Nachdem wir nun erfolgreich für Nathanael eine dickere Matratze fürs Bett gekauft hatten, wollten wir die Gelegenheit nutzen, auch für uns eine neue Matratze zu besorgen.

Noch haben wir ein Auto mit Dachgepäckträger und somit können wir den Transport gewährleisten – wie lange das noch so ist, ist ungewiss – deshalb „carpe diem“.

Wir hatten vor, uns mit der deutschen Missionarin Steffi Kuhn in Freetown zu treffen und direkt im Anschluss die Matratze zu kaufen, in der Hoffnung, der uns beim letzten Einkauf genannte Preis ist noch derselbe.
Bevor wir uns auf den Weg machten, nahmen wir noch einmal die Maße der Matratze, um gut vorbereitet zu sein. Im Moment finden wieder vermehrt Polizeikontrollen statt und auch wir gerieten auf dem Hinweg in eine solche.

In der Regel überwiegend an Checkpoints – also wo ohnehin Kontrollstationen sind. Jeder Stadtteil hat an den Eingängen seine Kontrollstellen, die meistens von Polizei in Unterstützung mit Militäreinheiten gesichert werden. Durch ihre Präsenz sollen sie die Sicherheit in den Stadtgebieten gewährleisten – aber wenn einem langweilig ist oder das Geld ausgeht, wird man schon mal findig.
Meistens werden Transporte – also Taxis oder Lkws angehalten, um zu checken, ob sie die notwendigen Papiere – Lizenzen etc. vorweisen können. Oder andere wichtige Dinge. Sicherheit ist wichtig, doch im Grunde geht es meist darum, eine „Appreciation“ zu erhalten – ein zusätzliches Taschengeld.

Es ist eben ein Land, das von oben bis unten nach dieser Art aufgebaut ist – Korruption ist Alltag. Von daher ist eine grundsätzliche Veränderung nur schwer oder kaum vorstellbar.
Zusätzlich finden weitere Verkehrskontrollen statt. Mit einem größeren Aufgebot stehen dann Verkehrspolizisten an den Checkpoints, um Kontrollen durchzuführen – nach welchem System, ist nicht immer zu erkennen. Auf jeden Fall sind diese dann von Stau und Chaos begleitet. Wenn sich also ein Stau auftut, kann zu 60% davon ausgegangen werden, dass weiter vorne eine Polizeikontrolle stattfindet. Die anderen 40 % haben mit einem Unfall oder einem liegengebliebenen Fahrzeug zu tun.

Die Kontrollen laufen meist wie folgt ab: Man schiebt sich mit dem stockenden Verkehr langsam voran und kommt den Verkehrspolizisten – die mitten auf der Straße stehen – stetig näher. Die wedeln mit den Armen, deuten in deine Richtung und wenn man dann direkt vor ihnen ist, weiß man, ob der vor einem, man selbst oder der dahinter das große Los gezogen hat.
Am häufigsten werden solche Kontrollen gegen Anfang oder Ende des Monats durchgeführt. Am Anfang haben die einen noch Geld und am Ende benötigen die anderen Geld.
Wenn wir in eine Kontrolle geraten – was häufig vorkommt – ist es oft so, dass wir unsere getönten Scheiben runterlassen und es nicht selten vorkommt, dass der/die PolizistIn erstmal vor Schreck einen Schritt zurück macht, weil da plötzlich weiße Menschen vor ihm/ihr auftauchen. Nach einer kurzen Schrecksekunde wünscht dieser dann einen guten Tag und weiter geht’s.

Andere lesen die Aufschrift auf dem Fahrzeug „Baptist Convention“ und fragen, ob wir Missionare sind, wollen etwas über Baptisten wissen, einen Scherz machen und „good friend“ sein – weiter geht’s.
Wieder andere wollen den Führerschein sehen und ob alle vorgeschriebenen Sachen – Feuerlöscher – Warndreieck etc. vorhanden sind. Wenn sie dann nichts gefunden haben für eine „Appreciation“ – geht’s dann weiter.
Als wir das erste Mal mit Nathanaels Matratze auf dem Autogepäckträger gut befestigt zum TECT gefahren sind, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir angehalten werden – ui super, ein Transport ….
So war es dann auch, dass kaum 500 Meter weiter an einer Tankstelle vor einem Kreisverkehr wie so oft die Verkehrspolizei stand und uns herauswinkte. Auf diese Art darf die Matratze nicht transportiert werden – ist gegen das Gesetz – nicht erlaubt. Wir berichteten davon.

