Pfahl

Es ist ja immer gut, nicht genau zu wissen, was einen zukünftig erwartet oder wie sich Dinge entwickeln. Hätte Ralf vorher gewusst, auf was er sich einlässt, dann wären zumindest die Geschichten um den fahrbaren Untersatz gravierender Punkt der Verweigerung gewesen. Jetzt ist es ein ein beständiger Stein im Schuh.

Nachdem für ein paar Wochen überwiegend Ruhe am Auto und seinen Reparaturen war, war abzusehen, was Paulchen Panther zum Ende jeder Folge sagte: „Ich komme wieder, keine Frage!“

Es sind immer irgendwelche nicht einzuordnenden Geräusche oder Dinge – denen auf den Grund gegangen werden sollte. Mittlerweile versucht Ralf die Geräusche einzuordnen – klingt „wir müssen dringend was tun“ und „kann weiter so gehen“ – in der Hoffnung, dass es aufgeht.

Da es nun wieder beim Bremsverhalten Auffäligkeiten gab – ein Stottern und leichtes Schlingern – meist bergab, schien es geraten das mal checken zu lassen, bevor doch was gravierendes sein Versagen aufzeigt.

Also erst zum Dschungeldoktor. Der tauschte Bremsklötze und Scheiben aus. Das änderte am Problem nicht wirklich etwas.

Nachdem es Ralf zu riskant wurde, in der täglichen Statistik einer der unzähligen Unfälle zu werden, vereinbarte er ein Termin bei der Autowerkstatt in Freetown, die ihm von einem Missionar im Ruhestand empfohlen worden war. Dort hatte man ihm beim letzten gravierenden Problem geholfen.

Nachdem Nathanael an der Schule abgesetzt war, ging es also weiter zur Werkstatt. Dort erstmal eine Stunde warten, bis die öffnet. Dann das Problem schildern, das Messgerät anschließen und erfahren, dass das ABS System nicht dicht ist. Allein an der Mimik wurde deutlich – das ist nicht gut und wahrscheinlich teuer.

„Und was heißt das nun genau? Kann man das fixen – dichten etc.?“

Nein, das kann man nicht, es ist notwendig ein neues Ersatzteil einzubauen und es  kostet ca. 3.700 $ mit Einbau! Da war dann erstmal ein Stuhl fällig und lebensversorgende Maßnahmen ob des einsetzenden Schocks.

Keine andere Möglichkeit – ein verzagter Hoffnungsschimmer?! Man kann ein Gerät ohne ABS Funktion einbauen, das kostet weniger, ist nach seiner professionellen Meinung aber nicht zu empfehlen.

Einbau der neuen ABS Anlage

Die Schwierigkeiten für Ralf sind immer wieder die gleichen: Er muss Entscheidungen treffen, von denen er keine Ahnung hat. Er muss sich auf Menschen verlassen ohne zu wissen, ob die vertrauenswürdig und kompetent sind.

Immer wieder die Ungewissheit ob das nun alles seine Richtigkeit hat oder man übers Ohr gehauen wird? Ob das Problem damit gelöst ist, keine Garantie – es gibt keine Erstattung! Und das eben nicht nur einmal, sondern unaufhörlich.

Was passiert, wenn wir nichts machen, erstmal abwarten, wollte Ralf wissen? Wenn das Problem mit dem ABS zu tun hat, dann kann es passieren, dass die ABS Warnlampen beim Fahren aufleuchten und dann solltest du unverzüglich anhalten und den Wagen stehen lassen, ansonsten fährst du ohne funktionierende Bremsen! Wann das passiert kann keiner sagen – eine Woche – einen Monat – morgen …

Na Prost Mahlzeit – Ralf liebt ja schon schnelles Fahren, aber so im freien Fall den Berg runter, das Risiko ist dann doch zu hoch.

Hier ist ja vieles ganz normal – aber eben nicht für jeden.

Also müssen wir es machen lassen. Wie willst du bezahlen es sind schließlich knappe 90.000 Leones – die können wir nicht vorstrecken?!

Ein Barscheck wird ausgestellt und dankbar sein, dass wir gerade 4.000 Euro auf unser Konto in Sierra Leone überwiesen haben. Überweisungen können hier schon mal länger (mit Investigationsbemühungen) dauern.

Da es an diesem Tag nichts mehr mit dem Einbau wird, heißt es zur Schule zurückkehren und warten, dann Nathanael abholen und nach Jui fahren mit dem Gebet, dass alle heil ankommen.

Am nächsten Tag wieder Schule – Warten – Werkstatt. Das Geld wurde ausbezahlt, nun kann das neue Teil gekauft werden. Nach 1,5 Stunden beginnt der Einbau. Kurze Testfahrt, dann Entlassung mit dem Hinweis, nun sollte alles ok sein. Ansonsten melde dich!

Was aber, wenn sich das Problem nicht gelöst hat, bauen sie wieder das alte Teil ein und wir erhalten das Geld zurück? Sicher nicht!

Ölwechsel

Seit ein paar Tagen ist zudem hinten rechts ein Klappern zu hören. Amadu, kannst du mal nachschauen – wahrscheinlich ein loses Blechteil …

Tatsächlich stellt sich heraus, dass der Bremssattel lose ist. Zudem sind hinten alle Bremsbeläge kaputt. Wie, die haben wir doch erst im Oktober ausgetauscht? Was gute Qualität alles ausmacht. Nun macht sich Amadu auf die Suche nach einem neuen Bremssattel. Knappe 200 Euro soll der kosten, gebraucht und gerade von einem auf Halde stehenden Fahrzeug abmontiert – wie bitte? Was kostet denn ein neues Teil? Der Verdacht, wieder mal über den Tisch gezogen zu werden, kam doch tatsächlich auf. Die kann man hier im Laden nicht so einfach kaufen. Wir haben Glück, dass wir ein gleichwertiges Fahrzeug mit funktionierendem Bremssattel gefunden und erhalten haben.

HIer gibt es doch bestimmt die richtigen Ersatzteile?!

Die beiden Reparaturen liegen gerademal eine Woche auseinander.

Genau das ist das erschöpfend Frustrierende. Diese beständige Quelle der Unsicherheit. Man weiß nie: Hat sich was erledigt – lohnt sich das überhaupt – wird man über den Tisch gezogen – haben die überhaupt Ahnung? Wenn das eine Problem gelöst ist, kannst du dich darauf verlassen, das nächste steht schon vor der Tür.

Und in diesen Fällen geht es auch nicht um die ständigen platten Reifen durch Nägel oder Schrauben; die Kratzer durch Nähe suchende Bikes oder Menschen; der chaotische Verkehr, der einem unglaublich viel Kraft und Konzentration abverlangt; das ständige Gehupe, Gedränge und Betteln.

Noch nicht einmal 1/2 Jahr alt …..

All das ist über einen langen Zeitraum schon anstrengend. Doch wirklich ermüdend sind die Entscheidungen, bei denen es um viel Geld geht und worauf man keinerlei Einfluss hat. Situationen, in denen man nicht weiß, was richtig oder falsch ist! Man trägt Verantwortung für etwas, das nicht absehbar ist. Wir sind dankbar für die EBMI, die uns immer wieder den Rücken stärken und frei halten – Danke!

Und dennoch bleibt es immer wieder ein Kraftakt, an Gott dran zu bleiben und ihm zu vertrauen. Beständig das Gefühl von Unsicherheit und Angewiesensein, und das steckt unserer Kultur, wahrlich nicht im Blut.

(Gebets-) Unterstützung