Lunsar 04-2024

Nun war es wieder soweit: das Blockseminar am BTS in Lunsar stand vor der Tür. Es hatte im Vorfeld eine ganze Weile gedauert, bis überhaupt klar war, an welchem Termin diese Fortbildungsmaßnahme für die Baptistenpastoren, die größtenteils aus Landgemeinden stammen, stattfinden würde.

Eine offizielle Einladung gabe es diesmal nicht

Knapp zwei Wochen vor Beginn hat dann endlich der Präsident zum roten Telefon gegriffen und sein O.K. gegeben – direkt die Woche vor Ostern – also bis einschließlich Karfreitag sollte die Maßnahme nun laufen.

Nicht nur für uns, auch für die Pastoren aus den Provinzen kam die Terminbekanntgabe spät. Für manche war dann auch eine Teilnahme nicht mehr möglich – letztlich ist es ja die Kar- und Osterwoche. Da haben doch gerade Pastoren ein paar Kleinigkeiten zu erledigen.

Zudem ist eine Anreise aus den Provinzen oder von weit, weit weg nicht einfach zu bewältigen. Mit Öffentlichen dauert die Reise 8 – 10 Stunden. Eine Strecke kostet rund 400-800 Leones, je nach Entfernung. Bei einem Gehalt von 200 – 300 Leones, wenn überhaupt, will das wohl überlegt sein. Eine Unterstützung für die Fortbildungsmaßnahme gibt es nicht, weder aus der eigenen Gemeinde noch vom Gemeindebund.

Die Transportmöglichkeiten werden bestmöglich ausgenutzt

Somit war diesmal der Kurs kleiner, statt 30 Personen kamen 17. Dafür war auch nur eine Dozentin anwesend. Es sollte auch nur zwei-drei Stunden Vorlesungszeit am Tag geben – die restliche Zeit war körperliche Arbeiten angesetzt.

Die Baptist Convention feiert Ende April in einer Festwoche ihr 50-jähriges Bestehen. Dafür gibt es noch ganz viel zu tun. Etliche Gebäude müssen gebaut werden. So auch das Konferenzgebäude. Dort möchte man im 2. Obergeschoss im großen, neuen Versammlungsraum die Tagung durchführen. Die Gäste sollen ebenfalls in neu gebauten Häusern untergebracht werden. Und so heißt es: alle Mann an Deck, anpacken und Opfer bringen.

Die Studenten zahlen die Anreise selbst, erhalten vor Ort Unterkunft – Lehreinheiten und die Verpflegung übernimmt Familie Döhring. Für die körperliche Ertüchtigung sorgt die Baptist Convention.

Als die Studenten dies mitbekamen waren sie „not amused“. Normalerweise haben sie 2 Wochen lang von morgens bis abends intensiven Unterricht mit zahlreichen Lehrern, am Wochenende gibt es Gemeindebesuche und praktische Einsätze. Diesmal eher Schmalspur-Fortbildung mit großer Ausbeute für die Konferenzvorbereitung. Das wurde ihnen natürlich im Vorfeld nicht kommuniziert – hätte sonst vielleicht den ein oder anderen Jona spielen lassen.

Erdgeschoß und 1er Stock stehen – der Konferenzsaal im 2ten Stock kann man erahnen – noch vier Wochen to go

Zu Beginn erfuhren wir dann auch, warum die Einladung zur Fortbildung so spät kam. Denn seitens des Präsidenten hätte diese gar nicht stattfinden sollen – der Fokus liegt komplett auf der Konferenz. Was ja auch ein Megaevent ist. Die Feier bzw. der Bau möchte ein monumentales Denkmal werden und hat oberste Priorität.

Doch da hat dann der Rektor vom BTS interveniert. Er hat mit Engelszungen die Wichtigkeit und Notwendigkeit von Fortbildung für die Pastoren dargelegt. Pastoren sind rar in diesem Bund. Außerdem kann die deutsche Missionarin im Sommer bei der nächsten Fortbildung nicht dabei sein – sie ist ja zwischen den Universitätsjahren stets in Deutschland. Zumindest ihr Unterricht sollte deshalb wie geplant stattfinden!

Zudem gibt es nur noch wenige Baptistenpastoren, die am T.E.C.T. studiert haben und diese werden in den nächsten Jahren in Ruhestand gehen. So gibt es in den Provinzen fast keinen, der überhaupt eine theologische Ausbildung hat. Es sind vielfach Quereinsteiger und die brauchen dringend fundierte Grundlagen. Gerade auf dem Land gibt es etliche Gemeinden, die keinen Pastor haben, weil es an Nachwuchs fehlt. Die theologische Ausbildung ist doch eine der Kernaufgaben und Anliegen der Baptist Convention – also eine absolut notwendige Investition für Gegenwart und Zukunft!?!

