Durch die Begleitung der Studierenden erleben wir unglaublich interessante, beeindruckende und mitunter auch erschütternde Lebensgeschichten. Eine davon ist die von Blessing. Er hat mit dem Studium am T.E.C.T. begonnen. Er ist sehr jung und zurückhaltend. Irgendwann suchte er das Gespräch mit seiner Dozentin Christina – er bat um Gebet für seine kranke Mutter. Daraus wurden dann im Verlauf individuelle Bibelstunden. Er will noch mehr lernen als es der Unterricht möglich macht.

Blessing ist erst seit zwei Jahren Christ. Im Verlauf der Treffen erzählte er immer mehr von seiner Geschichte. Seine Familie hält sich zum Islam. Sein Vater ist nicht nur ein islamischer Geistlicher, er ist auch ein Herbalist (Magier/Hexer). Mit Hilfe von spirituellen Mächten werden Krankheiten behandelt, Menschen verflucht, Leben beeinflusst.
Diese Mächte sind in Sierra Leone überall präsent. In jeder Stadt, in jedem Dorf findet man Anzeichen: Opfergaben an Wegkreuzungen, Flaggen, die Böses abwehren sollen, Amulette, Tier- und sogar Menschenopfer sowie besondere Rituale in bestimmten Lebensphasen. Beispielsweise muss man das Unglück rituell im Fluss „abwaschen“, wenn ein Familienmitglied gestorben ist, und dafür Tiere opfern.
Die Societies bedienen sich ebenfalls dieser Mächte. Ein Baptistenpastor in Lunsar wollte nicht, dass die Societies sich auf dem Gelände der Baptisten am Brunnen für ihre Rituale Wasser holen. Daraufhin wurde er von einer Society entführt und gefoltert. Erst nachdem viele Pastoren den Chief und die Polizei aufgefordert haben, etwas zu unternehmen, und parallel dazu Gebetstreffen abgehalten haben, konnte der Pastor am selben Tag lebendig, aber gezeichnet aufgefunden werden.

Das Böse ist eine Realität. Wenn viele Menschen in Europa darüber lächeln und es den Abgründen der Seele zuschieben, so weiß ein Christ: ja, das Böse gibt es! Jesus redet sehr klar darüber. Das Böse hat Macht! In Europa scheint es verdeckt bzw. stellt sich anders dar, hier tritt es sehr offen zutage.
Denn hier haben die Menschen diesen kulturellen Umgang mit den Geheimbünden und mit Hexerei im wahrsten Sinne mit der Muttermilch aufgesogen. Sie haben das böse Wirken kennen und fürchten gelernt. Sie haben die Macht, die dahinter steht, erlebt. So ist es nicht leicht, aus dieser Kultur einen neuen befreiten und erlösten Blick darauf zu werfen. Zu groß sind die Ängste.
Aber zurück zu Blessing. Sein Vater ist „herbalist“, Hexer und Imam. Von klein auf war Osman dabei. Er lernte die Rituale des Vaters kennen, assistierte ihm, und lernte den Koran sowie die Lehren des Islam auswendig. Bald erteilte er selbst Koranunterricht. Er spricht fließend Arabisch und kann die Suren des Koran sowohl auf Arabisch als auch auf Englisch zitieren.

