Das neue Semester läuft für Christina und macht ihr viel Freude. Zu lange hat sie darauf verzichten müssen und so stürzt sie sich voller Elan in die Arbeit: Vorlesungen, Bibelstunden, Seelsorge, Referate – also gut gefüllt.
Wir haben den Eindruck, dass die Studiengänge erneut voller geworden sind, so zumindest drückt sich das bei Christinas Vorlesungen aus.

Gerade die Erstsemester sind diesmal ein quirliger Haufen. Waren die Studenten in den letzten beiden Jahren gerade in den ersten Monaten relativ ruhig und zurückhaltend – wer weiß was die Weiße will – kann man ihr vertrauen?! So ist es in diesem Jahr deutlich anders – die Studenten lieben es mitzudiskutieren und kommen bei offenen Fragen gar nicht mehr zum Ende. Also gilt es hier ein bisserl dagegen zu steuern. Gerade bei dem einen oder der anderen Studentin, der/die gerne mal selbst den Dozentenstab schwingen möchte.
Ein Student wollte sich mit Christina persönlich treffen. Das ist nicht ungewöhnlich – sie hat etliche Anfragen für Termine und Gespräche über den Tag und die Woche verteilt.
Doch dieser Student wollte von ihr, dass sie mit ihm die Vorlesung noch mal durchgeht – wie bitte?! Eine private Vorlesung also. Der Grund dafür war, dass er durch einen anderen Termin die Vorlesung versäumt hatte. Er hat zwar alles schriftlich bekommen, hätte aber gern die Dozentin dabei, wenn er das durchgeht. Christina ist ja gern bereit zu helfen und Zeit zu investieren, aber parallel eine doppelte Vorlesungsreihe abzuhalten ist nicht machbar.

Ein anderer möchte gern persönliche Bibelstunden zur Vertiefung (wie ca. 6-10 weitere Studenten pro Woche). Beim ersten Treffen merkt sie, dass sein Englisch sehr begrenzt ist. So muss sie vom Tempo her komplett auf die Bremse treten. Am Ende hat er sich gefreut, so viel verstanden zu haben. Nun trifft sie sich mit ihm gelegentlich zum Englisch sprechen und lernen anhand der Bibel (das gleiche Konzept macht mit ihr der Krio-Lehrer!).
Ein anderer Student meinte nach einer Vorlesung, es sei so gut in ihrer Vorlesung zu sein! So strukturiert, verständlich und hilfreich für den Alltagsdienst als Pastor! Sie wusste gar nicht so recht, wie sie damit umgehen soll oder ob dahinter noch etwas anderes steckte …. – also mal dankbar abwarten.
Dann erzählte der Rektor im wöchentlichen Mitarbeitertreffen der Dozenten von einem Gemeindeleiter. Jahrelang hatte er diesem empfohlen, ihn gedrängt und ermutigt, eine zusätzliche Ausbildung für die Gemeindearbeit anzugehen – gerne am T.E.C.T. Aber immer hat dieser abgelehnt – sich geweigert. Es war nicht einfach miteinander, so der Rektor.
Doch siehe da, dieser Gemeindeleiter hatte sich nun am T.E.C.T. eingeschrieben und besucht samstags die Vorlesungen für Ehrenamtler, die keine Zeit für ein Vollzeitstudium haben.
Nun berichtet diese Person, dass es echt super ist! „Da ist diese weiße Dozentin, deren Art und Weise und Inhalte so hilfreich, ermutigend und erhellend für den Gemeindedienst sind, ein Geschenk!“
Das erzählte der Rektor nun im Mitarbeitermeeting – ob das nun immer gut ist vor und im Beisein des versammelten Kollegiums … Christina wusste gar nicht, wie ihr geschieht. Aber ein schönes Zeugnis ist das allemal. Da wir aus seinem Mund schon ganz andere Worte gehört haben, bleibt dabei jedoch ein wenig Skepsis.

Bei einer Begegnung mit Dennis, der mit seiner Familie in der Nachbarschaft von Jui lebt und für uns immer wieder zum Segen geworden ist, meinte dieser: Auch er habe schon viel über uns beide, aber gerade auch über Christina als Dozentin gehört. Einige der neu beginnenden Studierenden haben sich genau aus diesem Grund – wegen Christina – beim T.E.C.T. eingeschrieben. Wow. Das freut und beschämt.
Wie es eben so ist, fragt man sich gelegentlich schon, ob unser Hiersein etwas bewirkt – ob das alles etwas bringt, was wir hier tun, aufgeben, opfern, durchleiden. Das bleibt nicht aus – vor allem, wenn man auch anderes hört, erlebt und wahrnimmt. Unser Kopf sagt, sicher doch – aber Herz und Gefühl stehen nicht immer kongruent dazu.
Anderes wird sich wahrscheinlich nicht ändern. Die Kommunikation bleibt schwierig. Christina erfährt meist durch Studenten von Terminen oder wann sich etwas ändert – mitunter erst einen Tag im Voraus. Von der Leitung kommen selten Informationen. Wenn von ihr Liedbegleitung, ein musikalischer Beitrag (Matrikulation / Jubiläum / etc.) oder ein Wortbeitrag (Gebet oder Urkundenverleihung) gewünscht wird, geschieht das meist spontan – während des Programms.
Weil sie das inzwischen weiß, fragt sie nun immer einige Tage vor großen Veranstaltungen, was von ihr gerade im musikalischen Bereich erwartet wird. Es ist einfacher, ein spontanes Gebet zu sprechen (geht inzwischen sogar radebrecht auf Krio), als ohne Vorbereitung ein festliches Präludium zum Einzug der „Ehrengarde“ zu spielen oder eine ihr unbekannte englische Hymne vorzugsweise in Des-Dur mit 5 B‘s (was um alles in der Welt sind B‘s???). Da hier fast niemand ein Instrument spielt, stellen sich die Leute vor, dass das so funktioniert wie Lesen. Wozu vorbereiten? Klappt doch alles irgendwie… So kommen dann auch nach jedem offiziellem Event Leiter auf sie zu und meinten, sie müsste auch Musik unterrichten – andere bitten Christina ihnen das Klavierspielen beizubringen – kann ja nicht so schwer sein. Christina dankt und lehnt zur Verwunderung aller ab.