Was ausblieb waren weitere Kontrollen, obwohl wir an vier weiteren Checkpoints vorbeikamen. Soweit unsere bisherige Erfahrung. Nun zu Matratze Nummer 2.
Nach dem netten Treffen mit der deutschen Missionarin (es ist immer schön sich auf Deutsch auszutauschen) haben wir erfolgreich eine California Kingsize Matratze gekauft, diese wieder gut auf dem Dachgepäckträger befestigt und machten uns auf den Rückweg zum TECT.
Und tatsächlich – same procedure as last time – wieder 500 Meter weiter an der Tankstelle beim Kreisel lud uns ein Verkehrspolizist zum Tête-à-Tête ein – echt jetzt??
Ja wirklich – Ralf war schon etwas angenervt – weil es heute bereits das zweite Mal war – wieder völlig sinnentleert und missbräuchlich. Aber gut, immer recht freundlich. Ihren Führerschein bitte! Na klar – haben wir den – stunden und tagelang angestanden!! Doch während Ralf nach seinem Rucksack mit Geldbeutel und Führerschein greifen wollte – war da nur Leere, der Rucksack war nicht da???!
Nach einem kurzen Schreckmoment stellten wir fest, dass der noch im Matratzenladen liegen muss. Um dem Verkäufer beim Schleppen der Matratze zu helfen, hatte Ralf ihn dort abgelegt und Christina gebeten, den Rucksack zu übernehmen – was sie aber gar nicht mitbekommen hatte.
Jetzt ging die wilde Diskussion erst richtig los – das Nichtmitführen eines gültigen Führerscheins ist eine Ordnungswidrigkeit und wird geahndet. Mitnahme zur nächsten Wache und dort wird ein Verfahren eröffnet mit dem Ergebnis eine Strafe zu zahlen.
Oder …. wir sparen uns den ganzen unnötigen und zeitaufwendigen Bürokratismus und zahlen eine geringere Appreciation an Ort und Stelle.

Nein, das machen wir nicht! Wir haben den Führerschein und der liegt nur ein paar Meter hinter uns! Während Ralf sich weiter mit dem Polizisten über dies und das unterhielt, machte Christina sich zu Fuß auf den Weg zurück zum Laden – es war dann doch ein guter Kilometer.
Ralf hatte die Freude, sich weiter mit dem Polizisten auseinander zu setzen. Wir können gerne zur nächsten Wache fahren und dort alles schriftlich festhalten und dann bezahlen, oder er stellt mir hier vor Ort einen Beleg über den zu zahlenden Betrag aus. Das waren Ralfs Bedingungen. Doch das macht keiner – denn das wäre ein Beweis für einen möglichen Amtsmissbrauch. Nun gut, es geht hin und her und schließlich verlor der Polizist die Lust – meinte wir sind ja alle Brüder in Christo und begab sich zu einer anderen Stelle.
Etwas später kam Christina samt Rucksack und kompletten Inhalt zurück und hatte zum zweiten Mal an diesem Tag ihre Walkingeinheit hinter sich gebracht. Ralf zeigte dem Polizisten aus der Ferne den Führerschein und wir wurden zum Weiterfahren entlassen.
Im Nachhinein haben wir dann dafür gedankt, weil durch die Kontrolle der Verlust des Rucksacks überhaupt erst aufgefallen ist. Andernfalls hätten wir das Fehlen erst weiter weg oder eine Stunde später in Jui gemerkt – Danke Gott! Und gerne würden wir nun doch dem Polizisten eine Appreciation geben. Vielleicht laufen wir ihm ja bei einem anderen Mal noch über den Weg.
Weiter gings. Doch dieses Mal wurden wir noch mal rausgewunken – beim Checkpoint Grafton. Die Dame hörte von hinten ein Codewort mit einer Nummer, wollte den Führerschein sehen, den wir ja nun wunderbarerweise hatten und so hielt Ralf ihr diesen hin, damit sie ihn in Augenschein nehmen konnte. Eine goldene Regel in diesem Land lautet: Gib nichts aus der Hand was dir gehört und du wiederhaben willst (umsonst und ohne Komplikationen), auch der Polizei nicht. Diese dürfen die Unterlagen sehen, aber nicht einfach so an sich nehmen.
So verweigerte Ralf ihr den Zugriff und sie drehte sich daraufhin lachend zu ihrer Supervisorin um und teilte ihr das anerkennend mit! Diese schaute kurz rein – sagte happy New Year und der Drop war gelutscht – wir durften weiter fahren.

Am TECT angekommen, lief uns der Zimmermann über den Weg – der gerade dabei ist, mit seinem Team das Nachbarhaus komplett zu sanieren, und half, die Matratze ins Haus zu bringen.
Voller Vorfreude nahmen wir die alte Matratze vom und die neue aufs Bett, um frustriert festzustellen, dass die neue um gute 10 cm länger als die alte ist und somit das Bettgestell nicht passt. Bei Nathanael sind es nur 5 cm und da macht das nicht ganz so viel aus, hier schon.
Dabei hatten wir extra nachgefragt und immer die Aussage erhalten, dass es sich um genormte Größen handelt – was die Frage aufwirft, um welche Norm es sich handelt – die chinesische, amerikanische oder ….?
Naja, eines haben wir von Anfang an gelernt: Erstens es kommt immer anders und zweitens als man denkt! Aber wozu ist denn gleich um die Ecke „unser“ Zimmermann? Wir holten ihn nochmal zurück und fragten, ob es möglich wäre, die Bettgestelle zu erweitern? Klar geht das!
Die Betten hier werden aus verschiedenen Teilen zusammengesteckt. Deshalb ist es relativ einfach, die Längsstücke abzumachen und durch längere Teile zu ersetzen.
Bis Dienstag sollte das erledigt sein – schaun wir mal. Also wieder retour von der neuen auf die alte Matratze wechseln und noch ein paar Nächte den Duft der vielen anderen Vorschläfer aufnehmen. Was wir vergaßen zu fragen war, welchen Dienstag er meinte – den Donnerstag Dienstag oder den Mittwoch oder in welcher Woche … Spaß, innerhalb einer Woche waren die Betten fertig!

Wir sind dankbar für zwei neue Matratzen, die wir selbst gefunden und befördert haben (Stolz!) und dankbar, dass in allen Widrigkeiten sich immer wieder ein Weg auftut und geschenkt wird. Tenki Papa God!