Semesterende

Das Semester neigt sich dem Ende zu. Es gibt keine Vorlesungen mehr, dachte Frau. Die nächsten Wochen sollten damit gefüllt sein, Hausarbeiten und anschließend Examen zu korrigieren.   

Wie der Anfang so auch das Ende – alles unüberschaubar und flexibel. Da in diesem Semester einige Vorlesungen durch anderweitige T.E.C.T. und BCSL Angelegenheiten (Blockseminar und Jubiläum) beeinträchtigt waren, ist Christina mit ihren Vorlesungsinhalten nicht ganz durchgekommen. Andere Dozenten auch nicht. So hat sie in der letzten Vorlesungswoche mit ihren Studenten Zusatztermine vereinbart, um den Stoff nachzuholen.

Das war nicht leicht bei all den Terminen. So waren alle glücklich, als es geschafft war.

Doch dann entschied der Rektor spontan, die Vorlesungszeit mal eben um eine Woche zu verlängern – am letzten Tag wurde dieses verkündet – weil ja in diesem Semester so viel Unterricht ausgefallen ist!

Also lief nun alles noch eine Woche länger. So konnte Christina eben vertiefen und wiederholen. Dass sie eine der letzten war, die informiert wird und alles immer etwas anders abläuft, ist ja bekannt und dennoch anstrengend. Zudem sie nun auch andere Sachen wieder umlegen musste. Auch das neu terminieren kostet einfach Zeit – denn die Kommunikation hier ist durch mangelhafte Infrastruktur nicht leicht. Die Studenten, wie alle anderen auch, sind immer sehr beschäftigt – Hausarbeiten – Berichte und auf die Examen lernen und kaum funktionierende Handys.

Die Abschlußklasse Theologie

Christina gehört zu denen, die ihre Termine und Fristen im Griff und Blick hat – damit ist sie eine Ausnahme. Deutsch eben. Also hatte sie auch ihre Prüfungsfragen bereits vor dem erforderlichen Termin eingereicht und abgegeben. Am Freitag, wir waren gerade auf dem Weg ins Wochenende, erhielt sie eine Whatsapp Nachricht, dass sie noch zwei weitere Prüfungsfragen einreichen soll – besser ist besser – bitte bis morgen!?!

Die Examensprüfungen werden von externen Prüfern korrigiert, die man mit sämtlichen Material versorgen muss. Folglich reicht es nicht, einfach zwei zusätzliche Fragen zu erstellen. Man muss auch ausführlich darauf eingehen, welche Antworten erwartet werden. Also sollte man überlegt haben, was man tut.

Das Motto des T.E.C.T. lautet „spiritual, moral, and academic exellence“. In unserer Kultur ist academic excellence nicht gar so spontan.  

Nun ist auch die Zusatzwoche herum. Die Studenten sind überall auf dem Campus zu sehen um zu lernen und den Stoff zu büffeln – neben dem Leben und der Arbeit, die sie auch noch machen müssen. Da hier Schlaf wahrlich zu kurz kommt – denn wer schläft, gilt als faul, hört und sieht man auch nachts die Studenten lernen – wie effektiv – das wird man sehen. Nicht umsonst stehen Studenten im Unterricht schon mal auf und gehen umher, um nicht im Sitzen einzuschlafen.

Hier ist die Luft einfach besser zum Lernen

Christinas Zeit ist nun erfüllt mit Lesen und Prüfen der Hausarbeiten und daneben hat sie unzählige Termine mit Studierenden – einzeln oder mehreren, die zum einen Fragen zur Vorlesung haben, die Bibel besser verstehen wollen oder seelsorgerlichen Rat suchen. Mummy hat teils bis zu fünf solcher Gespräche am Tag – unterschiedlicher Länge. Sie ist bei den Studenten sehr geschätzt und respektiert. Und selbst wenn das mitunter bis nach 20 Uhr geht – sie hat Freude daran und es erfüllt sie mit Dankbarkeit.

Normalerweise sitzt sie seit Semesterende mit dem jeweiligen Studenten an ihrer „Büroaußenstelle“ – beim Brunnen. Der liegt direkt neben dem Haus, in dem wir wohnen und unter einem Mangobaum im Schatten. Mit Mückenschutz aufgetragen – sicher ist sicher. Jetzt aber hat die Regenzeit begonnen und so fällt diese Möglichkeit weg.

Einen Schlüssel für einen Klassenraum oder ein Büro zu erhalten ist aussichtslos. Es gibt nur einen Schlüssel und der ist meist bei einem der nicht greifbar ist ….

Bibelstunde – Lehren – Seelsorge (Büro Lecture Döhring)

So haben wir nun drei Stühle besorgt und sie eröffnete einen weitere Bürozweigstelle unter dem Garagendach. Frau muss eben flexibel sein – ist im hohen Alter nicht immer ganz leicht, aber möglich.

Es ist schon kurios was hier Studenten in Sierra Leone zugemutet wird und normal ist. Am Donnerstag nahm Ralf einen mit zur Junction – er hat kein Fahrgeld und muss nach Freetown um dort ein staatliches Examen zu schreiben – Mathematik erzählte er. Dieses Examen ist nötig, um studieren zu können. Sind die Noten in einigen Fächern nicht gut genug, haben sie die Möglichkeit, in ihrem ersten Studienjahr die Prüfung zu wiederholen und sich zu verbessern.

Als er Christina davon erzählte, meinte diese nur, dass das heute gar nicht stattfindet! Das hatte ihr ein Student aus Lunsar (Provinzen) per Whatsapp mitgeteilt. Da wäre ein offizielles Schreiben des Schulministeriums einen Tag zuvor ergangen, in welchem das entschieden und veröffentlicht wurde. Diese Kurzfristigkeit ist aber für Menschen, die kein Handy – kein Strom oder kein Guthaben mehr haben, schwer zu erhalten … Später wurde bekannt, dass die Fragen samt Lösungen im Internet aufgetaucht sind, um daraus Geld zu machen. Daraufhin musste die Behörde kurzfristig reagieren.

Hinterm Haus im Schatten (bei Regen Aussenbüro)

In der ersten Prüfungswoche erfuhren die Dozenten vom T.E.C.T., dass am kommenden Mittwoch von 9 – 11 Uhr eine Fortbildungsmaßnahme für den Lehrkörper angesetzt ist. Es hat sich ein Team aus Großbritannien angemeldet und die Teilnahme ist verpflichtend. Dass eigentlich von 9 Uhr bis nachmittags die Examen geschrieben werden sollten (wo der Lehrkörper als Aufsicht nötig ist), ist dabei nicht so wichtig.

Die Examen beginnen einfach zwei Stunden später …. – so haben dann auch die Studenten noch etwas mehr Zeit zum Lernen! Christina lernt mehr und mehr, sich von solchen Änderungen nicht mehr aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern es teilweise einfach auf sich zukommen zu lassen. Es ist eh viel zu heiß um den Teint zu wechseln.