Klimaanlage

Schon Ende letzten Jahres hat sich angedeutet, dass unser Auto in die Werkstatt will. Die Klimaanlage hatte so ihre Sperenzchen. Über die Zeit haben Ralf aber vor allem Amadu – unser „Dschungeldoc“ – viele Versuche unternommen haben, diese zu fixen. Das ging dann in der Regel für 2 – 4 Wochen gut, bevor die Klimaanlage wieder streikte. So suchte Ralf im Mai die bewährte Werkstatt in Freetown auf.

Die können Fehler finden und beseitigen, ist allerdings dann auch etwas teurer. Der Meister Machmut hörte sich das Problem an und meinte, er muss den Wagen mindestens über Nacht da behalten, um das Problem zu lokalisieren und bestimmen zu können.

Wir sind auf das Auto angewiesen. Unter der Woche fährt Ralf Nathanael zur Schule. In Sierra Leone kann man kein Auto ausleihen – nur mit Fahrer. Keine Autowerkstatt bietet einen vergleichbaren Service an. Ohne Auto ist für uns logistisch und finanziell ein echtes Thema.

Wenn die Menschen hier ein Auto haben, dann nur eines und das wird dann auch gebraucht. Verleihen ist eh so ne Sache – was passiert, wenn etwas passiert? Bei den chaotischen Verhältnissen ist schnell ein Kratzer, Beule oder mehr zu gewinnen und dann?

Weil es eben so kompliziert ist, wollte Ralf das Risiko nicht eingehen und dann eben alle 2-4 Wochen Dschungeldoc ranlassen.

Bei dem hiesigen Klima und hiesigen Temperaturen ist das sehr anstrengend. Beim Fahren ist der Fahrtwind nett – beim Stehen – Parken und Warten (was Ralf sehr oft machen muss) – ist da kein Lüftchen. Man kann Spiegeleier auf der Motorhaube braten und selbiges geht beim Warten und Parken im Innenraum auch!

Die Kofferraumtür ging nicht mehr auf – ein mechanisches Problem – kein Problem für Amadu und seine Freunde! Er schickt seit geraumer Zeit immer wieder Filmchen, damit wir sehen können, was das Problem ist und wie es behoben wird …. und wie die Kosten entstehen.

Als wir unser viertes und letztes Jahr starteten, wurde das Problem schnell wieder spürbar. Erneut versuchten wir des Problems in bewährter Form Herr zu werden – „Dschungeldoc with friends“. Allerdings mit immer dem gleichen Erfolg: Die Abstände zwischen den Ausfällen wurden zusehends kürzer – bis Mitte November die Klimaanlage gar nicht mehr funktionierte.

Dieser Schlauch war ein Problem, aber nicht DAS Problem

So machte sich Ralf am Dienstag auf den Weg, setzte Nathanael bei der Schule ab und fuhr zur Werkstatt, um dort das weitere Vorgehen zu besprechen. Wie viele Tage wird das Auto benötigt? Was für Möglichkeiten gibt es? Was wird es kosten? Welcher Zeitraum ist dafür möglich und wie überbrücken wir den Alltag?

Kann Nathanael dann nicht zur Schule – würden öffentliche Verkehrsmittel eine Alternative sein – würden wir jemanden finden der uns fährt, oder sein Auto ausleiht? In einem Land wie diesem spannend!

So stand Ralf kurz nach 8 Uhr vor der Werkstatt und wartete bis um 9 Uhr auf den Meister. Machmut und Ralf sind nun alte „Freunde“ – aus Liebe zum Auto hat Ralf hier schon manches an Zeit und Geld gelassen.

Machmud meinte, wenn es die Klimaanlage ist, dann wird das sein Bruder machen. So fuhr er den Wagen zur Werkstatt seines Bruders und nach guten zwei Stunden kam er wieder. Sie müssen die Klimaanlage ausbauen und schauen, wo genau der Fehler ist, um diesen zu beseitigen. Das ist ne Menge Arbeit und Aufwand. Der Wagen muss bis Donnerstag bei ihnen bleiben …..

Ralf wollte ja erstmal eine Aussage, um einen Plan zu machen, wann die Operation Auto stattfinden könnte. Nun aber ging es um Jetzt und Gleich – auweia, was tun?

