Gbinti Mission – Field Trip

Auch wenn wir nun am vereinbarten Termin nicht taufen würden, so wollten wir unbedingt Missionar Momoh und die Menschen vor Ort mit unserem Besuch ermutigen. Auch interessierte uns die Arbeit – Menschen und Gemeinden vor Ort kennen zu lernen.  

Kamasondo Baptist Church

So blieb es dabei, wir würden am Samstag gegen 7 Uhr losfahren und wären dann am späten Vormittag in Gbinti, dem Ort, wo Momoh vor einem Jahr die Missionsarbeit begann. Davor war er in Kamasondo, einem etwas entferntem Nachbardorf, wo er bereits eine Gemeinde aufgebaut und gestärkt hatte. Sie hat inzwischen einen eigenen Pastor und ein Gebäude.

Auch wenn sein Seniorpastor ihn nicht unterstützt, so wollte uns doch einer der Gemeindeältesten begleiten – dieser unterstützt Momoh und Phebean gelegentlich finanziell. Denn sie bekommen kein regelmäßiges Gehalt. Der Rektor des TECT, dieser Älteste und wir sind es, die ihnen gelegentlich etwas zustecken. Die Kollekten der Neugründungen reichen nicht einmal für die Fahrtkosten. So leben sie komplett im Vertrauen auf Gott von Tag zu Tag. Oh, Gott. Unvorstellbar für uns.

Hinten von rechts: Christina – daneben der junge „Pastor“ – weiter Momoh & Phebean – dann der Gemeindeleiter von Kamasondo
und der Gemeindeälteste aus Momohs Gemeinde in Freetown

Wir machten uns am Samstag um 7 Uhr vom T.E.C.T. auf den Weg – standen dann noch gut 30 Minuten an Jui Junction, bis der Älteste ankam. Das ist für afrikanische Verhältnisse pünktlich!

Es ging nun über den Highway bis Port Loko, ca. 2 Stunden Fahrtzeit – diese Strecke ist gut ausgebaut und darauf kommt man zügig voran.

Dann allerdings ging es ab in die Provinzen – wir verließen die gut ausgebaute Straße und folgten einem Schotterweg in Richtung Wildnis. Also deutlich langsamer fahren, ab und an Löcher oder Hügel, aber immer noch ging es relativ gut voran.  

Zu fünf unterwegs

Immer weiter – nach einer weiteren guten Stunde wurde dann die Strecke enger und schlichter. Löcher, Risse, Berg- und Talfahrt – hier wird nicht viel auf Straßeninstanthaltung Wert gelegt. Nun mussten auch wir uns rechts halten und die schnelleren Bikes vorbei lassen … Wir passierten zahlreiche Brücken über kleine Rinnsale. Sie sind genauso breit wie ein Auto und haben kein Geländer rechts oder links. Hier ist Augenmaß gefragt, sonst landet man ein paar Meter tiefer im Wasser und wir waren ja nicht zum taufen da.  

relativ gut zu fahren

Gegen 11.30 Uhr kamen wir in Gbinti an. Es ist ein etwas größerer Ort in den Provinzen und ist dadurch sowas wie die Bezirksstadt dieser Gegend – Dreh- und Angelpunkt für die ganzen kleinen Ortschaften und Hüttensiedlungen drum herum.

Zuerst zeigte uns Momoh, wo er wohnt, wenn er hier im Dorf ist. Als er zu Anfang hier ankam und eine Bleibe suchte, hatte er ein Arrangement mit einem Einwohner getroffen. Als er jedoch einziehen wollte, fragt dieser ihn, ob es stimmt, dass er Christ ist? Als Momoh bejahte, wurde ihm mitgeteilt, dass er in diesem Fall nicht hier wohnen wird – er vermietet nicht an Christen.

Die Wege werden enger und ….

So übernachtete Momoh in den ersten Wochen in einem Schulraum – unerlaubt. Nach einem Jahr war Momoh fröhlich und dankbar, einen Unterschlupf bei Leuten aus seiner Gemeinde zu haben, diese hatten sich im Laufe der Zeit für Jesus entschieden.

