Schulen sind ja nicht jedermanns Sache – vor allem in einem bestimmten Alter. Aber sie sind notwendig – nun ja, auch das würde manch einer bestreiten. Also wie auch immer, hier in Sierra Leone gibt es jede Menge davon und doch scheint es, gibt es nicht genug!

Sierra Leone ist, was das Durchschnittsalter mit ca. 19 Jahren angeht, eine junge Nation – also sehr, sehr viele Kinder. Anders als Deutschland. Bildung ist wichtig. Die Elterngeneration kann vielfach weder lesen noch schreiben. Das soll sich ändern und so wurde die allgemeine Schulpflicht eingeführt.
So gibt es auf der einen Seite die staatlichen Schulen, die von der Regierung „getragen“ werden und auf der anderen Seite die unabhängigen Schulen. Vielfach bezeichnen diese sich als „internationale“ Schulen, um sich von den staatlichen abzuheben – müssen sich dafür aber auch komplett selbst finanzieren. Sie erhalten keinerlei staatliche Unterstützung, auch nicht für die Lehrer, so wurde uns das jedenfalls gesagt.
Ob nun staatlich oder unabhängig, für alle Schulen muss man ein jährliches Schulgeld zahlen. Die Höhe ist unterschiedlich und legt jede Schule selber fest.

Gerade haben wir ein Statement vom Bildungsminister gehört, in welchem er vollmundig verkündet, dass die staatlichen Schulen Bildung umsonst anbieten sollen – so der Plan. Aber er selber weiß, dass dies nicht umgesetzt wird und auch die staatlichen Schulen Schulgebühren verlangen. Das umzusetzen – um diese Kultur zu verändern, so er, darüber werden wohl noch viele Jahre ins Land gehen. Klingt nach einem Plan – Bildung ist Pflicht und kostenfrei – Alaaf / Helau.
Denn auch wenn es eine Schulpflicht gibt, heißt dies keineswegs, dass alle Kinder zur Schule gehen. Gerade auf den Dörfern nicht – mitunter gibt es dort gar keine Schule oder der Weg bis zu nächsten ist einfach zu weit und nicht bezahlbar. Vielfach fehlen auch einfach die Lehrer, die bereit sind, in abgelegene Regionen zu gehen.
Zum anderen benötigen Eltern ihre Kinder bei täglichen Aufgaben (Wasserholen – Waschen …) oder um zu arbeiten – gerade in den von Russland betriebenen Diamantenminen werden am liebsten Kinder eingesetzt.
Oft hören wir, dass Eltern die Schulgebühren kaum oder gar nicht aufbringen können. So bleibt das Kind zu Hause.
Gerade das ist ein Grund, warum es so viele „Privatinitiativen“ gibt. Meist sind es fromme Leute – Christen – oft Pastoren, die Abhilfe schaffen wollen.
Von AOOP und von Lunsar haben wir ja berichtet. Nun hatte Ralf zwei weitere …. Gelegenheiten.

John ist der Campus-Techniker. Er ist Analphabet und hat sich alles, was mit Strom – Kabeln – Elektrik etc. zu tun hat, selbst beigebracht und es über die Jahre an Schulen und an Auszubildende weitergegeben. Er meint immer, er kann weder schreiben, lesen und kaum englisch – und empfindet es als Makel. Dennoch betonen wir und er auch immer wieder, dass er mehrere Hundert junge Menschen ausgebildet und ihnen damit eine Zukunft gegeben hat.
John ist verwitwet, hat wieder geheiratet und seine Familie ist groß. Er ist mittlerweile 63 Jahre – aber ans Aufhören denkt er nicht – wie auch? Hier gibt es keine geregelte Rente.
Im letzten Jahr kam er auf uns zu – es war ihm sichtlich peinlich, um finanzielle Hilfe zu bitten. Seine Tochter hatte einen nicht leichten Schwangerschaftsverlauf und musste die letzten Wochen im Krankenhaus verbringen. Das hatte alle Ersparnisse aufgebraucht. Das Kind starb dennoch im Mutterleib und es wurde eine Ausschabung nötig, doch dafür hatte die Familie kein Geld mehr – können wir helfen? So halfen wir, was ihr das Leben rettete. Dafür war er uns unendlich dankbar.
Immer wieder kam er einfach nur mal auf ein Schwätzchen vorbei und erzählte im Laufe der Zeit mehr über sich und seine Familie. Die wollen uns gern kennen lernen und Danke sagen. So waren wir einmal bei ihnen zu Hause, lernten die Familie kennen – beteten für sie und konnten sein Umfeld wahrnehmen.

