Mitte Dezember hat der Harmattan begonnen – ein kontinentales Windsystem in Nordafrika. Aber auch hier im Westen (Sierra Leone) schaut er vorbei. Der Harmattan kommt in der Trockenzeit und bringt neben warmer bis heißer Luft auch Wüstensand mit sich.

Es weht also immer ein Lüftchen – das ist ganz gut und gerade nachts kühlt sich dann die Temperatur des Tages doch deutlich ab. „Ihr werdet frieren“, war so eine Aussage der Einheimischen, die sich allerdings nicht bestätigt hat.

Erst Mitte Dezember haben wir diesen Temperatur Wechsel dann doch wahrgenommen. Auch wenn Anfang Januar die Temperaturen teils bis 35 Grand hochkletterten, kühlte es sich bis in die frühen Morgenstunden selbiges auf 20/23 Grad ab – begleitet mit einer kühlen Brise. In dieser Phase haben auch wir am Morgen das Bettlaken zum zudecken genutzt.
Ansonsten finden wir die Abkühlung jedoch sehr willkommen. Die Einheimischen sind dafür morgens mit dicken Jacken und Pudelmützen unterwegs.
Seit Mitte Januar nun hat sich das mit dem Abkühlen deutlich erledigt . Die Tageshitze heizt die Gebäude stark auf und es bleibt warm im Haus. Auch gehen nun nachts die Temperaturen kaum noch unter 25 Grad – und die Luftfeuchtigkeit ist deutlich über 90%. Das ist anstrengend und wenn kein Strom da ist, funktioniert auch keine Klimaanlage oder Ventilator – also lernen beim schwitzen zu schlafen. Wir hoffen das kommt noch ….

Kennst du die Geschichten, wo beim Campen einer am Abend auf seiner Luftmatratze einschläft um sich irgendwann am Morgen auf einem See wieder zu finden – also Wasser unter sich?!
Wir haben begonnen zum einschlafen den Ventilator oder die Klimaanlage zu nutzen – wenn denn Strom da ist. Nun hatten wir eine Nacht für mehrere Stunden die Klimaanlage laufen. Als wir am nächsten Morgen aufstanden hatte sich im ganzen Schlafzimmer ein See gebildet.
Die Klimaanlage hat zum einen den Zweck den Raum kühl zu halten und zum anderen nimmt sie die Luftfeuchtigkeit heraus. Diese Feuchtigkeit sollte dann über ein kleines Rohr nach Außen abgegeben werden. Wir haben festgestellt, daß das Rohr zu kurz ist. So kam das kondensierte Wasser durch die Fenster zurück in die Schlafzimmer. Da wir zum ersten Mal die Klimaanlage fünf Stunden laufen ließen, war die Folge eine Seenlandschaft. Es ist erstaunlich zu erkennen, wie viel Wasser durch die Luftfeuchtigkeit sich da ansammelt. Nun gilt es vor dem nächsten Einsatz der Klimaanlagen die Abflussrohre zu erweitern. Man lernt.
In der Harmattan-Zeit herrscht fast den ganzen Tag eine Brise – die tagsüber durchaus heiße Luft, und wenn es sich abkühlt, eher kühle Luft mit sich führt. Aber was die Winde noch mitbringen ist Staub oder Wüstensand. Wenn Ralf morgens Nathanael zur Schule fährt, hängen Staub und Dreck wie eine Dunstglocke über dem Land. Je höher wir nach Freetown reinkommen desto besser wird die Sicht. Kommt dann die Sonne mehr raus, wird alles klarer.
Zu Beginn unserer Zeit meinte der Rektor, das wir bis Weihnachten „schwarz“ sein werden – also uns angepasst haben – Kultur, Sprache und Hautfarbe. Nun ja, unsere Fußsohlen haben sich angepasst. Wir sind im Haus barfüßig unterwegs und durch die offenen Fenster lässt sich der Wüstenstaub ungebetener Weise überall nieder.