Die beeindruckende Moschee in Gbinti

Als nächstes sollten wir dann unbedingt zum Paramount Chief (ähnlich wie ein Landrat) gehen, um uns vorzustellen – ok?! Er wohnt in Gbinti. Wir lernten: das ist hier für alle Gäste wichtig. Auch für Momoh war es unerlässlich. So kamen wir alle an einem Haus gegenüber der Moschee auf der Veranda zusammen. Hier stellte sich jeder der Anwesenden vor – es waren die Dorfvorsteher oder der Gemeinderat inclusive Chief (Bürgermeister) und Paramount Chief (Landrat). Dort übergab Momoh drei Personen einen kleinen Geldbetrag als Dank für die Zeit und deren Wohlwollen. So ist es Tradition. Gute Sitte.

Hier saßen wir dann im Kreise mit den Dorf Chiefs

Der Paramount Chief ist selbst Muslim, aber Momoh und Christen gegenüber aufgeschlossener als der gesamte Ort Gbinti. Es wird in dieser Kultur viel mit Geschichten ausgedrückt. So erzählte er die Geschichte von einem wohlhabenden Mann in Lunsar, den er kannte. Der war sehr reich und ein zutiefst gläubiger Muslim – er war großzügig und gab über das geforderte Geld hinaus Almosen. Er half wo er konnte in seiner muslimischen Familie, in der Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft. Dann kam der Bürgerkrieg. Dieser Mann verlor seinen Reichtum, alles, was er hatte, und wurde verletzt. Er musste nach Freetown, um behandelt zu werden. Nun war er selbst ganz auf Unterstützung angewiesen. Doch keiner seiner muslimischen Freunde von früher half ihm. Die einzigen, die sich seiner annahmen, waren Christen.

Das erzählte der muslimische Landrat. Er betonte, dass das Christentum eine gute Religion ist, sogar dem Islam überlegen. Deshalb sollen Christen die Möglichkeit haben, einen Versammlungsort zu bauen, an dem sie Gott anbeten und sich treffen können. Gesetzlich ist das natürlich in Sierra Leone erlaubt. Aber was kümmert das Gesetz die Leitenden in den Provinzen? Hier bekam Momoh einen starken Fürsprecher – einen einflussreichen Moslem, der auch noch Chief der gesamten Region ist.

In den meisten dörflichen Ortschaften sieht man solche Stangen, mit etwas dran befestigt – mitunter haben ähnliches auch einzelne Häuser bei sich aufgebaut. Das sind Schutzamulette um böse Geister abzuhalten.

Das war schon ein bemerkenswertes Zeugnis, dessen wir da Teil wurden. Wir merkten, Gott ist hier am Werk. In ein Dorf, in dem nie eine christliche Person bzw. Kirche sein durfte – nur Muslime – schickte Gott Momoh, um von Gott zu erzählen – brachte einen Christen aus den USA dorthin, der Momoh ein Grundstück für eine Kirchengemeinde gab – setzte einen  Paramount Chief ein, der offen für Christen und eine christliche Kirche ist – das ist Maßarbeit. Den Menschen im Ort Gbinti gefällt es immer noch nicht, aber der Paramount Chief hat eben das Sagen. Hierarchie wird groß geschrieben in dieser Kultur.

Nach einem kurzen Abschied fuhren wir zum Grundstück, welches die Gemeinde erhielt, um eine Gemeinde zu bauen. Es liegt am Rand des Dorfes. Ein bisschen konnte man die Arbeitsschritte schon erkennen. Bäume wurden gefällt, Land gerodet. Das Gelände ist groß genug für ein Gemeindehaus, ein Pastorenwohngebäude und eine Schule. Ja sie haben Visionen – aber erstmal die Kirche und schnell muß es damit gehen. Jede Woche fährt Momoh hin und her, um hier selbst mit Hand anzulegen.

