Peace Baptist Church 30tes Jubiläum

Es gibt besondere Momente im Leben, die wollen auch besonders gewürdigt werden. Die einen feiern Hochzeit oder Goldhochzeit. Andere begehen runde Geburtstage – allein oder gemeinsam. Schulen, Vereine, Kirchen und auch Kirchenbünde feiern ihre besonderen Jubiläen.

Meist mischt sich Freude mit Dank und dazu Würdigung des Erreichten.

Regent Road Baptist Church gegründet 1792

Die Geschichte von Sierra Leone ist eher jüngeren Datums. So zeugen Jubiläen auch meist von kleineren Zeiträumen. In Europa feiern Kirchengemeinden locker ihr 100-jähriges Bestehen, mitunter auch mehr. Hier sind es deutlich U 50 und kleiner. Abgesehen von ein-zwei Ausnahmen, die bereits deutlich früher entstanden sind. Zum Vergleich, die Baptist Convention Sierra Leone ist gerade mal 51 Jahre alt.

Die Peace Baptist Church, zu der wir uns halten, feierte nun im Mai ihr 30-jähriges Bestehen. Das ist für dieses Land mit einer zu 85% muslimischen Bevölkerung erstaunlich. Natürlich muss das gefeiert werden.

So gab es viele Gottesdienste um Geld für die Vorhaben des Jubiläums zu sammeln

Die Vorbereitungen und ersten diesbezüglichen Ansagen in Gottesdiensten begannen weit im Jahr davor. So viel sollte bis zur Jubiläumsfeier gemacht, renoviert, angeschafft und vorbereitet sein – so waren wir alle jeden Sonntag und darüber hinaus fleißig am Sammeln.

Peace Baptist Church vor Umbau / Anbau / Renovierung

Ein Anbau sollte entstehen, in welchem ein Gruppenraum und ein Büro enthalten sind. Hier kann sich sonntags die Sonntagschule (Kindergruppe) treffen. Bisher waren sie auf der Empore im gleichen Raum wie die morgendliche Bibelstunde für Erwachsene. Bei der nun möglichen räumlichen Trennung ist der Geräuschpegel und das Verstehen beider Gruppen, die dann nicht mehr im gleichen Raum lernen, ungemein erleichternd. Darüber werden diese neuen Räume auch gut unter der Woche benötigt und frequentiert.

Viel viel Arbeit wartet

Beim Verlegen von neuen Kabeln wurde deutlich, dass tragende Pfeiler des Gemeindehauses defekt sind und ersetzt werden müssen. Die komplette Stromversorgung – Kabelage ist zu einer Zeit verlegt worden, in welcher es die heutigen technischen Möglichkeiten noch nicht gab. Das kennen auch viele deutsche Kirchengemeinden – Technik entwickelt sich – die Räume müssen angepasst werden und das kostet. Ursprünglich sollten nur die Kabel neu gezogen werden, nun war deutlich mehr zu tun.

Zudem sollte die Außenfassade des Gebäudes neu gestrichen werden, desgleichen benötigte der Innenbereich einen neuen Anstrich.  Daneben wäre eine funktionstüchtige Technik bestehend aus Mischpult – Mikrophonen – Lautsprecher – Beamer – Bildschirmen und natürlich Musikinstrumenten (Schlagzeug) sinnvoll. Ein neues Keyboard hatten wir bereits im letzten Jahr der Gemeinde zukommen lassen.

Mischpult – Mikrophone – Schlagzeug – Keyboard – als Mitglied einer Kirchengemeinde unterstützt man diese ja gerne, so gut man kann und mehr (über den 10. hinaus) – ist ja in Deutschland nicht anders.

Weil all das viel Geld kostet und die Gemeinde weitgehend aus Frauen und Kindern besteht, die mehr aus dem sozial schwachen Milieu kommen, dachte man vielleicht, besser lauter und öfter ans Geldsammeln erinnern. Redundanz kann helfen!

Also jeden Sonntag Aufrufe – zwei-drei Kollekten. Natürlich wurde ab Anfang des neuen Jahres – die Zeit wurde knapper – regelmäßig die „Extra-Meile“ erwähnt: Geht die extra Meile! Kommt schon, noch ein bisschen, wir haben es bald geschafft, auf geht’s – macht schon – betet – sucht – fragt – bringt.

