Das dritte Jahr in Sierra Leone neigt sich dem Ende entgegen. Ralf freut sich schon auf eine längere Pause vom hektischen, chaotischen und völlig willkürlichem Verkehr.

Na und natürlich auch Fahren ohne ständige Sorge, dass das Auto unterm Hintern auseinanderfällt.
Wobei wir dankbar sagen können, dass nach der letzten größeren Reparatur die „Autofront“ relativ überschaubar geworden ist. Die Werkstatt ist prima – wenn auch etwas teurer und weiter weg. Aber die finden zumindest die Probleme und können diese sogar beheben. Anders als die sogenannte Fachwerkstatt!
Wenn also nun der autokundige Dschungeldoc Amadu mit seinen vielen nützlichen Kontakten und praktischen Fähigkeiten bei der Erstanalyse überfragt ist – das Problem sich lange hinausschiebt und immer obskurer wird, dann geht es ab zur Werkstatt. Wie die meisten Werkstätten oder Autogeschäfte ist sie von Libanesen geführt. Mr. Kalifee ist der Eigentümer und Mr. Mammut sein Werkstattleiter – wahrscheinlich sind sie auch irgendwie miteinander verwandt – wie das hier meistens der Fall ist.

Nun also war ein Besuch wieder fällig. Seit Januar begleitete das Fahren ein Geräusch, das neu und zur Kenntnis genommen werden wollte. Zu Beginn trat es immer in den ersten Minuten nach dem Anlassen auf und verschwand recht schnell. Wie ein Luftholen, allerdings eher ein asthmatisches Röcheln mit Schwierigkeiten. Weil es zu Beginn nur kurz und sporadisch auftrat, konnte man das auch kaum beschreiben, oder lokalisieren – geschweige denn finden.
Irgendwann war sich Ralf sicher: das Geräusch kommt von hinten links – in der Höhe des hinteren Reifens. Erkennen konnten er und auch Amadu nicht wirklich etwas. Solange es keine dauerhaften Geräusche sind, ist es für Hiesige sehr schwierig etwas festzustellen. Dann kann es schon mal sein, dass man ganz andere Problemmöglichkeiten und damit Kosten aufgezeigt bekommt …
Aber wie Probleme so sind, sie werden in der Regel nicht besser – so nahm also das Geräusch mit der Zeit zu. Immer häufiger hatte Ralf den Eindruck, das klingt wie eine Pumpe, die krampfhaft versucht, etwas anzusaugen – etwas defekt eben.
Wie gesagt, Ralf ist nicht vom Fach und tut sich ohnehin schon schwer, Fachausdrücke im hiesigen Englisch-Krio-Mix zu verstehen. Aber irgendwann war klar, da muss hinten eine Pumpe sitzen, die verzweifelt versucht ihre Arbeit zu machen …

Aber für was? Was passiert, wenn das nicht mehr klappt? Wer kann genaueres sagen und helfen?
Ralf hatte mittlerweile das Geräusch auf dem Handy aufgenommen um dem Vorführeffekt zu umgehen – auch wenn das Geräusch mittlerweile regelmäßig beim Fahren und Stehen auftrat.
Nach Wochen ging es nun also nach der Ablieferung von Nathanael weiter zur Werkstatt. Dort bis 9 Uhr warten, bis diese aufmacht und dann mal schauen.
Dort wurde bestätigt, dass es tatsächlich eine Pumpe ist. So wie Ralf das aus dem libanesischen Englischkauderwelsch heraushörte, gibt es bei diesem Fahrzeugtyp keine Stoßdämpfer im herkömmlichen Sinne, sondern eine hydraulische Anlage, die über eben diese Pumpe versorgt wird. Das sind Modelle, die allerdings in hiesigen Kulturkreisen nicht so verbreitet sind, weil unpraktisch (Reparaturanfälligkeit und Kosten).
Die Pumpe ist defekt und müsste komplett erneuert werden – wie teuer kann er nicht sagen. Da es hier nicht so häufig vorkommt, ist unsicher, ob sie ein solches Ersatzteil überhaupt besorgen können.
Ja, man kann damit fahren. Fällt die Pumpe jedoch komplett aus, kann es holpriger werden und wie lange das gut geht bzw. welche anderen Teile dadurch weiter in Mitleidenschaft gezogen werden, ist schwer zu sagen. So jedenfalls meinte Ralf, den Fachmann verstanden zu haben.

Sie verblieben so, dass der Fachmann sich erstmal umhört, was man und wie besorgen kann, bevor er sich dann meldet.
Nach drei Wochen meinte er dann, Ralf solle vorbeikommen – das Geräusch war nun fast ständiger Begleiter.
Ein neues Ersatzteil ist hier nicht zu erhalten, höchstens über die Toyota Fachwerkstatt – aber den Spaß hatten wir schon mal und das kommt nicht mehr in Frage. Für die dort verlangten Kosten kann man bald einen Neuwagen kaufen!

Die Lösung, die nun angeboten wurde, würde auch günstiger als der Aus- und Einbau einer neuen hydraulischen Pumpe sein. Der Vorschlag sah vor, die komplette Hydraulik-Anlage auszubauen und dafür rechts und links herkömmliche Stoßdämpfer einzubauen. Das ist dann vor allem in diesem Land kaum ein Unterschied!
Und was wird das kosten? Knapp 580 Euro! Auweia – Ralf machte ein entsprechendes Gesicht und wurde gefragt, an was er denn so dachte. Ralf meinte er hat 400 Euro dabei. Es wurde noch ein wenig verhandelt und man einigte sich dann auf ca. 460 Euro!
Dann gingen sie frisch ans Werk und zeitweise arbeiteten vier Personen am Auto, damit sich Ralf pünktlich um 13 Uhr auf den Weg zur Schule machen konnte.
Es ist tatsächlich kein Unterschied beim Fahren zu merken – bis auf das fehlende Geräusch – das nicht wirklich vermisst wird und eher ein gutes Gefühl hinterlässt.
Auch wenn wir wie alle anderen hier immer wieder mit dem leidigen Thema Kfz konfrontiert sind, so hat sich da mittlerweile eine Routine eingestellt und ist doch dadurch tatsächlich überschaubarer geworden. Dafür sind wir mega dankbar.
Beim Aus- und Umbau merkte der Fachmann dann noch an, dass der Fahrzeugboden etc. ganz schön rostig ist … Na was für eine Überraschung! Wundert einen so gar nicht bei dem hiesigen Klima und der dauerhaften schwülen Nässe während der Regenzeit. Solange der Sitz nicht durchfällt, ist alles gut. Ganz ehrlich, schau dir mal die anderen Fahrzeuge im Straßenverkehr von Sierra Leone an. Da hält oft einzig der Rost selbige zusammen.
Dennoch werden wir uns bald wiedersehen. Amadu fand beim Lenkgestänge vorne zwei Wellen, die immer wieder ausgeleiert sind. Alles notdürftige Reparieren hilft nur noch bedingt. Auf der Suche nach neuen Teilen wurde ihm mitgeteilt, die gibt es nur beim Toyota Fachhändler und dort wurde ihm dann gesagt, die werden nicht verkauft, sondern nur hier in der Fachwerkstatt eingebaut!
Also mal schauen, was unser Muhamad der Werkstattmeister dazu sagt. Vielleicht oder hoffentlich hat er wieder eine andere Lösung oder Möglichkeit?
Da es aber so noch gut funktioniert, geht es erstmal weiter – „immer weiter“ – wie ein geschätzter Kollege immer wieder gerne sagt.
