Life is Life

Für uns ist es spannend und interessant, mit den jungen Studenten in Berührung zu kommen und ihre Geschichten, Anliegen, Nöte, Träume und Wünsche zu hören.

Ein Student von Christina ist Maxwell. Er ist in seinem Abschlussjahr im Fachbereich Theologie. Er hat ein leidenschaftliches Herz für Jesus und Evangelisation.

Pastor Maxwell in diesem Jahr zum Studentensprecher gewählt

Neben dem Studium arbeitet er als Pastor in einer freien Gemeinde in Freetown, der „Mount Zion Church“. Ralf nimmt ihn regelmäßig auf seinem Weg mit, um Nathanael von der Schule abzuholen, und setzt Maxwell bei seiner Gemeinde ab.

Sobald die Regenzeit vorüber ist, organisiert Maxwell mehrere mehrtägige Evangelisationen im Monat – immer in verschiedenen Stadtteilen von Freetown und Umgebung – da, wo Gott es ihm aufs Herz legt. „Die Menschen“, so Maxwell, „kommen eher selten in eine Kirche, aber wenn eine Veranstaltung unter freiem Himmel stattfindet, dann schauen sie vorbei!“

So spricht er im Vorfeld mit den jeweils ansässigen Kirchen und deren Leitern, um diese zur Zusammenarbeit einzuladen. Manche lassen sich darauf ein. Er organisiert mit einem kleinen Team Stühle – Bühne – Technik – Musikanlage und Licht – oft auf eigene Kosten – da die umliegenden Gemeinden mitunter zurückhaltend reagieren – ist ja nicht ihre Idee. Doch Maxwell betont immer wieder, wie wichtig die umliegenden Gemeinden sind, damit im Nachgang Neubekehrte eine geistliche Heimat finden. Er evangelisiert, dann zieht er weiter.

Maxwell sucht jeweils einen großen freien Platz, der angemietet werden kann. Täglich neu werden die gemieteten Stühle – Bühne und Technik aufgebaut. Das Programm ist recht simpel – Worship – Predigt – Gebets- und Segnungsangebot. Er hat eine sonore, tiefe Stimme, und lässt sich vom Geist Gottes leiten in dem, was er jeweils sagt. Damit erreicht er viele Herzen.

Gerade liegt die erste Evangelisation nach der Regenzeit hinter ihm – zwischen 400-800 Menschen kamen jeden Abend dort zusammen – manche bekehrten sich – andere ließen für sich beten und etliche gehen nun ihren Weg mit Jesus.

Gott gebraucht Maxwell auf eindrückliche Art und Weise. Bei all dem ist und bleibt er bescheiden. Wir haben uns entschieden, seine Arbeit immer wieder mal zu unterstützen.

Die Menschen, die am T.E.C.T. als Torwächter (Security) oder Gärtner (Groundsmen) arbeiten, haben kaum Bildung und stehen sozial eher auf der Fußleiste. Sie verdienen wenig. Anerkennung oder Wertschätzung erhalten sie eher nicht.

Steven ist einer der beiden Torwächter. Sie arbeiten in zwei Schichten zu je 12 Stunden ohne Ruhetag. Dafür erhalten sie ca. 70-80 Euro im Monat – ein Sack Reis kostet mittlerweile 50 Euro. Er hat eine Frau und zwei Kinder – Favour ist 8 Jahre und Christina 3 Monate alt.

Familie Steven – Christina mit der kleinen Christina auf dem Arm

Nun hatte Steven einen Unfall. Er fuhr mit einem Taxibike nach Waterloo – eine vierspurige Straße mit viel Verkehr. Die rechte Fahrspur wird meistens zum Parken bzw. Halten genutzt, besonders an den Checkpoints, wo die Taxis ihre Fahrgäste aufnehmen oder entladen und die Marktschreier Waren anbieten. Das macht gerade diese Stellen zu chaotischen und unfallträchtigen Brennpunkten.