Auch wenn jeder weiß, dass diese Gemeinde solche Projekte gar nicht aus eigener Kraft stemmen kann, so bleiben die Hoffnung und das vertrauensvolle Gebet, dass Gott irgendwie hilft. Sie erleben das auch oft genug. Und manchmal eben auch nicht, dass hindert aber nicht daran, die Brötchen kleiner zu backen. Auf geht’s, wir haben Großes vor – lasst uns noch die letzte Meile gehen.

Schließlich war er da, der große Tag des Jubiläums. Vieles konnte in der Tat umgesetzt werden – überwiegend mit der Hilfe von außen – so ist der Anbau durch die Bereitschaft einer deutschen Baptistengemeinde zustande gekommen, welche die Gemeinde monatlich unterstützt. Vielen Dank und vergelt´s Gott.

Richtig gut geworden – Danke Schmiedeberg

Der Jubiläumstag sollte um 10 Uhr mit einem sogenannten „March pass“ beginnen (eine Parade, ein Umzug mit Rumstata und großen Plakaten). Das ist hier üblich und wird von Gemeinden, Schulen und Vereinen durchgeführt – eine Proklamation oder Werbeveranstaltung, wenn man so will.

Jetzt gehts los – jetzt gehts los

Mit Bannern und Band marschieren die Gemeindeglieder eine Strecke unter Singen – Lachen – Tanzen und Klatschen. Vorbei an Häusern, Menschen an der Hauptstraße lang und nach 2,5 Km wieder auf der anderen Seite zurück. Die Hauptstraße wurde durch Polizei gesichert und eine Fahrspur dafür blockiert. Hunderte bekommen so von der Aktion mit.

Die Menschen hier lieben so etwas. Die Umstehenden bleiben stehen – fragen – singen und tanzen sogar mit.

Getränke Lieferung

Natürlich begann es nicht um 10 Uhr aber gegen 11 Uhr waren wir dann in Bewegung. Während sich Christina mitten drin befand, sicherte Ralf mit dem klimatisierten Auto den Schluss der marschierenden Gruppe. Bei der Hitze war das gar nicht mal so verkehrt.

Über Stock und Stein – an der Hauptstrasse entlang

Wieder an der Gemeinde angekommen, sollte es dann um 14 Uhr weitergehen. Für uns lohnte sich eine Fahrt nach Jui und zurück nicht, und so blieben wir – war ohnehin nur noch eine halbe Stunde, bevor der Gottesdienst beginnen sollte.

Die Band bekam nach getaner Arbeit – sie wurde extra dafür engagiert – ein Essen und Getränke. Eine große Platte mit Reis und Fisch wurde in die Mitte gestellt und jeder aß mit dem, wie der Herr ihn/sie ausgestattet hatte (ohne Teller oder Besteck, sondern mit den Händen).

Nach getaner Arbeit

Christina verschwand mit den Frauen – die wollten eine „kurze Erfrischungspause“ bei einer der Damen verbringen. Ralf konnte sich dafür ein Bild von der Vorbereitung des Essens machen, das es heute geben würde. Nicht nur wir hatten bisher noch nichts gegessen.

Was soll man sagen: Überraschung, der Gottesdienst fing nicht um 14 Uhr, sondern erst um 14.30 Uhr an. Dafür sollte es 24 Programmpunkte geben. Eine Ahnung stieg auf – Rückfahrt im Dunkeln … (aber nein, das ist ja verboten!)

Frauengruppe mit Christina

Die Honoratioren (Pastoren) – so auch wir, saßen alle vorne der Gemeinde gegenüber. Die Begrüßung der Anwesenden war relativ kurz – dafür nahmen dann die Beiträge zur Gemeindegeschichte und der Bericht des Pastors allein fast eine Stunde ein.

Grußworte – die moderne Form von Christenverfolgung – dauerten auch wieder seine Zeit und nicht nur der Gemeindechor, sondern auch zwei geladene Nachbarchöre gaben ihre Beiträge. Ach ja und wir durften dann die neuen Räume eröffnen, also das Band mit Schere durchschneiden.

