Thanksgiving

Wieder mal war Christina von einem ihrer Studenten zu einem besonderen Gottesdienst eingeladen – einem Thanksgiving Gottesdienst der Jugend. Das bedeutet, die Jugend verantwortet den Gottesdienst, bereitet Programmpunkte vor und übernimmt die Teile des Gottesdienstes.

Christina mit Pastor Paul

Ihr Student, Pastor Paul, arbeitet neben dem Studium in dieser Gemeinde als stellvertretender Pastor und ist die rechte Hand seines Seniorpastors.

Die Gemeinde liegt in Waterloo, ziemlich abseits der Hauptstraße. So haben wir vereinbart, wir nehmen Pastor Paul mit und er dirigiert uns zu seiner Gemeinde.

Kurz bevor wir los wollten, erfuhren wir, dass wir noch vier weitere Personen mitnehmen sollten. Alle müssen in ihre Gemeinden nach Waterloo und der Transport ist für Studenten recht teuer, von daher wird jede Gelegenheit genutzt. Aus diesem Grund hat Ralf bei den meisten Fahrten von und nach Freetown Studenten und Familienangehörige vom Compound des T.E.C.T. im Auto.

Total normal

So fuhren wir also mit sieben Personen nach Waterloo. Christina und Ralf auf den beiden Plätzen vorne – vier Studenten auf der Rückbank und eine Person im Kofferraum, also ein völlig normales … und noch unterbesetztes Taxi für Sierra Leonische Maßstäbe.

Nachdem wir die anderen vier Personen an ihren Punkten entladen haben, ging es zur Gemeinde von Pastor Paul weiter. Gut, dass er dabei war, wir hätten es alleine nicht gefunden. Hier gibt es ja kaum Straßennamen oder Hausnummern und die Strecke war wirklich interessant.

Wir kamen pünktlich an: ein großes Gebäude mit zwei Stockwerken auf einem gesicherten Gelände mit hoher Mauer. Im unteren Bereich, erfuhren wir, ist eine Schule mit zweihundert Schülern eingerichtet. Im ersten Stock befindet sich ein großer Gottesdienstraum und dahinter Wohnräume für Seniorpastor und Büros.

Die Grace Evangelical Ministry Church

Der Raum war eher einfach gehalten – das auffälligste wie meistens sind die Lautsprecheranlagen. Wir haben aus schmerzlicher Erfahrung immer einen Schutz für die Ohren dabei. In diesem Fall griff Ralf auf diese Hilfsmittel zu.

Mit dem ersten Lied zogen die Verantwortlichen für den Gottesdienst von hinten mit einer festlichen Prozession ein: Jugendchor – Pastoren – Diakone. Wenn die Jugend den Gottesdienst verantwortete, gibt es etliche Lieder und musikalische Beiträge. Da auch Jugendvertreter aus drei umliegenden Gemeinden anwesend waren, gaben auch diese jeweils einen Liedbeitrag.

Bevor Christina mit der Predigt loslegte, kam die Begrüßung und Vorstellung der Gastpredigerin. Es war interessant, was hier alles so neben dem üblichen CV erwähnt wurde: Eine demütige Pastorin, die nach den Feiern auf dem Campusgelände beim Müllsammeln zu finden ist. Das erleben sie hier halt nie. Kein Leiter würde diese Arbeit machen oder sich mit den „einfachen“ Leuten eins machen. Auch ihre vertrauensvolle und ermutigende Art fand Erwähnung.

Dann kam nach der Textlesung die Predigt … auf Krio. Schon geraume Zeit versucht Christina in der lokalen Sprache zu predigen. Sie arbeitet es aus und geht mit ihrem Krio Lehrer darüber, um diese dann zu halten. So auch hier. Überall sind die Leute überrascht, dass eine Weiße sich darauf einlässt. Bevor gefragt wird: nein, Ralf predigt nicht auf Krio – auch wenn er zu Beginn versucht hat, die Sprache zu lernen, so blieb es beim Versuch. Sprachen waren noch nie seine, eher Christinas Begabung. Er predigt auf Englisch und wird auch verstanden.

es waren noch zwei andere Jugendgruppen da und nun auch Boney M

Der Seniorpastor war wegen des Krio überrascht. Er tippte Ralf an, das er das ja gar nicht wusste und begeistert ist.

Nach der Predigt gab es dann das übliche Sponsering. Bei einem Thanksgiving geht es darum, als Gemeindegruppe möglichst viel Geld für die Gemeinde zu sammeln und feierlich zu übergeben.

So standen in zwei Aktionen die Jugendlichen im Halbkreis vorne mit einer Tüte oder einem Behältnis in der Hand, um Geld entgegen zu nehmen. Bei der ersten durfte jeder nacheinander singen und vortanzen, bis aus der Gemeinde Leute kamen und Geld gaben – der/die Sänger/in also „erlöst“ wurden. Die Aktion heißt wirklich Redemption / Erlösung. Bei der anderen sollte man einfach so nach vorne kommen, um seinem oder mehreren Favoriten Geld zuzustecken.

Und zu guter Letzt kam eine Aktion, die wir schon kannten. Wer 20 Leones zahlt, bekommt einen Lolly – wer 10 Leones zahlt, bekommt ein Bonbon. Das Merkwürdige war nur, Lollys und Bonbons sollte man dann an den Seniorpastor geben … – wahrscheinlich verteilt dieser alles im Anschluss an die Kinder (wäre doch schön!).

Nach welchen Kriterien man wohl gibt ….?

Dann sollte jeder Geld geben, bekam einen kleinen roten Streifen und heftete diesen an die Kleidung von jemandem, den man ermutigen und wertschätzen möchte. So erhielten auch Christina und Ralf ihre Auszeichnungen.

Diese Art – wir nennen es Auktionen – fällt uns in einem Gottesdienst eher schwer anzunehmen – auch wenn es hier völlig normal ist und ein großer Spaß mit viel Lachen ist.

Die „beste“ Sammlerin oder Fundraiser heißt das ja heute, erhielt eine Urkunde

Die musikalischen Beiträge hingegen mit ihren teils deftigen Tanzeinlagen sind große Klasse und begeistern auch uns. Bei einem Medley der drei Jugendchöre zusammen kam sogar Boney M vor.

Am Ende gab es eine Überraschung. Nicht nur wurde Christina von vorne gedankt, die Jugend hatte für sie ein Geschenk vorbereitet. Ein großes eingerahmtes Bild von Christina in der Christusgemeinde Siegburg mit dankbarer Widmung. Das hatten sie wohl auf Facebook vom Jubiläumsgottesdienst im Sommer gefunden, kopiert und verwendet – eine echt nette Überraschung.

Christusgemeinde on my mind und nun hängt sie bei uns in Jui im Flur

Nach gut 2,5 Stunden waren wir fertig und machten uns wieder über Stock und Stein auf den Rückweg nach Jui. Eine gute Atmosphäre, ein bunter Gottesdient und gesegnete Erfahrung. Für Christina ging es um 18 Uhr mit der Chapel am T.E.C.T. beim Abendgottesdienst weiter. Die kommende Woche ist „Spiritual Emphasis Week“, eine geistliche Rüstwoche.