Der Alltag beginnt

Wie gewohnt standen wir gegen 6 Uhr auf, um uns für die Fahrt zur Schule fertigzumachen. Auch wenn die Schule schon seit einer Woche lief, hatten wir in Absprache mit der Rektorin entschieden, erst später zurück zu fliegen.

60 Jahre ein Grund dankbar zu sein

Die Eltern von Christina hatten nämlich ihren 60. Hochzeitstag. Solch ein Anlass darf und soll nicht einfach ignoriert werden oder in Abwesenheit vergehen. So konnten und durften wir diesen besonderen Moment noch im Kreise der Familie feiern – wer weiß, wie lange solches noch möglich ist und ob wir die Eiserne noch feiern dürfen?

Was sich in der Fahrt nach Jui (nachts) bereits angedeutet hatte und wir im Vorfeld mehrfach hörten – die Regenzeit war in diesem Jahr ungewöhnlich ausgiebig und heftig. Wir haben Bilder und Filme mit Überschwemmungen von ganzen Straßenabschnitten und Orten gesehen. All das hinterlässt Spuren – bzw. Löcher – Risse – Abtragungen.

Jui Junction

Nach Jahrzehnten der Ankündigung, die Straße in Jui zu bauen – wurde es ja seit letztem Jahr tatsächlich begonnen. Ein ¾ Jahr wurden Seitenkanäle gezogen – Löcher gefüllt – die Straße angehoben – begradigt und zumindest für zwei der 5km langen Straße eine feine Kiesschicht aufgelegt. Abgesehen vom gewaltigen Staub war das Fahren bis Mai wunderbar.

Doch da gab es ja die Stimme, die meinte, wenn vor Beginn der Regenzeit nicht die Asphaltierung vorgenommen wird, war alles umsonst. Mann hofft, bangt, ärgert sich – aber bei der Arbeitsweise, die wir hier wahrgenommen haben, wurde daraus natürlich nichts. Jui Road die Unvollendete …

Wassermassen – tagelang

Der viele und heftige Regen hat deshalb innerhalb von drei Monaten die Arbeit eines Dreivierteljahres zunichte gemacht. Die Jui Straße ist genauso schlimm wie vorher bzw. abschnittsweise noch schlimmer. Eine Kamelroute – geschüttelt, nicht gerührt – eine hallo wach Straße – schlecht für Mensch und Gefährt. All die Zeit, Aufwand und Geld – gut – ok – die Kanäle an der Seite sind noch vorhanden, wenn auch mittlerweile mit dem Abfall der Dorfgemeinschaft gut gefüllt. Welche Verschwendung!

Lost in Space

Aber auch über Jui hinaus sind unzählige Straßen betroffen. Die Jui Kreuzung wurde zum Teil aufgerissen, um die tiefen Löcher und Schäden zu reparieren. An anderer Stelle große und tiefe Löcher, da kommt man nicht wirklich vorbei – Kawoom! Auf der Bergstraße nach Freetown rein heißt es aufmerksam fahren, um rechtzeitig den neuen Löchern auszuweichen. Brückenabschnitte sind unbefahrbar und werden repariert.

An unzähligen Stellen steigt das Wasser – überflutet Märkte, Straßen und Gebäude

Einen Tag nach unserer Ankunft ist aufgrund der starken Regenfälle ein siebenstöckiges Wohngebäude in Freetown in sich zusammengefallen. Am Hang gebaut hat der viele Regen das Fundament unterwandert und weggetragen – es stürzte ein! Unglücklicherweise am Feiertag – viele Kinder waren nicht in der Schule und Menschen in ihren Wohnungen. Es gab etliche Tote zu beklagen. Auch hier wahrscheinlich Pfusch am Bau. Manchmal fällt es schwer, das unermessliche Leid in diesem Land wahrzunehmen.

Ein siebenstöckiges Gebäude – das Fundament weggewaschen

Doch zurück zum ersten „Alltag“: Nachdem Ralf Nathanael bei der Schule abgesetzt hatte, machte er sich auf den Weg zu Orange, um Internet und Telefonieren wieder möglich zu machen – das monatliche Update. Das ganze dauerte eine gute Stunde – der Feiertag hatte wohl so manches durcheinander gewirbelt.

Anschließend auf zur Bank, Geld abheben. O Schreck, die Bank war überfüllt – nach einem Feiertag oder Wochenende zu kommen, scheint auch hier nicht gut zu sein. Wie gut, sich immer vorher beim Filialleiter einen Termin bestätigen zu lassen. Trotzdem – auch hier ging unter einer Stunde Wartezeit nichts.

Danach zum Einkaufen in den Supermarkt – so langsam füllen sich die Vorräte bis zum Normalzustand.

Dann war es schon wieder Zeit, um nach Freetown zur Schule zu fahren. Auf dem Weg dorthin wurde Ralf zum vierten Mal an diesem Tag für eine Fahrzeugkontrolle angehalten – das ist tatsächlich Rekord! Und immer mit dem gleichen Ablauf: Stets Freundlich – „Hallo – o Baptist Convention (steht auf dem Auto drauf) – Missionary (auch) – ich finde es toll das ihr da seid – ich bin auch Christ“ usw. small talk eben. Einer wollte dann doch den Führerschein sehen, um sich dann über das Bild darauf kaputt zu lachen – sieht auch komisch aus.

Jui Road die Straße der 1.000 Hügel und Seen

Die Kameras hier sind auf schwarze Menschen eingestellt – Weiße nicht vorgesehen und so sieht das Bild sehr … blass aus (überbelichtet). Eine andere Kontrolleurin hatte direkt auf der Straße gestanden und musste aus dem Weg „springen“ (so sie), als Ralf ankam. Klar, Ralf hätte sie auch einfach über den Haufen gefahren … Weil sie ob dieser Aktion doch nun Kopfschmerzen hat, muß sie nun Medizin kaufen. Das Geld dafür, sollte nun der Agressor geben. Der wiederum argumentierte, daß sie ein kostenloses Fitnesseinheit erhalten hat und dankbar sein kann. So trennten sich dann die unterschiedlichen Betrachtungsweisen und jeder zog seiner Straße. Ja man kann hier sehr kreativ sein um Fördermittel zu erhalten.

Gegen 16 Uhr waren wir wieder am T.E.C.T. – Nathanael hat seinen ersten Schultag erfolgreich hinter sich gebracht und damit den ersten Schritt zum neuen akademischen Jahr – beten wir, dass alles gut läuft.