Das ist das Grundstück, das sie erhalten haben um eine Kirche darauf bauen zu können.

Den Widerstand des Ortes bekam Momoh in den letzten Monaten oft zu spüren. Sie hängten verwünschte Tiere an die Bäume und vergruben Opfergaben an die Geister, um den Gemeindebau doch noch zu verhindern. Momoh entsorgte alles stillschweigend und machte weiter. Für die Menschen hier unvorstellbar. Sie wissen um die Macht der Flüche und würden so etwas nie anrühren. Aber Jesus ist stärker. Deshalb lässt Momoh sich nicht einschüchtern.

Auf dem Weg zu den Ziegeln

Unterhalb des Grundstückes, etwas im Dschungel, waren etliche Männer, Gemeindeglieder, dabei, Ziegel aus Lehm herzustellen. Eine große Grube – hier wird der Lehm entnommen – oben in einer Form zum Ziegel gepresst und dann getrocknet. Sie brauchen ca. 2.500 Ziegel, um ein Kirchengebäude bauen zu können. Alles mit Muskelkraft, ohne Maschinen.

Hier die Grube aus dem der Lehm entnommen und nach oben geworfen wird

Bei dieser Hitze und Tageszeit eine absolut schweißtreibende Arbeit. Aber sie wollen vorankommen – fertig werden. Keiner weiß, wie lange der für sie so positiv wirkende Paramount Chief noch in seinem Amt sein wird. Sollte ein anderer nach ihm kommen, kann sich das freundliche Blatt schnell wenden – die Erlaubnis zum Bau der Kirche entzogen werden. Denn schon jetzt gibt es genug Anfeindung und Widerstände – bis hin zu Bedrohung und Ritualen der Einschüchterung.

Hier wird der Lehm dann in Form gebracht

Wir waren gerade 10 Minuten unterwegs, da klingelte Momohs Telefon und ihm wurde mitgeteilt, dass der Bautrupp aufgefordert worden war, sofort die Arbeit einzustellen und mit dem Bau der Kirche aufzuhören. Hier wird es nie eine Kirche geben und sie werden erleben, was sie als Christen zu erwarten haben. Eine Gruppe Nachbarn hatte sich zusammengerottet und wollte die Arbeiter einschüchtern.

Auch wenn das Menschen ohne Kompetenz waren, drückt es aus, warum Momoh und die Gemeinde so schnell als möglich diese Kirche fertigstellen wollen. Sie brauchen einen Raum für ihre Versammlungen und jetzt ist die Zeit. Ein Anruf beim Paramount Chief sorgte für Ruhe. So ist das in dieser Kultur.

Der Bautrupp

Momoh hatte uns gegenüber schon angedeutet, dass auch aus den umliegenden Dörfern Menschen auf ihn zukamen und mitteilten, was er in Gbinti macht, solle er auch bei ihnen machen. Und so fuhren wir vier der weiteren sechs Stationen an. Das war ein Holpern – stop and go – small small und jede Strecke dauerte gute 20 – 30 Minuten. Wir waren dankbar, dass wir diese Wege nicht hin und zurück machen mussten, sondern sowas wie eine Runde drehten, um am Ende kurz vor Lunsar wieder auf die gut ausgebaute Straße zu kommen. Bis dahin jedoch …. abenteuerlich und anstrengend.

Man fährt da wirklich im Dschungel, mal komplett durch Busch und Bäume – dann offene Sumpflandschaft mit Reisfeldern – wieder Dschungel und dann öffnet sich alles und eine Häuseransammlung / ein Dörfchen liegt vor einem.

An einer Station fuhren wir einfach nur vorüber und Momoh zeigte uns, wo sie sich als Gemeinde versammeln.

Bei der nächsten Station – in einem anderen Landkreis – war gerade Wochenmarkt. Hier wird nicht so sehr verkauft, sondern vielmehr getauscht. Die wenigsten haben Geld – aber einer hat Reis – ein anderer Bohnen – der Nächste Kohle und so tauscht man eben untereinander, was man braucht.

