Als wir angekommen sind, haben wir sehr vieles vorgefunden, was für uns geplant, vorbereitet und angeschafft wurde. Wir waren noch nie in Sierra Leone und hatten keine Ahnung, wie das sein wird, hier zu leben und Leben zu gestalten. Wir konnten nichts vorbereiten, lediglich ein paar Dinge erwähnen, die wir benötigen. Schreibtisch – Klimaanlagen in den Schlafzimmern und ein paar andere Sachen.

Wir hatten keine Ahnung, wie die Menschen hier leben – was normal ist und was nicht. Wir mussten uns auf die Leute vor Ort verlassen und so war es schön, in etwas Vorbereitetes zu kommen. Wir merkten darin sehr viel Liebe, Freundlichkeit und ja auch Dankbarkeit uns gegenüber.
Im Laufe der Wochen merkten wir, was die Herausforderungen sein könnten. Wir nahmen Themen war, die noch kommen würden und stellten auch die Grenzen dessen fest, was für uns gemacht und gedacht wurde.
So ist es fast immer so, dass etwas FÜR uns gemacht wird. Das heißt, wir werden nicht nach unseren Überlegungen und Vorstellungen gefragt, sondern es wird für uns gemacht – manches ist gut, anderes eher suboptimal – jeder betrachtet das Leben eben aus seiner Brille.
Wozu benötigen wir einen 50 Kg Sack Reis – das reicht schlichtweg für 4 Jahre (für uns)! Oder einen ganzen Korb voll Zwiebeln und einen weiteren voll von Kartoffeln – oder ca. 70 Liter Speiseöl – wir sind drei Personen und essen abwechslungsreich. So mussten wir erfinderisch sein, wie wir damit umgehen und was wir damit machen, zumindest bevor die Zwiebeln faulen oder der Reis Beine bekommt – von kleinen Tierchen befallen wird.
Über die technischen Dinge haben wir ja schon berichtet – eine große Gefriertruhe ist toll – aber rentiert sich (Strom) absolut nicht! Ohne Trockner könnten wir uns good old Germany nicht vorstellen, hier ist er jedoch unnötig und ineffektiv.
Die Klimaanlagen nutzen wir nur abends, um es ein wenig runterzukühlen und zu entfeuchten – stellen aber immer wieder fest, dass sich genau dann partout der Strom abschaltet – vielleicht ein Zusammenhang ….

Wir stellten relativ schnell fest, dass die Wohnzimmersitzgarnitur gewaltig und imposant aussieht – also etwas hermacht. Viele Menschen hier haben solche Sitzmöbel nicht. Doch zum Sitzen und Entspannen sind sie völlig ungeeignet, zumindest für unsere deutschen Hinterteile. Alles aus Holz und darüber ein bisschen Schaumstoff. Zwar frisch bezogen, lädt es trotzdem nicht zum Verweilen ein – vielleicht ein Grund, warum Gäste nicht so lange bleiben …

Wie wahrscheinlich überall gibt es auch oder gerade im Ausland zahlreiche virale Communities, die sich über einen Netzanbieter verbunden haben und sich austauschen – so wie z.B. „Du kommst aus Sankt Augustin“ oder „Siegburg Friends“. In Sierra Leone haben sich Internationale zu einer WhatsApp Gruppe „SLIBS“ (Sierra Leone International Bible Study) zusammengeschlossen und tauschen sich hier über alles Mögliche aus: Wo gibt es heute Benzin? Welcher Wechselkurs ist aktuell und wo findet man was oder trifft sich zu Gemeinschaft und Gottesdiensten.
Hier hat Christina im September erfahren, dass eine schwedische Familie bald Sierra Leone verlassen wird. Die Frau arbeitet bei der WHO und die wollen sie nun befördern und in der Schweiz haben. So fragte Christina einfach mal nach, ob sie zufälligerweise Polstermöbel hier lassen und verkaufen möchten?