Programm lehrt fürchten

Am längsten dauerte das Anschneiden der Torte. Das ist in Sierra Leone Brauch und gehört zum Fundraising. Jede Feierlichkeit braucht eine große Torte. Diese wird von einem Ehrengast zuerst angeschnitten. Danach darf jeder solvente Gast ein eigenes Foto mit dem Messer in der Hand bekommen, muss dafür aber etwas geben. Im Anschluss daran sollten alle Gemeindegruppen und Gastgruppen ebenfalls die Torte umringen. Alles fürs Fotoalbum. Diese Torten-Foto-Aktion dauerte ebenfalls mehr als eine Stunde.

Ralf hatte schon mitgeteilt, dass er gegen 17 Uhr aufbrechen wird – da wir das Essen für Nathanael mitbrachten und zudem sein Limit für diesen Tag deutlich überschritten war.

auch Innen sieht nun alles wieder schön aus

So ging er vor der Predigt, die allerdings danach gekürzt wurde, da der Prediger auch „not amused“ ob der sich hinziehenden Zeit war. Inzwischen war es nach 17 Uhr und er fand seine Predigt gut. So teilte er durch die Blume mit, dass auf Grund der vorgerückten Zeit die Gemeinde ihn noch einmal zum Predigtdienst einladen solle. Er hatte die Predigt extra für Peace Baptist und diesen Anlass geschrieben.

An diesem Abend gab er jedoch nur in sehr verkürzter Form eine Zusammenfassung weiter.

Diese hat Christina ausgesprochen gut gefallen, obwohl ihr Ende der Fahnenstange, was die Länge der Feierlichkeit anging, inzwischen auch wirklich erreicht war. Die deutsche Seele leidet…

Der Anbau wird eingeweiht und bestaunt

Nach der Predigt kamen Kollekten, Sammlungen und weitere Eventspielchen mit Geldsammlungen. Pastoren saßen vorne und mussten ausgelöst oder besonders wertgeschätzt werden. Das konnten die Gäste tun, indem sie kleine Schleifen kauften und diese an die entsprechenden Personen heften. Auch Christina erhielt oder gab ihren Beitrag dazu. Alles Geld was an solchen Festen oder Gottesdiensten eingesammelt wird, geht direkt in den Gemeindesäckel.

Als schon etliche gegangen waren, wurde gegen 18.30 Uhr das letzte Lied gesungen und danach sollte es Essen und Trinken geben. Um 18.45 Uhr holte Ralf Christina ab – nahm noch einen Schwung anderer Fahrgäste mit, die nach Hastings oder Waterloo weiter mussten, und so endete ein langer, langer Tag um 19.30 Uhr.

Da erst gegen 19 Uhr der Regen begann, konnten alle Beteiligten mehr als dankbar sein. Pastor und Gemeinde waren glücklich und wir auch: es liegt hinter uns und ein weiteres Jubiläum wird es wohl in unserer Zeit hier nicht mehr geben.

Da hielt es die Frau vom Präsidenten nicht mehr auf dem Sitz (Dame in Weiß) die weiße Dame ohnehin nicht!

Vieles war interessant und toll – der March pass – Lobpreis und manche Wertschätzung, die an diesem Tag rüberkam. Warum aber in einem Gottesdienst so lange auf die Gemeindegeschichte, oder die Sichtweise des aktuellen Pastors eingegangen werden muss, ist uns ein Rätsel.

Die kleinen „Sponsoring Spiele“ sind für die Leute erheiternd und kulturell wichtig, witzig auch – uns befremdet das jedoch eher.

Aber gut, so unterschiedlich sind die Menschen eben. Wir sind dankbar, was alles gut geklappt und was Gott gewirkt hat.

Möge er die Gemeinde, ihre Arbeit und die Menschen darin und drum herum segnen und zum Segen werden lassen.

Und weil eben am Schluß nicht mehr gar so viele Gäste anwesend waren, gab es genug Essen, welches auch an die Nachbarschaft verteilt werden konnte – was durchaus gut und hilfreich ist!

Dankbare Nachbarschaft