Verkehr ist generell chaotisch und v.a. für Fußgänger noch mal mehr. An solch einer Stelle wollte nun eine ältere Dame (50) die Straße überqueren. In der Regel warten die Fußgänger eine längere Zeit, sind extrem vorsichtig und rennen schließlich mit allem was sie haben über die Straße.

Diese Frau, so Steven, war ängstlich und zögerlich. Sie hatte schon fast die eine Seitenhälfte überquert, als sie plötzlich anhielt und zurück lief. Der Bikefahrer konnte nicht mehr ausweichen und schon war der Unfall passiert. Alle drei wurden am Unfallort versorgt und in die nächste Klinik gebracht.

Bei Steven war vor allem das rechte Bein betroffen – offene Schürfwunden und innerliche Schmerzen. Du mußt eine Röntgenaufnahme im Krankenhaus machen lassen, um zu sehen, wie es innen aussieht und was zu machen ist!

Dafür hat Steven jedoch kein Geld. Er ist der einzige Versorger. Nun kann er zudem aufgrund der Verletzungen nicht arbeiten und wie es hier so ist, gibt es dann auch kein Geld.

Ob sein Chef ihm Lohn vorstrecken könne? Nein, das geht nicht! Vertrackte Situation – aufgrund des Unfalls kann er nicht arbeiten, erhält kein Geld – kann die notwendige Untersuchung nicht machen lassen und das mit dem Arbeiten rückt immer weiter nach hinten ….

Als Ralf ihn zu Hause besuchte – zwei kleine Zimmer für vier Personen – aufgeheizt und stickig – freute sich Steven über die Aufmerksamkeit.

Auch die Röntgenaufnahme zeigte das er glimpflich davon gekommen ist – allerdings einen Monat Arbeitsausfall

Er zeigte Bilder vom Unfall und den betroffenen Personen. Das ist hier üblich: alles wird festgehalten und dann auf social Media verbreitet – teilweise richtige Schock-Bilder und Filme, die zumindest wir versuchen zu vermeiden.

Der Fahrer ist wieder auf dem Damm – das Bike, seine Lebensexistenz, kaputt. Die Frau wurde von der Notfallklinik ins Krankenhaus gebracht und starb dort an den Folgen.

Mitunter sterben die Leute aufgrund von Schmerzen bei Brüchen, da sie keinerlei Schmerzmittel erhalten bzw. nicht bezahlen können – irgendwann wird das für den Körper zu viel und ein Schock tritt ein – das hören wir des Öfteren.

Wir haben uns entschieden, der Familie von Steven Essen zu bringen und das Geld für eine Röntgenuntersuchung zukommen zu lassen. Mal sehen, was dabei rauskommt und wie das dann weitergehen wird.

Update: Die Röntgenaufnahmen waren unauffällig und so kommt er, wenn die vielen Schürfwunden gut verheilt sind, wieder zum Arbeiten zurück.

Ein Student von Christina hat auf seinem Whatsapp Status ein Bild von einem kleinen liegenden Jungen gepostet, darunter ein Kommentar über Traurigkeit. Das Bild bzw. der Junge darauf sah „sonderbar“ aus – wie tot …. – ist er tot?!

Als Christina den jungen Mann darauf vorsichtig ansprach, war es genauso. Sein Sohn, Kleinkind, ist gerade verstorben. Kaum ein äußerliches Anzeichen von Trauer, aber durch die Frage, kam dann doch ein Moment lang ans Licht, wie es ihm wirklich ging. Der Umgang mit Tod und Verlust, mit Nöten und Krisen ist persönlich – wird kaum ernstgenommen und deshalb meist versteckt. Zum einen weil das Vertrauen fehlt, zum anderen weil jeder selbst so viel kämpft, dass kaum Kapazitäten zum Trösten oder Mittragen bleiben.

Die offizielle Campusseelsorgerin wollte gerne mit Christina sprechen – o o – was das wohl bedeutet – Geld – Ärger – Eifersucht ….?!