Dem ist so. So waren wir im Oktober zu Besuch bei der Familie, saßen Probe und wollten die Couches haben. Diese hatte die Familie extra für ihre Zeit (zwei Jahre) aus Schweden gekauft und mitgebracht – ja wir können diese haben! In Anbetracht dessen, worauf wir saßen, brauchten wir nicht lange zu entscheiden – JA Ich will!
Am 12. Dezember sollten wir die Couches abholen und mittlerweile noch einen alten Gamingstuhl für Nathanael (immer noch um Welten besser als ein Holzstuhl) und eine Tischlampe.
Nun mussten wir eine Transportfirma finden, die verlässlich ist. Eine, die mit ihrem Fahrzeug auch die sehr steile Abfahrt zum Haus (45 – 50%) – mit Ladung – meistert. Bei der Auswahl an gängigen Fahrzeugen, die wir hier sehen, ist das nicht so einfach.

Eine Freundin kannte einen, der diesen Transport übernehmen könnte. Aber bitte darauf hinweisen – zwei Couches und ein wirklich steiler unebener Anstieg!
So kamen wir überein, dass sie den Bekannten wöchentlich daran erinnerte, damit der am Ende dann auch wirklich kommt. Was tatsächlich nötig wurde.

Am Tag des Transports wollten wir uns auf halber Strecke um 10 Uhr treffen, früher kommt er nicht. Nun mussten wir die schwedische Familie etwas nach hinten vertrösten – aber was solls, wir sind hier in Afrika – Zeit ist relativ!
So warteten wir dann punkt – nein etwas vor 10 Uhr am vereinbarten Treffpunkt und warteten. Viertel nach 10 Uhr riefen wir den Transportunternehmer an – ja er kommt – Gott sei Dank – in 10 Minuten (afrikanischen) ist er da. Gegen 10.45 Uhr war er dann da – ein kleiner, alter LKW mit offener Ladefläche … hm, ob der überhaupt den Berg nach Freetown hinauf macht? Die weißen Sofas offen transportieren – spannend?!
Wir kamen gut nach Freetown – doch vor dem letzten Stück, der steilen Abfahrt zum Haus runter, hielt er dann doch an und wollte erstmal zu Fuß prüfen, ob das überhaupt zu machen ist. Er entschied sich, es zu versuchen. Auf dem Weg runter, würgte der Wagen mindestens viermal ab – aber die Bremsen waren gut und sie kamen an.

Die Sofas – samt Kissen – Stuhl und Lampe wurden aufgeladen – wobei wir die Kissen in unser Fahrzeug nahmen … Wir hatten vorsorglich einen Transportgurt beschafft und so konnte die Ladung damit auch noch gesichert werden. Andernfalls sahen wir sie vor dem inneren Auge schon den Berg hinab in die andere Richtung verschwinden.
Auf dem Rückweg fuhren sie dann wie zuvor hinter uns her. An einer Kreuzung, wo wie immer die Checkpoints sind, stand wiedermal ein Verkehrspolizist, um Autos rauszuwinken und anzuhalten. Da er es direkt vor Ralf tat, dachten wir, er meint uns. Doch im langsam Anhalten machte er deutlich: er meint nicht uns, sondern das Fahrzeug dahinter, unseren Transporter! So wollte Ralf langsam vorbei fahren, dann rechts ran um zu warten bis alles geklärt und erledigt ist.

Kontrollen gerade von Taxis und Transportfahrzeugen ist ständiges Geschehen, immer wenn die Kasse klemmt und das Geld zur Neige geht, dann vermehrt.
Doch oha, der Transporter fährt einfach weiter, ohne anzuhalten und ignoriert den Polizisten. Auch das hat Ralf schon des Öfteren gesehen. Fahrer fahren einfach weiter und ignorieren oder rufen im Vorbeifahren irgendwas zurück.

