Einer der meistgehörten Sätze in unser gesamten Zeit lautet: „I wanna be your Friend!“ oder „You wanna be my Friend?!“
Als Ralf beim Einkaufen auf dem Markt war, fragte ihn die Verkäuferin genau diesen Satz – „möchtest Du mein Freund sein?“ bzw. „Ich möchte deine Freundin sein?“.
Als älterer Herr fühlt man sich bei dieser Frage einer jungen Frau doch sehr geschmeichelt und gleichzeitig irritiert … um was geht es hier eigentlich? Wenn uns das jemand in Deutschland oder Europa fragen würde, klingt das wie der Beginn einer romantischen Beziehung oder ähnlich. Also wie ist das hier gemeint?
Nach einer Vorlesung kam ein Student auf Christina mit der gleichen Frage zu, nur was soll man darauf antworten? Selbst als junge hübsche Frau ist man erstmal irritiert …..

Mit der Zeit kam es häufiger vor – ob beim Einkaufen – am Checkpoint – auf dem Campus Gelände. Wir bekamen den Eindruck, in dieser Kultur muss es sich um etwas anderes handeln …?!
So fragten wir dann mal bei unserem Krio Lehrer nach, was es mit dieser Frage auf sich hat – was damit gemeint ist und wie wir sie zu verstehen haben. Geht es darum, dass die Leute unsere Freunde sein wollen, um von uns finanziell unterstützt zu werden?
Der Krio Lehrer brachte Licht ins Dunkel. Es ist durchaus eine sehr übliche Frage und bedeutet, man möchte gerne wahrgenommen werden. Also eine Einladung, sich an die Person zu erinnern und sie, wenn man ihr begegnet, grüßt. Es geht also darum, sich zu kennen und freundlich zu sein.

Natürlich kommt dann immer noch die Frage nach der Handynummer und Erreichbarkeit auf – es geht ja um Beziehungen, die mir in bestimmten Situationen meines Lebens helfen können. Hier müssen wir Grenzen ziehen, sonst hält man sich täglich stundenlang mit belanglosen Nachrichten auf Whatsapp auf: „Guten Tag, wie geht es Dir? Danke gut, und Dir? Alles in Ordnung. Und wie geht es der Familie? Hier ist alles in Ordnung. Schön! Dann machs gut. Danke, Dir auch einen schönen Abend.“ Ob das die Schneiderin ist, diverse Studierende, ein Bekannter von einer Freizeit oder der Torwächter. Das schluckt Zeit und bleibt doch sehr an der Oberfläche. Hier scheint es jedoch wichtig zu sein, denn man bleibt in Kontakt.
Wir merken, hier sind Beziehungen überlebenswichtig. Offizielle Wege der Hilfe gibt es kaum. Man hilft denen, die man kennt. Denn man ist eine Gemeinschaft. Deshalb ist es von großem Wert wahrgenommen zu werden – persönlich gegrüßt oder sich an die Person und die letzte Begegnung zu erinnern, das bringt immer wieder ein strahlendes Gesicht hervor.

Es sind für uns oft Kleinigkeiten, deren Wirkung uns überraschen. Wenn wir uns an Personen erinnern – sie mit Namen begrüßen und uns ihnen zuwenden, dann gibt es ihnen Anerkennung und Wertgefühl. Sie werden wahrgenommen als Mensch – persönlich – das erleben sie in der harten Lebensschule eher selten.
Wenn wir Menschen etwas geben – ein Traktat, etwas zu Essen oder auch Geld – selbst wenn es „nur“ 2 Leones (10 Cent) oder Erdnüsse sind – dann strahlt uns Freude und Dankbarkeit entgegen – das überrascht – macht aber auch uns fröhlich und zaubert ein Lächeln auf unsere deutschen distanzierten Gesichter!
Und manchmal sind wir die Beschenken – plötzlich steht eine Studierende mit einer großen frischen Ananas vor der Türe. Eine Kollegin bringt Bananen mit und der Krio Lehrer überreicht uns strahlend Mangos. Diese Freundschaft und Bereitschaft, was sie haben mit uns zu teilen, macht uns sehr reich.

So lernen wir allmählich, was es heißt, ein Freund zu sein oder Freunde zu haben.