Sie hat da einen jungen Mann und kommt da nicht wirklich weiter, ob Christina sich mal mit den beiden zusammensetzen kann, um reinzuhören und evtl. einen Rat geben kann – natürlich gerne?!

Dann ist da noch ein Problem. Ihr laufen die ganzen Studentinnen die Türen ein – das wächst ihr über den Kopf! Im Frauenwohnheim sind mittlerweile 40 ledige Frauen untergebracht, die hier studieren. Das ist …. etwas überbelegt…

Vorm Studentenwohnheim der Damen

„Du musst mir helfen, Christina! Komm, wir gehen ins Studentinnenwohnheim, dort stelle ich dich vor und mache deutlich, dass du für Gespräche und Begleitung bereit und kompetent bist!“

Ob das alles aber auch so angenommen wird, wird interessant zu beobachten sein, denn bisher haben die Frauen eher Hemmschwellen. Nicht eine einzige von ihnen studiert Theologie. Deshalb kennen die Frauen sie nicht aus den Vorlesungen, sondern nur vom Sehen. Wie soll da Vertrauen entstehen?

Nach wie vor hält Christina Kontakt auch zu den Abgängern vom T.E.C.T. bzw. diese halten den Kontakt zu ihr: rufen an – schreiben über Whatsapp oder Facebook, beten am Telefon oder telefonieren über Bibeltexten.

So meldet sich Santigie – ein pastoraler Abgänger, der mit seiner Familie nun weit draußen in den Provinzen lebt. Wir haben sie über die letzten zwei Jahre immer wieder mal unterstützt – mit Essen – Schulgebühren etc.. Er hat nie nachgefragt oder darum gebeten – nur gebetet.

Nun rief er um Hilfe. Sein Bruder liegt in Freetown im Krankenhaus. Es sieht ernst aus. Um eine Chance zum Weiterleben zu haben, muss eine Operation vorgenommen werden. Die Kosten dafür 4.000 Leones ca. 200 Euro – die haben sie nicht. „Wir beten und bitten um Hilfe. Wir haben 1.000 Leones als Familie zusammen bekommen. Ein Onkel verkauft zwei Ziegen, das sind noch mal 1.000 Leones.“ Wir hatten den Eindruck, auch etwas dazu geben zu wollen.

Die OP konnte stattfinden und ist wunderbar gelaufen. Die Familie ist glücklich, dankbar und der junge Mann lebt noch etwas weiter.

Daneben gibt es unzählige Geschichten, Anfragen, Nöte wo wir betend davor stehen und Nein sagen müssen – kein Auftrag, wir können nicht – unsere Grenzen sind erreicht. Es ist schön, wenn und wo wir helfen können und sind Gott immer wieder dankbar für Menschen und Mittel, die das möglich machen.

Aber wir fragen und sehnen uns nach Gottes Gerechtigkeit! Warum liegt in dieser Welt nur so viel im Argen!?! Warum herrscht so eine schreckliche Ungerechtigkeit? Weder die einen, noch die Anderen haben das verdient!

Die einen können ihr ganzes Leben in Frieden leben – andere erleben das nie? Manche können essen wann und was sie wollen, andere verhungern? Unzählige können von der harten Arbeit, die sie leisten, nicht leben bzw. finden keinen bezahlten Job – andere haben unzählige Jobangebote und wollen nichts tun, beitragen – erhalten viel Geld ohne Gegenleistung!

Warum sind die Chancen so extrem unterschiedlich?

Diese Fragen treiben uns um, besonders jetzt, wo diese Nöte persönliche Gesichter bekommen. Menschen, die liebenswürdig sind. Menschen, die uns ans Herz wachsen. Menschen wie du und ich.

Womit habe ich es verdient, dass mein Leben so viel besser ist? Und neben dieser Frage, schleicht sich auch Dankbarkeit ein!

Maranatha – Herr komme bald!