Die Festival Season oder, wie wir sie nennen, „Lärmzeit“ ist seit Ende Dezember vorüber. Sicher ist hier und da noch eine Hochzeit auf dem Gelände oder die Disco hämmert bis morgens – aber das ist nun fast die Ausnahme. Es ist deutlich erträglicher geworden. Kurzer Einschub – naja – gestern war wieder eine Hochzeit auf dem Campus – direkt vorm Haus und die Bässe hämmerten bis 3 Uhr morgens – dann war Schlaf möglich.
Seit Mitte Januar haben auf dem T.E.C.T. die Bewerbungsgespräche für neue Studierende begonnen. Es ist ermutigend zu erleben, dass sich etliche für ein Studium am T.E.C.T. interessieren. Es sind bis zu hundert Aufnahmegespräche, und auch wenn am Ende deutlich weniger ein Studium am T.E.C.T. beginnen werden, so ist diese Entwicklung erfreulich und mit Dank zu sehen.
Die Kriterien zur Aufnahme sind zum Ersten der positive staatliche Zulassungsbescheid. Dann aber auch die Frage, ob dieser Student das Studium schaffen wird und er auch die finanziellen Mittel dazu aufbringen kann. Denn zu 80 Prozent lebt das T.E.C.T. von den Studiengebühren.
Christina hat nun ihren neuen Vorlesungsplan erhalten und bereitet sich zum Semesterbeginn Mitte Februar auf die drei von ihr zu haltenden Vorlesungen vor: Die Evangelien des Neuen Testaments, Hebräerbrief mit katholischen Briefen und als letzte Vorlesung der Pentateuch (fünf Bücher Mose).

Das sind an sich schon einzeln betrachtet riesige Themenfelder. Wie man das in ein Semester (bis Ende Mai) packt, bleibt ein Meisterstück an Arbeit. Dabei ist der Wissensstand der Studierenden sehr unterschiedlich. Haben sie schon eine Einführung ins Neue Testament erhalten (historische Situation, politische Lage, soziale Umwelt des NT)? Kann man darauf aufbauen oder doch nicht?
Mittlerweile hat Christina alle Facharbeiten und Examen des letzten Semesters korrigiert, benotet und abgegeben. Das war eine Menge Arbeit, vor allem da sie alles zum ersten Mal macht. Und zum anderen, weil „Abgabetermine“ sehr flexibel gewertet werden können. Doch es macht ihr Freude und erfüllt sie mit Dank, fast alle ihre Schäfchen im Trockenen zu wissen. Es ist ein einziger Student durchgefallen. Das lag daran, dass er zu faul war, eine Hausarbeit abzugeben. Die mehrfache Verlängerung des Abgabetermines und das mehrmalige nachfragen und erinnern, haben dabei nichts geholfen.

Für Nathanael hat die Schule wieder begonnen. Nach der langen Pause mit unserem Gast aus Deutschland sehnte er die Schulzeit nicht wirklich herbei. Nach drei Tagen wollte er gern eine Pause machen, weil es ihm zu anstrengend wurde. Es war nicht einfach, ihn zu überzeugen, die gesamte Woche durchzuziehen. Aber nun gut, der Anfang ist gemacht und mittlerweile ist auch wieder Routine eingezogen.
Es ist für ihn hart und schwierig, dass oftmals der Strom für Stunden oder auch Tage nicht da ist. Denn für ihn ist der Lichtblick des Tages, nach Hause zu kommen, Zeit am Computer zu verbringen und mit Freunden zu zocken oder auszutauschen. Das aber geht ohne Strom nicht. Manches können wir mit dem Generator abdecken, aber das ist nur eine sporadische, keine dauerhafte Lösung. Wenn längere Zeit der Strom ausfällt, sind gewisse Zeiten mit dem Generator notwendig, um das Eisfach und den Kühlschrank zu kühlen und auch alle elektronische Sachen aufzuladen. Es würde jedoch zu viel Sprit verbrauchen, ihn nonstop tagelang laufen zu lassen.