Im Wohnzimmer bei Pastorin Isatu

Diese Engelszungen sorgten für Gehör – auch wenn es etwas dauerte. Christina wurden 2 Vorlesungen (statt 3) zugestanden mit je einer Stunde pro Tag. Hier fing nun sie an zu verhandeln. Sie hat keine Chance, den Stoff in 5 Tagen herüberzubringen, wenn sie nur eine Stunde täglich pro Fach hat. Also wurde das auf 1,5 Stunden erhöht. Zusätzlich dazu durfte sie die Morgenandachten übernehmen.

Das Mittagessen wird vorbereitet

Um nun das meiste aus dem Tag zu machen, begann die Fortbildung täglich um 7 Uhr bis 12 Uhr mittags. Das Argument, dass ein voller Bauch auch besser arbeitet, ließ eine Mittagspause anschließen. Ab dann wurde körperlich gearbeitet. Sozusagen in einer Hand das Schwert des Glaubens und in der anderen die Schaufel – ein ganz biblisches Prinzip (Nehemia). Es wurden selbst produzierte Steine in den zweiten Stock geschleppt, Gästehäuser gereinigt, Gestrüpp geschlagen oder Müll beseitigt. Bei 40 Grad im Schatten ist das auch für Einheimische anstrengend und schweißtreibend.

Im Laden um die Ecke

Mum Christina ging morgens um 6 Uhr täglich zum Laden um die Ecke, um 20 Packungen Kekse als Frühstück für die Studenten und die Gastgeberin mit ihrer Familie zu kaufen. So gab es für die Studierenden 2 Mahlzeiten am Tag, was diese sehr glücklich machte. Das war mehr als sonst. Damit bewaffnet ging es zur täglichen Morgenandacht, an den sich der Unterricht anschloss.

Gemeinsam Essen

Wie immer war die Zeit mit den Studierenden gesegnet. Gott war spürbar nah. Es ist beeindruckend, mit einer Gruppe Pastoren Gott zu preisen, die täglich in existentieller Abhängigkeit von Gott leben. Die Anbetungszeiten waren sehr intensiv. Der Unterricht war ebenfalls willkommen und hat allen viel gebracht. Die Studenten waren sehr enttäuscht, dass nur wenige Stunden am Tag mit Unterricht gefüllt sein sollten. So baten sie darum, abends noch 1-2 Stunden Bibelstunde anzufügen. Miteinander über biblische Texte zu sprechen ist Christinas Leidenschaft, deshalb konnte sie trotz abendlicher Müdigkeit diese Einladung nicht abschlagen. Die Zeiten waren sehr gehaltvoll, berührend und haben auch Christina selbst viele neue Eindrücke verschafft.

Gemeinsam Essen

Auch im Anschluss an die Fortbildungswoche erhielt Christina noch Rückmeldungen voll Dank und Freude. Über die Zeiten wachsen persönliche Beziehungen und Vertrauen zu den Studierenden. So besucht Christina in dieser Zeit hier und da die Gemeinde einer der Pastoren aus dem näheren Umfeld oder eine ihrer Schulen. Gelegentlich ist sie auch zum Predigen eingeladen.

Da das Baptist Theological Seminar (BTS) kein eigenes Gebäude auf dem Campus sein eigen nennt, durfte der Unterricht diesmal im Wohnzimmer von Pastorin Isatu stattfinden, welche die Organisation dieser Tage obliegt. Sie ist es auch, die für alle kocht.

Geburtstag feiern

Parallel zur Pastorenfortbildung fand eine Tagung aller Mitarbeiter der Baptist Convention Sierra Leone (BCSL) an selber Stelle statt. Auch eine stattfindende Leitungsklausur der Augenklinik benötigte Räumlichkeiten. Dadurch waren alle Räume belegt. Wo Christina denn wohnen und schlafen würde (man hatte sie doch tatsächlich vergessen), entschied sich auch erst am Tag der Ankunft. Gegen alle Befürchtung brauchte sie nicht unter freiem Himmel oder im Bettenlager campieren. Aber mit wem im Raum, welches Zimmer und ob es fließend Wasser oder Strom geben würde, blieb bis zur Anreise offen. Letztlich hatte sie dann doch ein eigenes Zimmer.