Vor zwei Jahren trat Jesus an ihn heran – kein Pastor – kein Christ. In seinem Dorf gab es keinerlei christliche Gemeinde. Aber Jesus machte sich in einem Traum bemerkbar. Fortan weigerte Blessing sich, weiterhin Koranunterricht zu erteilen und seinem Vater bei den Ritualen zu helfen. Als der das mitbekam, war er furchtbar wütend. Er verlangte von Blessing, dass dieser zum Islam zurückkehrt. Blessing konnte nicht, lehnte ab.
Der Vater sperrte ihn in einen kleinen Raum, übergab ihn der Polizei, sperrte ihn erneut ein. Der junge Mann wurde gebunden, ausgehungert, geschlagen und gefoltert. Er würde aus dem Raum nicht mehr herauskommen, wenn er weiterhin Christ bliebe.
Irgendwann gelang es Blessing durch ein Fenster zu fliehen. Er hatte niemanden – wohin also? Zur nächsten christlichen Kirche in der Gegend und um Hilfe und Schutz bitten. Doch auch dort suchte ihn der Vater – er zerstörte die gesamte Inneneinrichtung der Kirche. Sein Sohn entkam knapp. Auf Raten des Pastors zog Blessing in die Stadt. Hier wollte er mehr von Jesus lernen. So war das Theologiestudium am T.E.C.T. für ihn eine optimale Möglichkeit. Ein Pastor ermöglicht es ihm. Er möchte noch mehr von Jesus wissen. Diese Bibelstunden sind für Christina sehr interessant, da er Koran und Bibel vergleicht.

Blessings Leben ist sehr hart. Er hat nichts. Durch die Barmherzigkeit eines Pastors darf er in einem Laden übernachten. Tagsüber muss er seine Sachen wegräumen und den Ort verlassen. Er erlebt jedoch, dass Gott für ihn sorgt.
Da sein Vater ihn immer noch sucht, um ihn zu bekämpfen, kann Blessing nicht nach Hause zurück. Er hat jedoch Kontakt zu seinem Bruder. Sein großes Anliegen jedoch ist es, nach dem Studium in sein Dorf zurück zu kehren und allen von Jesus zu erzählen. Besonders betet er für seinen Vater, dass der sich mit Gott versöhnen lässt, bevor er stirbt. Er möchte ihnen allen einen Gott offenbaren, der sie wahrhaftig liebt und ihnen Erlösung vom Bösen schenkt. Angst hat er nicht. Er weiß sich ganz unter Gottes Schutz. Das hat Christina sehr beeindruckt.
Dann ist da noch Joseph, auch ein junger Student am T.E.C.T. Um sein Studium und Leben zu finanzieren, nimmt er nebenher Jobs an. So arbeitet er an einer Schule als Lehrer. Er ist gut – die Schule möchte ihn behalten – aber zahlen können oder wollen sie ihm nichts … Wir beten seit längerem, dass er einen bezahlten Job findet, von dem er Studium und Leben finanzieren kann.
In einer seiner Klassen ist ein junges Mädchen von 9 Jahren. Joseph hat wie allen anderen auch ihr immer wieder geholfen. Er ist gut zu seinen Schülern. Keiner verstand, warum das Mädchen auf einmal die Absicht hatte, Joseph zu töten – sie wurde überrascht, als sie versuchte, eine Mitschülerin zu verzaubern, die daraufhin ohnmächtig wurde. Die Lehrer griffen sofort ein und beteten für das betroffene Mädchen. Sie überlebte. Bei der anschließenden Befragung der Angreiferin kam heraus, dass Joseph der nächste sein sollte.
Im Verlauf offenbarte sich, dass die Großmutter des Mädchens eine einflussreiche Hexe ist, die es von klein auf an ihre „Künste“ herangeführt hat. Lehrer Joseph geriet ins Visier, weil er freundlich zu dem Mädchen war. Niemand darf zu einer Hexe einfach freundlich sein, deshalb sollte sie ihn töten. Gutes ist schlecht – Böses ist gut – welche Verkehrung!
Zur Strafe wurde das Mädchen erst öffentlich gedemütigt und dann der Schule verwiesen – es folgen Untersuchungen. Obwohl nun alles vom Tisch sein dürfte, haben einige Lehrer und Schüler daraufhin die Schule verlassen. Zu groß ist die Angst vor dem Bösen. Die Großmutter des Mädchens jedoch kommt ungestraft davon.
Joseph war schockiert, aber auch dankbar für Gottes Schutz. Er weiß, dass sein himmlischer Vater über ihm wacht. Jesus ist stärker als alle Flüche dieser Welt.
