Ramadan 2023

Wir leben in einem muslimischen Land. Mehr als 77% der Bevölkerung in Sierra Leone sind Muslime und ca. 20 % Christen. In den größeren Städten, v.a. in den von der Kolonialzeit besetzten Gebieten ist dieses Verhältnis deutlich anders. Dort findet man einen wesentlich höheren Anteil von Christen und christlichen Kirchen. In den Provinzen ist dafür der Anteil der Muslime deutlich höher – bei eher 90%.

Das Miteinander der unterschiedlichen Religionen ist friedlich und zum größten Teil freundlich gestimmt. Man respektiert sich und es gibt viele Verbindungen im täglichen Leben. Das liegt auch daran, dass nicht wenige ehemalige Moslems zum Christentum konvertiert sind und nach wie vor Verbindungen zum alten Leben haben, auch wenn eine Konversion mitunter den Verlust der Familie bedeutet.

So hat ein Dozent genau das erlebt und mit uns geteilt. Er stammt aus einer muslimischen Familie – sein Vater war ein Imam. Er bekehrte sich als junger Mann zum Christentum. Fortan hatte er keine Familie mehr. Über viele Jahre war er ausgeschlossen. Erst viele Jahre später geschah eine Annäherung und Veränderung in den Beziehungen. Das ist keine Einzelgeschichte. Viele erleben das ähnlich. Andere haben zwar noch Beziehungen zur muslimischen Herkunftsfamilie, würden aber z.B. niemals ihre Kinder unbeaufsichtigt dort lassen. Man weiß einfach nie, was die muslimischen Großeltern mit ihnen machen.

Ein junger Student hat sich vor Kurzem zum Christentum bekehrt und den Entschluss gefasst, Pastor zu werden. So studiert er nun Theologie und ist in einem der Kurse von Christina. Vieles ist für ihn neu – unbekannt und nur schwer verständlich – aber man spürt das Eingreifen Gottes in seinem Leben und seinen ernsthaften Wunsch, diesem Gott zu dienen.

Für die rund 1,9 Milliarden Muslime hat am 22. März der Ramadan begonnen und wird nun überall auf der ganzen Welt begangen. Es ist ein Monat des Fastens und gehört zu einer der fünf Säulen des Islams (Glaubensbekenntnis – Gebet – Fasten – Opfergaben – Pilgerfahrt). Ramadan soll ein Monat der inneren Einkehr und Begegnung mit Gott – aber auch der Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern sein. Jeden Abend nach Sonnenuntergang wird das Fasten in der Moschee gebrochen, bevor es beim Sonnenaufgang wieder eingesetzt wird.

Außenbeschallung ist wichtig

Uns wurde gesagt, dass es ein Monat wird, an dem die Nacht zum Tag gemacht und von daher deutlich lauter sein soll.

Die Festival Season Ende November bis Anfang Januar war, was das Feiern und die Lautstärke anging, für uns kaum zu ertragen. So haben wir es schon mit der Angst zu tun bekommen im Blick auf Ramadan.

Noch ein Nachtrag zur Festival Season: Tatsächlich war ab Mitte Januar mit der höllischen Lautstärke und ständig nächtlichen Feiern Schluss. Der Entertainment Center hat kaum noch seine Toren geöffnet – die Kirchen und Glaubensgemeinschaften sind ebenfalls deutlich runter gefahren. Wir erleben auch keine Hochzeitsfeiern oder Promotouren mehr, die bis morgens um 5 Uhr ihre ohrenbetäubende Musik und Worte in die Nachbarschaft schallten.

Blüht trotz Trockenzeit, bietet nur leider keinen Schatten

Herrlich – ein „Wunder“ und Segen, denn die Nächte waren in den letzten Monaten doch tatsächlich überwiegend ruhig. Abgesehen von vereinzeltem Lärm und gelegentlich der Diskothek. Aber ein immenser Unterschied zur Festival Season – Danke!

Nun soll das anders werden, wurde uns prognostiziert – auweia! Und ja, es scheint, die Moscheen haben aufgerüstet. Neue Lautsprecheranlagen schallen nun noch weiter und sind lauter zu hören als zuvor. Die Taktfrequenz der Darbietungen hat zugenommen und zudem haben sie neben dem Singsang Rufen auch mit Predigen begonnen. Nach einer gesungenen Zeile auf Arabisch kommt die Erklärung auf Englisch. Um vier Uhr morgens liegt da unserer Meinung aber sicher kein Segen drauf. Auf der anderen Seite kann es auch nur sein, dass sie manches von den „Christen“ abgeschaut und kopiert haben. Denn auch diese lieben es, nach Außen gerichtet zu singen, zu beten und zu predigen …

Mit Ohropax kann man das gelegentlich ausblenden, um wenigstens am Wochenende etwas länger im Bett zu verweilen. Was aber aufgrund der schwül-warmen Luft nicht leicht oder eher schwierig ist. Aber nun ja, das Leben ist kein Ponyhof – so freuen wir uns über das, was man hat und auf das was kommt …..

Ein Spielgerät auf dem T.E.C.T. Gelände

Da wir uns ja auf Ostern zubewegen, wird die Taktfrequenz der Christen auch wieder höher – lauter und stimmungsreicher.

Wir sind gespannt, wie es werden wird, wenn der Ramadan zu Ende geht, weil das ein großer Akt sein soll. Ein Fest, das mit den Menschen der Umgebung geteilt und gefeiert werden will – wir sind gespannt, was das bedeutet bzw. wie sich das auswirkt.

Was uns erstaunt ist die Tatsache, dass im Fastenmonat ja tagsüber nichts gegessen und auch nichts getrunken werden darf. Dennoch wird stundenlang zum Teil harte körperliche Arbeit in sengender Sonne verrichtet. Auch in der Schule, berichtet Nathanael, nehmen die Muslime keinerlei Getränk zu sich. Auf dem Sportplatz finden trotzdem Fußballturniere statt. Gerade Schulen und auch Universitäten haben normalerweise im März ihre „Sporttage“ – ein bisschen wie die Bundesjugendspiele, aber mit einigen unterhaltsamen „Spielen – Wettkämpfen“ aufgelockert. Warum man Sport traditionell im heißesten Monat macht, in den dieses Jahr auch noch die Zeit des Ramadan fällt, kann uns bislang keiner erklären – das ist halt so! Wieso hinterfragen?

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