Hier nahm uns der Gemeindeleiter in Empfang und zeigte uns das Grundstück, auf dem bereits ein Gebäude stand – allerdings keine Kirche. Auch sie sind dabei, Ziegel für eine Kirche herzustellen und hoffen demnächst eine Gebäude einweihen zu können. Während er uns noch voller Freude und Begeisterung davon erzählte, kam der Dorf Chief an und so wurden wir auch ihm vorgestellt. Wir hatten ihn in seinem Haus zuvor nicht angetroffen. Wenn Markt ist, findet sich dort auch alles, was Rang und Namen hat.

Auf diesem Grundstück kann die Gemeinde ihre Kirche hier bauen

Wir wurden hier mit jeder Menge Obst beschenkt – fast der gesamte Kofferraum war voller Bananen – ein paar Kokosnüsse und Papayas. Wir ließen dafür etwas Geld bei ihm zurück – Tauschhandel eben. Dann machten wir uns wieder auf den Weg, weiter zur nächsten Station.

Bei der letzten Station in Kamasondo hielten wir bei der kleinen Kirche an, parkten, besichtigten das Gebäude und plauderten etwas mit dem Pastor, dem Gemeindeleiter und einer ganzen Schar Kinder.

Hier war gerade Markt – Tauschmarkt

Dies ist die einzige Station, die einen „Pastor“ hat – vielmehr einen unausgebildeten Helfer. Es ist ein ganz junger Kerl, der sich zu Beginn von Momohs Zeit hier bekehrt hat. Den hat er sich herangezogen, geschult und dann als Pastor installiert. Er studiert nebenher in einer regionalen Station des T.E.C.T.

Momoh selbst lebt mit Phebean am T.E.C.T. – sie studiert auf Bachelor und er will seinen Master machen. Dennoch fährt er jede Woche in die Provinzen zu seinen Gemeinden. Immer mit den öffentlichen – also gute 7-8 Stunden Fahrtzeit und knappe 250 Leones eine Tour. Er erhält weder von seinem Bund noch seiner Gemeinde ein Gehalt und auf viele Bitten, doch einen oder mehrere Pastoren und Helfer in diese fruchtbare Gegend zu schicken, gab es nie positive Rückmeldungen.

Vor den Häusern – mitunter quer auf der Straße – werden Sachen zum Trocknen ausgelegt zb. Reis – hier Bohnen

Er hält jeden Sonntag drei-vier Gottesdienste in seinen Stationen ab und fährt die Strecken mit einem Biketaxi. In den Dorfgemeinden erhält er auch kein Gehalt – ab und an mal Obst – Gemüse und Kleinigkeiten – die haben ja selbst nichts.

Wie er das macht, ist uns ein Rätsel. Er meint, Gott sorgt und so bekommt er mal hier und mal da etwas. Es ist nie viel, aber sie beide klagen nicht. Manchmal teilte Phebean Christina nach einer Vorlesung mit, dass sie Hunger hat. Dem konnte Mum recht zügig Abhilfe schaffen. Wir staunen immer wieder wie ruhig und gelassen die leidenden Menschen das alles wegstecken – was aber bleibt auch anderes übrig??

Immer weiter

Als wir nach gefühlten Ewigkeiten wieder eine geteerte Straße unter den Reifen hatten, war zumindest Ralf froh und dankbar und konnte endlich Gas geben. Gegen vier Uhr waren wir wieder in Jui, kauften für jeden Teilnehmer der Tour einen Chickenburger mit Pommes und waren dann zurück am T.E.C.T.

Ein toller Tag lag hinter uns – beeindruckende Begegnungen – tolle Landschaften – wunderbare Menschen – Erkennen von Gottes Wirken und viel Bewahrung – auch dafür sind wir dankbar.

Nun beten wir um das Wachsen der Gemeinden – um Gelingen beim Bau der Kirchen und dass die Taufe bald stattfinden kann.

Ein Cotton tree