Das geht nicht, Ralf muss am Nachmittag Nathanael von der Schule abholen und hat noch nichts Entsprechendes organisiert oder geklärt.

„Bitte bringt den Wagen zurück und ich kläre, wann ich den Wagen wieder zu Euch bringe!“

Während der Wagen sich auf den Weg zurück zu Ralf machte, fing er an zu Whatsappen und Telefonieren.

Machmut mit KFZ-Helfer

Schließlich war ein befreundetes amerikanisches Ehepaar bereit, uns ihren Wagen zur Verfügung zu stellen. Sie sind seit einem knappen Jahr in Sierra Leone, arbeiten mit der Organisation „Frontiers“, leben in Jui und sind in unserem Gebetskreis. Sie hatten ihren Wagen gerade vor vier Wochen erhalten – wow, das ist eine Gebetserhörung!

Ralf informierte Machmut, der seinen Bruder, und so blieb der Wagen bei diesem in der Werkstatt. Was wird es denn kosten, wollte Ralf vorsichtig wissen?! Die Stichworte „viel Arbeit“ – „viel Zeit“ sind Warnleuchten, wenn es um Kosten geht.

So ist es ist immer wichtig, im Vorfeld die Kostenfrage zu stellen – ansonsten ist das hier wie ein Freibrief der Möglichkeiten. „Das ist viel, viel Arbeit“ – ja, und was heißt das? „Also richtig viel Arbeit, die müssen von vorne und innen die Klimaanlage ausbauen – viel, viel und schwere Arbeit!“ Ja das hatte Ralf nun verstanden, aber ungefähr ….?! „Also ca. 750 Euro!“ Wow – das ist schon eine Hausnummer – aber die Zeit in Sierra Leone ist noch zu lange, um diese ohne Klimaanlage zu gestalten.

Der „Leihwagen“

Let´s do it! Ralf bat Machmut ihm ein öffentliches Taxi – ein Keke für die Fahrt nach Jui zu ordern. Ralf scheint ja für jedes Abenteuer offen zu sein. So kam dann das Keke – Ralf machte den Preis fest und los ging es. Raus aus der Werkstatt zur öffentlichen Straße geht es eine gute Steigung rauf. Nun kurz vorm Einbiegen auf die Hauptstraße ging der Motor aus und wir standen am Hang – na super!? Der junge Fahrer blieb äußerlich gelassen, das war also nicht das erste Mal. Es dauerte gute 5 Minuten und viele Versuche, bis wir diese Hürde überwunden hatten und schließlich auf die Hauptstraße gelangten. Ralf hatte auch angeboten auszusteigen, um das Gefährt zu entlasten … und zu schieben.

Bis Jui Junction

Natürlich begleitete nun die Frage, was das für die Fahrt nach Jui – 25 Km bedeuten würde? Da sind viele Hügel und Steigungen – lass das Abenteuer beginnen!

Es gibt hier in Sierra Leone viele Bodenschwellen („Bumper“), damit die Fahrzeuge runterbremsen und langsam fahren müssen. Manche davon sind schon so abgenutzt, dass man diese beim überfahren nur geringfügig spürt. Andere hingegen sind krass, da muss man komplett runterbremsen, stehen bleiben um dann sehr langsam drüber zu rollen – ansonsten hängen alle Fahrgäste unter der Decke und die Stoßdämpfer bleiben zurück.

Auf dem Weg versuchte Ralf das Geheimnis des Keke herauszufinden. Warum immer wieder beim Schalten …. oder doch was anderes, der Motor ausging und sich schwer tat, wieder anzuspringen? Abgesehen mal vom Alter des Fahrzeuges ….

Hillstation – nichts geht mehr

Also immer wenn ein Bumper oder Loch in der Straße auftauchte, bremste der Fahrer komplett, versuchte runter zu schalten – stand dann vor dem Hindernis und versuchte nun ganz langsam darüber zu kommen. Aber immer wenn das Fahrzeug vor dem Hindernis stand, ging der Motor aus. Manchmal schien es, als müsste der Fahrer beim Schalten Zwischengas geben. Ralf erinnerte das an seine Fahrschule bei der Bundeswehr – er hatte auf einem uralten MAN 5-Tonner den Führerschein gemacht und da musste er beim Schalten Zwischengas geben, damit der Gang rein – bzw. rausging.