Da sie diesen Ort inzwischen kannte, kam sie bewaffnet mit Putzeimer, Lappen und Schwamm. Das Bad benötigte eine Grundreinigung, damit sie sich wohl fühlen konnte. Auch die Möbel im Schlafzimmer hatten seit Jahren Staub angehäuft. Das alles konnte nun beseitigt werden. Nur den Besen für die dicken schwarzen Spinnweben über dem Bett musste sie vor Ort besorgen. Als sie schließlich nach getaner Arbeit im frisch bezogenen Bett lag, fühlte sie sich deutlich wohler. Und die Festgäste werden sicher für diesen ihren Einsatz dankbar sein.

Die parallelen Veranstaltungen gaben zudem einen kleinen Einblick in die heiße Phase – im Moment dreht sich eben alles ausschließlich um die 50-Jahr- Feier bzw. die Bauphase. Als wir im Sommer 2022 ankamen, war bereits das Erdgeschoß des Konferenzgebäudes im Bau. In der Zwischenzeit ist es fertig und nutzbar. Auch das 1. Obergeschoß ist jetzt im Rohbau fertig (Büroräume). Doch die Konferenz soll im großen Sitzungssaal des 2. Obergeschosses stattfinden. Davon ist zurzeit noch nicht wirklich viel zu sehen. Der Boden ist fertig und eine erste kleine Außenmauer war inzwischen gezogen. Es bleiben noch vier Wochen.

Da ist noch ein bischen was zu tun

Während unsereiner wahrscheinlich – traurig, aber notwendigerweise, umgeschwenkt wäre und die Tagung im alten Gebäude daneben stattfinden lassen würde, ist das hier ein NO GO.

Jetzt erst recht – alle müssen mit anpacken, sich beteiligen – wir schaffen das! Es fehlt noch viel – Geld – Arbeitskräfte – Material … aber vor allem finanzielle Mittel. So gibt es doch so manche Wege der Mittelbeschaffung, die interessant wirken.

Ein Mitarbeiter der BCSL erzählte, dass ihm seitens der BCSL eine besondere Ehre zuteil wurde. Genau genommen nicht ihm, sondern seinem Vater. Eines der alten Gästehäuser soll nach seinem verstorbenen Vater genannt werden – ein verdienter Mann und somit auch große Ehre für die Familie. Allerdings ist das alte Gästehaus in keinem vorzeigbaren Zustand. Weil nun Euer Name drauf kommt, solltet ihr es auch ordentlich renovieren (auf eigene Kosten versteht sich) – Fenster – Sanitäranlagen – Kabel – Anstrich – na einmal runderneuern!  

Ob es stimmt, daß die Mitarbeiter der BCSL auf ihr Monatsgehalt „verzichten“ …. mag nur ein Gerücht sein. Denn auch damit wird man die Deckung der Dachkosten sicher nicht finanzieren können – alleine das Dach kostet über 20.000 Euro und ist noch nicht finanziert.

Ein kleiner Rundgang via Video wird in den sozialen Medien an alle Baptistengemeinden und deren Mitglieder geschickt – „schaut was hier für Euch gebaut wird! Hier wird Eure Arbeit benötigt. Komm und hilf! Wir brauchen Material – Installateure – Handwerker – Deckenbauer – und vor allem Geld!“ Eine eindringliche Aufforderung. Aber unglaublich zu sehen, zu hören und zu erleben, was hier alles in Bewegung gesetzt wird – wir sind nun echt gespannt auf die Festwoche!

Auch der Pastor aus ganz weit weg wird genannt, der nebenher Bauingenieur ist und hier extra zum Helfen angereist ist! Nur dass der von seinem „freiwilligen“ Einsatz bis zum Beginn der Fortbildungsmaßnahme des BTS nicht wirklich etwas wusste … – aber schön, dass er nun ein positives Vorbild ist.

Wie auch immer, in der privaten Wohnzimmeratmosphäre hatten die Teilnehmer der Fortbildung eine gute und hilfreiche Gemeinschaft. Es wurde viel gelehrt, gelernt, diskutiert, gelacht und gefeiert – einer von ihnen hatte in dieser Zeit auch seinen Geburtstag.

Auch für Christina war es neben allem Tohuwabohu – was ja der zweite Vorname des Landes ist – eine gelungene und gesegnete Zeit. Berufung zu leben erfüllt sie mit Freude und Dankbarkeit!

Kurs 04-2024