Wenn man mit dem Auto in Sierra Leone unterwegs ist, dann entdeckt man unweigerlich viele interessante Dinge bzw. Gepflogenheiten.
Als wir das erste Mal in Freetown mit dem Auto in der Innenstadt herumgefahren wurden, fiel uns immer wieder auf, wie Männer dastanden und pinkelten. Mitten auf belebten Straßen – kaum verborgen vor den Augen der breiten Öffentlichkeit. Wir lernten schnell, dass dies hier relativ normal ist.

Es gibt kaum öffentliche Toiletten – und wenn, dann laden die nicht wirklich zum Verweilen ein. Aber was muss, dass muss – also mal eben anhalten – Bike – Auto – Bus – per Pedes und laufen lassen.
Auf dem Campus erleben wir auch sehr persönliche Momente. Wie oft haben wir schon Männer am Baum bzw. einer Hausmauer stehen sehen um dort ihr kleines Geschäft zu verrichten – ganz ungeniert – ob Student oder Dozent – ob Baum oder Haus. Das scheint besser als die Einrichtung auf dem Campus – denn auch hier gibt es eine öffentliche Toilette.

So ist es also nicht verwunderlich, wenn auch die Damen diesbezüglich handeln. Dann wird sich mal eben an unsere Hausecke gesetzt oder in die Abflussrinne am Haus. Mitunter kann man gar nicht schnell genug flüchten, um nicht unfreiwillig Anteil am Geschehen zu nehmen. Wie gesagt, die Häuser haben getönte Fenster und durch die kann man nach draußen sehen.
Über die Zeit merken und erleben wir, dass mit Körperkultur anders umgegangen wird. Wenn wir morgens mit dem Auto auf dem Weg zur Schule sind, können wir etliche beim Waschen direkt an der Straße vor der Haustür sehen. Ob Männer – Kinder – und mitunter auch Frauen. Dafür ist im Haus kein Platz und bei manchen eben auch darum herum nicht.
Aber neulich wurde dann Ralf doch Zeuge von etwas Neuem – und ehrlicherweise kann er auf Wiederholung dankend verzichten. Er war gerade auf dem Weg, um Nathanael von der Schule abzuholen. Da sah er am Seitenrand einen jungen Mann laufen, der …. hat ja gar nichts an!! Durch die dunkle Hautfarbe kann man das mit dunklerer Bekleidung manchmal auf die Schnelle nicht genau, vor allem aus dem Vorbeifahren, kaum erkennen.

Aber tatsächlich schlenderte da ein Mann in „des Königs neuen Kleidern“ auf dem Bürgersteig in Freetown entlang. Vorbei an Häusern, Ständen, Menschen – immer weiter die Hauptstraße nach Freetown entlang und das mit dem größten Selbstverständnis. Weder gschammig noch schnell – ganz gemütlich und selbstbewußt.
Das war dann mal wirklich neu – warum? Keine Ahnung – so weit ging Ralfs Interesse dann doch nicht. Wie gesagt, nie langweilig – immer etwas Neues.
