Steigerung kam mehr möglich wäre. Leider haben wir uns geirrt. Es ist seit Anfang April extrem schwül und heiß (also für uns) – durchgehend, denn es ist täglich zwischen 33-36 Grad und kühlt auch nachts nicht mehr unter 26 Grad ab. 26 Grad und 100% Luftfeuchtigkeit lässt uns ohne Strom (Ventilator) kaum Schlaf finden. Strom ist in diesem Monat Mangelware. Doch Jui liegt direkt am Meer, deshalb gibt es je nach Gezeiten einen Wind. Der kühlt nicht wirklich, wirkt eher wie ein Umluftofen. Doch im Moment ist auch dieser ein seltener Gast!

Dennoch ist Wind immer besser als kein Wind!

Gruppenbild mit Dame

Lunsar liegt ca. 130 km im Landesinneren. Dort fehlt der leichte Wind von der Küste und so ist es dort um gute 5 Grad heißer als in Jui – und genauso schwül. Wir leben zurzeit damit, bereits beim Aufstehen morgens klebrig, verschwitzt und nass zu sein. Das ändert sich den ganzen Tag über nicht. Die Dusche abends hilft, aber wenige Minuten später kehrt das klebrig-nasse Körpergefühl zurück. Wenn wir von Regen, Kälte und dem trüben Wetter in Deutschland hören, dann macht uns das schon ein bisschen neidisch – naja ein bisschen.

Doch wenn wir dann erstmal im verregneten Deutschland mit Wollmütze und Parka den Sommer verbracht haben, denken wir vielleicht ja doch anders ….

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