Wenn ein US-Sponsor da ist, hält er eine Vorlesung oder Seminare, manchmal nur für die Dozenten, oft für die gesamte Studiengemeinschaft. Dann fallen die Vorlesungen einfach aus und das erfährt Christina selten zu Beginn des Semesters, wenn geplant wird, wie man den Stoff in die vorhandenen Stunden unterbringen kann. Man muss deshalb flexibel sein, improvisieren und um viel Liebe und Geduld beten. Wir beten hier häufig, viel, anhaltend – beständig!!!
Nachdem nun eine weitere Dame am T.E.C.T. lebt, die Frau eines Dozenten mit einer Ausbildung in Seelsorge, soll diese sich nun mit der Tutorin (Dean of Students) vor allem um die Belange der Studentinnen kümmern – als Campus-Seelsorgerin. Christina soll, weil sie das ohne offiziellen Auftrag schon lange macht, wenn auch meist für männliche Studenten, mit in diesem Team sein – wunderbar.
Es ist gut, das Augenmerk auf diesen Bereich zu legen. Vertrauen zwischen Studierenden und Dozenten gibt es kaum. Das hat unterschiedliche Gründe. Generell herrscht in dieser Kultur wenig Vertrauen. Zu viel Angst und das Erleben, dass Persönliches missbraucht wurde, um Leute klein zu machen oder zu demütigen. Zum anderen ist das Gefälle Herr – Knecht einfach zu groß. Die Frage aber bleibt – wohin mit dem Erleben, mit Fragen und Nöten?

Ein Student postete auf WhatsApp das Bild eines Kleinkindes – wie wir entnahmen, seines Sohnes. Es sah aus, als wäre dieser verstorben und als Christina nachfragte, war das auch so – überraschend verstorben. Der trauernde Vater bleibt Student – das Leben geht weiter.
Weil sie kaum eine andere Möglichkeit haben, damit umzugehen, machen sie es eben auf diese Art und Weise publik. Als Christina weiter fragte, wie es ihm dabei geht, konnte sie kurzzeitig die Not und Trauer wahrnehmen. Aber erst dann und auch nur für einen Moment. Ansonsten lässt sich der Student nichts anmerken. Seine Kommilitonen haben keine Ahnung. Der Leiter des Fachbereichs Theologie bekam nur durch Christina davon mit. Sie hatte es weitergegeben, weil der Student eine Woche lang (unentschuldigt) fehlte. Von daher ist es gut, richtig und wichtig, nun einen Schwerpunkt auf diesen Bereich am T.E.C.T. zu legen.
Durch ihre Art und Weise hat Christina sich mit der Zeit Vertrauen erworben. Manche nehmen sie inzwischen gern in Anspruch. Nun hat sie hierbei Unterstützung und Hilfe. Und weil es nun drei Personen in diesem Bereich gibt, sollen sie auch ein ordentliches „Büro“ bekommen und dafür nutzen dürfen. Christina trifft sich ja überwiegend am Brunnen unterm (Tore) Baum oder unter dem Vordach unserer Garage. Sie hat zwar „offiziell“ ein Büro zugeteilt bekommen, zusammen mit einer anderen Dozentin. Da diese von außerhalb ist, den Schlüssel hat und selten da ist, kann Christina diesen Raum nicht nutzen. Der Raum ist außerhalb der Vorlesungszeiten eh in einem abgeschlossenen Gebäude, zu dem sie zudem keinen Zugang hat.
Jetzt also sprechen sie von einer kleinen Abstellkammer, die etwas renoviert als Besprechungszimmer genutzt werden soll. Christina gab Ralf den Auftrag, ein kleines Vorhängeschloss mit drei Schlüsseln zu besorgen, damit jede der Damen ihren eigenen Schlüssel hat und unabhängig von den anderen den Raum nutzen kann. Ralf meinte, dass er das gerne macht, aber seine Zweifel hat, ob dieser Raum noch vor Ablauf der vertraglichen Jahre hier zur Verfügung stehen wird. Worte, Versprechen, Zusicherungen sind hier wie Wasser – es fällt heftig und verdunstet umgehend.

Bis zum aktuellen Zeitpunkt (5 Wochen nach ersten Vorschlägen) hat sich bezüglich des Raums noch nichts getan.
Wie auch immer, die Studenten lieben ihre Mum Christina – was in Zeilen, Gedichten und Liedern zum Ausdruck kommt. Ob als offenes Ohr, mit ermutigenden Worten, durch anhaltendes Gebet, versorgende Hände, als Lehrerin, Verkündigerin, Beichtschwester oder Ermahnerin – great job Mummy Dohring!
Und immer wieder wird sie dann auch gefragt und eingeladen, in deren Gemeinden die Predigt oder eine Referatsreihe zu halten. Warum Christina nur so müde ist, fragt sie sich gelegentlich – ja warum nur ….