So fuhren wir weiter – doch diesmal ist der Fahrer an den falschen Polizisten geraten. Der hatte sich schnell ein Taxibike gerufen und auf und hinter dem Fahrer unseres Transporters her. Als er diesen eingeholt hatte, sollte der rechts ran fahren und diesmal tat er es auch.
Nach einigem hin und her, der Fahrer wollte schon das Taxi des Polizisten bezahlen und dies und das, sich rausreden, war alles dem Polizisten nicht genug. Nun sollte der Fahrer ihm zur nächsten Wache folgen – was 200 Meter weiter war. Zur Sicherheit kassierte der Polizist den Führerschein des Fahrers ein, damit er nicht einfach davonfuhr. Dort angekommen gingen Fahrer und Polizist in Richtung Wache. Als Ralf sich dazu gesellen wollte, forderte der Polizist ihn auf, sich von den beiden zu entfernen. Der Polizist wolle dem Fahrer persönlich noch eine kurze Belehrung geben – na was das wohl bedeutet …

Nachdem der Fahrer die Belehrung – eine kleine finanzielle Dankbarkeit – hinter sich gebracht hatte, ging es dann auf zum T.E.C.T. in Jui. Wir waren dankbar, dass alles prima geklappt hat, die Möbel unversehrt hier gelandet sind und das Wohnzimmer nun richtig gut aussieht. Es ist extrem bequem. Ob nun unsere Gäste gar nicht mehr gehen wollen, bleibt abzuwarten.
Als die schwedische Familie alle ihre Dinge in der Gruppe anbot, die sie nicht mitnehmen, sondern verkaufen wollten, war darunter eben auch ein Piano – ein neuwertiges elektronisches Klavier (hochwertig!). Da Christina in Deutschland ein eigenes Klavier hatte, gerne spielt und hier zum Üben der Hymnen immer in die Kapelle muss – für die es nur einen einzigen Schlüssel gibt und die zuständige Person nicht immer einfach zu erreichen ist – entschieden wir kurzfristig, das wird das Weihnachtsgeschenk für Christina (für die nächsten Jahre!!) und kauften das elektronische Klavier.

Da die Familie das gute Stück gern noch bis zuletzt nutzen wollte, erboten sie sich, das Piano dann selber in ihrem Geländewagen zu uns zu bringen. Wir waren happy – weil wir es mit der Transportfirma nicht offen und ungesichert transportieren wollten. Wenn, dann in unserem Fahrzeug, aber da blieb die Frage offen, ob wir es hinein bekämen. So war es nun noch besser.
Der erste Termin wurde abgesagt und so warteten wir am nächsten Tag – bzw. Ralf, da Christina in Lunsar ist. Abgemacht war ab 16 Uhr, wenn Ralf mit Nathanael von der Schule zurück ist.
Gut, wir waren da und warteten – gegen 18 Uhr wurde uns dann mitgeteilt, dass die Familie noch ein Meeting hat und danach würden sie vorbeikommen – bitte??

Normalerweise machen sich die Döhrings hier spätestens gegen 20 Uhr bettfertig – duschen und ab unters Moskitonetz – nicht diesmal. Gegen 21.45 Uhr waren sie schließlich da – pünktlich zum Stromausfall und so war es ein kurzes, dunkles nächtliches Intermezzo. Doch nun ist es da, das gute Stück, und wartet darauf gespielt zu werden.
Jetzt fehlen uns nur noch zwei bequeme Sessel – eine richtige Matratze für Nathanael und ein weiterer Ventilator. Das sind die nächsten Dinge, die in Angriff genommen werden wollen.
Neben dem Üblichen – Auto oder Haus reparieren. Beim Putzen der Decke hat sich ein Teilstück direkt über dem Bett gelöst – interessante Konstruktion – und muss nun repariert werden. Neben den Autowerkstätten sind wir des Zimmermanns beste Kunden …