Wie gesagt, in Sierra Leone und Freetown gibt es viele Bumper. So hatte Ralf also reichlich Gelegenheit, das Problem zu erörtern und mit dem ihm umkreisenden Verkehr Kontakt aufzunehmen – begleitet durch intensives Gebet.

Wenn also das Fahrzeug wieder abwürgte und stand, hoffte und betete Ralf, das Fahrzeug möge wieder anspringen. All das zur freundlichen Unterstützung der anderen Verkehrsteilnehmer – die hupend darauf aufmerksam machten, dass man hier nicht parkt oder steht.

An einer Stelle – einem echten Engpass – blieben wir wieder stehen – für länger und Ralf stieg schließlich aus, um das Fahrzeug an die Seite zu schieben. Hier konnte der Fahrer dann in „Ruhe“ starten und der sich gebildete Autokorso weiter bewegen bzw. auflösen.

Berg runter ging es dann etwas einfacher – allerdings musste er viel bremsen, damit die Geschwindigkeit kein Selbstläufer wird. Berg runter nahm er oft den Gang raus oder kuppelte um Benzin zu sparen. Wenn der Motor dann hier mal ausging, lies er einfach den Gang reinspringen und das Fahrzeug startete wieder.

Die Geräusche, die das Fahrzeug allerdings bei schnellerem Tempo machte, waren ein erneuter Grund, das Beten zu intensivieren. Mitunter hörte es sich so an, als würden Getriebe oder Kupplung gleich bei Ralf vorbeischauen.

Wäre auch eine Möglichkeit gewesen – Bike – auch interessant – die Augen und Aufmerksamkeit ist immer auf den Unfall gerichtet – nie auf den Verkehr….

Nach einer guten Stunde Fahrt waren wir in Jui. Dort nahm Ralf ein Bike zum Campus – man muss das Gute nicht überstrapazieren. Außerdem tat ihm nach dieser Fahrt das Hinterteil weh – selbst bei guter Polsterung war Ralf durch – dankbar, aber durch. Am Mittag durfte Ralf das geliehene Auto nutzen und so konnten die nächsten Tage bestritten werden – ein wunderbares Geschenk.

Bei Machmut in der Werkstatt – sie hatten vergessen, die Steckschrauben für die Verkleidung vorne anzubringen. Jetzt mit vereinten Kräften alles Schraubenkästen durchforsten um die richtigen zu finden …. – war eine echte Puzzlearbeit, die vier Personen beschäftigte.

Machmut wollte sich telefonisch melden, wenn er etwas Konkretes weiß – auch wann der Wagen abgeholt werden kann. Nun ja, am Donnerstagmittag rief Ralf dann selber an und fragte nach dem Stand der Dinge. Das Auto kannst du heute Nachmittag abholen – Uhrzeit nannte er keine.

So entschied sich Ralf, das Fahrzeug am Freitagmorgen abzuholen, nachdem er Nathanael zur Schule gebracht hatte. Denn wer weiß, um wieviel Uhr und ob der Wagen dann wirklich am Donnerstag da ist?

Am Freitag wurde Ralf dann in der Werkstatt fröhlich begrüßt. Erneut kam der Hinweis, dass es viel Arbeit, viel Zeit und viel Kraft gekostet hat! Ralf hatte nun die Befürchtung, dass er nun noch mehr als angedeutet zu zahlen hat!?!

Es gibt viele hilfsbereite Experten

Allerdings fragte Machmut ihn dann, was für einen Preis er Ralf genannt hatte? Nach einem bisschen hin und her einigten wir uns auf unter 600 Euro.

Machmut verabschiedete sich auf bald und Ralf meinte gerne, allerdings hoffentlich nicht des Autos wegen. Wir sind Gott und Ehepaar Walstons sehr, sehr dankbar. Eine aufregende und nervenzehrende Woche liegt hinter uns. Möge nun an dieser Front erstmal etwas besinnliche Ruhe einkehren – was Größere Geschichten angeht.

Hinterlasse einen Kommentar