Er hatte einen Bruder, der hat in Kalaba Town / Freetown eine Schule und Gemeinde gegründet. Der Bruder ist bereits verstorben und die Schwägerin hat wieder geheiratet. Mit ihrem neuen Mann betreibt sie Schule und Gemeinde weiter. Die sollen wir gerne kennen lernen.
Das war ihm wichtig, merkten wir. Irgendwann machten wir einen Termin aus und Ralf fragte, was denn hierbei auf uns zukommen bzw. erwartet würde? Geld können wir nicht geben oder die Projekte unterstützen. Das geht nicht.
Nein, nein – das ist seine Familie und wir gehören ja nun auch zur Familie – nur kennen lernen und Zeit verbringen.

So machte sich Ralf mit John auf den Weg zur Gemeinde, in welcher die Schule betrieben wird. Für Gottesdienste und Bibel- bzw. Gebetstreffen muss stets alles umgebaut werden.
Ralf lernte die Pastorin und deren Mann (auch Pastor) kennen, Lehrer der Schule und Mitglieder des Kirchenvorstandes. Es war tatsächlich „nur“ ein Gespräch und Austausch und sie waren sehr, sehr dankbar für das Kommen und die mitgebrachte Zeit – das bedeutet den Menschen hier sehr viel. Aber natürlich ist da immer auch die Hoffnung, sie doch finanziell zu unterstützen … – tut uns leid.

Wir machten einen Rundgang durch die Klassen – hörten Begrüßung und Lieder – sagten Hallo und dann machte sich Ralf mit John wieder auf den Weg.

Er kommt aus einem Dorf in den Provinzen ganz im Osten (Kono), meinte John, das gehört mir bzw. der Familie. Da müssen wir mal hin, dass muss ich dir/euch zeigen. Na wunderbar, ein weiterer Field trip – schauen wir mal, ob und wann das sein wird – denn das wird wohl nicht an einem Tag hin und zurück möglich sein.

Ein weiterer Kandidat, der um Aufmerksamkeit ringt, ist Steven. Er ist einer der Security Leute am T.E.E.C.T. – er unterhält sich sehr gerne und sucht fleißig unsere Nähe. Wie andere auch unterstützen wir ihn gelegentlich unter anderem mit etwas Schulgeld für seine Tochter Favour.
Raff (mein Name ist schwierig für die Menschen hier!) ich möchte, dass du die Schule von Favour besuchst – mmh. Doch so schnell gibt Steven nicht auf. Deshalb besuchte Ralf schließlich mit Steven die Schule von Favour.

Auch hier fragte Ralf, was erwartet wird – Geld könne er keines geben!?! Nein, du bist ein Freund, du gehörst zur Familie, du hast Favour / die Familie unterstützt und da gehört es sich hier, das Schulkind an der Schule zu besuchen. Ah ja. Ralf hatte mehr den Eindruck, es wäre für Steven ganz wichtig – Favour verschwand nämlich ganz schnell, als Ralf in der Schule auflief …
Direkt am Eingang liefen sie der Eigentümerin bzw. Schulgründerin über den Weg: Pastorin Esther. So stellte Ralf sich vor. Sie führte ihn herum und im Büro unterhielten sie sich dann etwas.

Sie ist Pastorin der Huntington Connexion und hat diese Schule vor vielen Jahren als eine der ersten in Jui gegründet. Damals gab es dort noch keine staatliche Schule. Zudem waren die Schulgebühren an den staatlichen Schulen viel zu hoch. (Wir erinnern uns, der Bildungsminister meinte, staatliche Schulen sollen keine Gebühren nehmen, weil der Staat sie finanziert.)
Nun ja, wir hören von etlichen Seiten, dass der Staat durchaus „flexibel“ mit dem Wann des Bezahlens ist – nicht selten bleibt das Gehalt der Lehrer wochenlang aus.

Pastorin Esther erzählte, dass die Gebühren an ihrer Schule deutlich geringer sind – aber es dennoch etliche Eltern gibt, die selbst diese nicht zahlen können und sie deshalb die Kinder nach Hause schicken muss. Die kommen dann hoffentlich mit den Eltern wieder, um gemeinsam über eine Lösung nachzudenken. Die Schule hat knapp 500 Schüler und um die 30 Angestellte (Lehrer, Verwaltung etc.), die bezahlt werden müssen.
Interessant war zu erfahren, dass im Grunde alle Lehrer 1.500 Leones im Monat erhalten, sofern sie denn ein anerkanntes abgeschlossenes Studium haben. Bei bestimmten Qualifikationen oder Positionen (Schulleitung, Fachlehrer, etc.) kann es auch etwas mehr sein.

In den Privaten Schulen sieht das anders aus – wir wissen, dass dort die Gehälter, allerdings auch die Qualifikationen deutlich geringer ausfallen – ehrenamtlich oder 300 Leones – sie werden dann wie „Helfer“ bezahlt. Sie können einfach kaum höhere Gehälter zahlen – ansonsten müssten sie eben höhere Schulgebühren verlangen und das würde wiederum bedeuten, dass etliche Kinder die Schule nicht besuchen können.
So sind gerade die Privatinitiativen Projekte von christlichen Gemeinden und ein großes Gebetsanliegen.