Wenn jedoch auf Dauer der öffentliche Strom ausfällt, bleibt eben immer nur der Generator und das bedeutet, mehr Lärm und zudem teurer. Somit können wir diesen auch nachts nicht laufen lassen, z.B. für Ventilator oder Klimaanlage. Und wie vorhergesagt, fällt nun der Strom immer öfter und auch länger aus. Das wird dann besonders für die verheißenen heißen Tage und Nächte der Monate Februar bis April spannend. Dennoch sind wir sehr dankbar für die Möglichkeit des Generators – der hilft ungemein!!
Was man hier ja viel hat, ist definitiv Sonne! So kommt man schon Mal auf die Idee und Frage, ob nicht vielleicht Solarenergie eine ratsame Investition wäre? Aber das ist Zukunftsmusik!
Ralf hat in den letzten Monaten eine sehr intensive Beziehung zu dem uns zur Verfügung gestellten Auto aufgebaut – man hat sich kennen gelernt! Es wurden die Bremsscheiben – Stoßdämpfer – Kupplung – Turbolader – Klimaanlage – Batterien – Reifen – Gelenkwellen – Dichtungen etc. erneuert oder repariert. Dies geschah meist auf irgendwelchen Schrottplätzen oder Hinterhöfen von sehr unterschiedlich qualifizierten „Fachleuten“. Es hat alles immer funktioniert und waren meist sehr interessante Begegnungen und Erfahrungen. Dennoch war das Fahrzeug keine verlässliche Größe, wenn es darum ging Termine zu gewährleisten. Wir konnten Nathanael nicht verlässlich zur Schule bringen oder vereinbarte Termine wahrnehmen – weil spontan wieder ein Defekt kam, der behoben werden musste.

So hat EBM International finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, damit die BCSL ein „neueres“ Fahrzeug für uns besorgt und wir verlässlicher durchs Land cruisen können. Deshalb hat sich also der Präsident dran gemacht, für uns ein geeignetes Fahrzeug zu kaufen. Das war „Chefsache“! Mitte Januar war es schließlich soweit und das Fahrzeug wurde uns offiziell übergeben.

Ein schönes Fahrzeug, was sich wirklich gut fahren lässt und jede Menge elektronischen Schnickschnack drin hat. Man verzeih, für Ralf ist ein Auto ein Transportmittel, um von A nach B zu kommen. Aber ja, auch er findet das Auto sehr angenehm und freut sich sehr darüber – allerdings hat es für seinen Geschmack zu viel Technik. Es fährt sich deutlich besser – selbst die huckelige Kamelroute (Jui Haupt“strasse“) haut nicht mehr ganz so stark auf den Rücken ein. Pech für Christina die mit SUV´s eher ein gespaltenes Verhältnis hat „so ein Wagen kommt mir nicht in die Garage!“ – nun ja da steht er nun und ist wahrhaftig ein imposantes Geschoß!

Nicht fehlen durften die großen Aufkleber rechts und links am Auto „Baptist Convention Sierra Leone“ – das war auch schon beim alten Auto dran. Neu ist nun darunter hinzugekommen „EBMI Mssionary“ … damit nun auch der letzte WEIß – hier sitzen Ausländer drin, die zudem noch eine soziale Ader haben sollten.
Nun ja, das gibt uns an diversen Checkpoints viele Gelegenheiten, um über Baptisten, Mission, Glauben zu reden und Traktate zu verteilen. Letzteres haben wir in Deutschland nie oder äußerst selten gemacht (also Traktate verteilt), aber hier freut sich jeder über ein persönliches Geschenk – auch über ein Traktat.
Als Christina an einem Checkpoint dem Polizisten „Ein Brief für Dich“ überreicht hat, war der nicht nur erfreut, sondern sichtlich gerührt. Persönliche Geschenke haben hier eine völlig andere Bedeutung – weil hier selbst an Geburtstagen selten oder gar nichts geschenkt wird.

Als wir dem Studenten, der uns Krio unterrichtet, an seinem Geburtstag abends eine Tüte Haribo geschenkt haben (Happy Birthday!), war es das einzige Geschenk, das er an diesem Tag zu seinem Geburtstag erhalten hat!