Das kennt ja jeder – wenn man denkt, man hat schon alles gesehen – erlebt – es reicht und nichts kann mehr kommen, was einen erschüttert – dann kommt doch wieder etwas und versucht einen über den Rand zu schubsen.
Wir nehmen ja in diesem Jahr das Wetter verändert wahr. Die Regenzeit zog sich bis in den Dezember hinein – dadurch blieb die extrem hohe Luftfeuchtigkeit. Was wir letztes Jahr erst ab Mitte März erlebt haben an Hitze, Schwüle und kaum Abkühlung, das war durchgehend. Es gab einen kleinen Break von ca. zwei Wochen. In dieser Zeit war dann doch etwas weniger Hitze und Luftfeuchtigkeit. Sogar etwas Abkühlung kam an.

Dafür war dann der öffentliche Strom abwesend. Wir können festhalten, dass wir noch keinen Tag erlebt haben, an dem durchgehend das öffentliche Stromnetz vorhanden war. Dafür eine ganze Reihe an Fehl- und Auszeiten. Ab Dezember kam er noch seltener und ab Mitte Januar gab es dann über Tage gar keinen Strom mehr.
Wir können das überbrücken, weil wir immer mal wieder für 2-4 Stunden den eigenen Generator laufen lassen, um Geräte aufzuladen und das Gefriergut zu kühlen. Vor allem die Akkus von den drei Ventilatoren sind für die Nacht und Schlaf unabdingbar. Manchmal ist auch der Campus-Generator an.
Es gibt in Jui einen Transformator, bei dem Strom ankommt und der ihn verteilt. Dieser wurde vor Jahrzehnten installiert, extra für das T.E.C.T. – viel mehr gab es zu dieser Zeit noch nicht auf der Halbinsel Jui. Aber im Laufe der Zeit hat sich das mit dem Bebauen und Leben deutlich verändert. Immer mehr Gebäude, Firmen, Schulen und Menschen leben hier. Alle hängen sich an diesen kleinen alten Transformator. Logisch, dass der nicht ausreicht.

Er ist zu klein, schwach und alt. Es soll ein neuer her – so das Lied aus uralten Tagen. Jetzt wollen sie da wohl dran gehen. Zuvor müssen aber erst noch Pfosten installiert und Kabel gezogen werden. Auch das dauert und natürlich gibt es in dieser Zeit auch keinen geregelten Strom.
Auch Wäsche waschen ist ohne Strom, jedenfalls für uns, schwierig. Und so ging auch das oft nur in der Zeit mit Generator. Und zum Wäschewaschen braucht man ja noch mehr als nur Strom …
Vor dem Haus haben wir einen 2.000 Liter Wassertank, der wird über den T.E.C.T. Brunnen gespeist. Wenn er voll ist, müssen wir den Schalter umlegen, damit das Wasser nicht (überläuft) verschwendet wird. So war der bisherige Ablauf ….
So halten wir das Nachfüllen und Überlaufen im Blick. Irgendwann haben wir dann festgestellt: obwohl die Zuleitung offen ist, läuft der Tank nicht mehr voll. Nach ein paar Tagen verwundert uns das und wir haben das mal vorsichtig angemeldet. Nein, alles in Ordnung.

Nun, so kam es wie es kommen musste: an einem Montag (hier Feiertag) hatten wir kein Wasser mehr – eigentlich schon in der Nacht auf Montag. Also versuchen wir herauszufinden woran es liegt. Sind alle Zuleitungen offen – Rohre dicht? Dann den Verantwortlichen gegen 8 Uhr informieren. Das Problem war, dass an diesem Tag eine große Schulung für das gesamte T.E.C.T. stattfand – also abwarten, irgendwann wird da schon was geschehen. So verging der Vormittag und Mittag und uns wurde gesagt, sie haben jetzt alle anderen Zuflüsse gesperrt, damit es nur noch zu uns läuft. Was dennoch nichts brachte und wir zudem hörten, das alle anderen Tanks auch kein Wasser mehr hatten.
Ralf meinte, es hat bestimmt etwas mit dem Solarpanel zu tun – das ist mit Sicherheit durch den Sand so verdreckt, dass es nicht mehr arbeiten kann. Das hatten wir im letzten Jahr auch schon mal. Der Brunnen und die Pumpe werden mit Solarenergie betrieben. Allerdings sollte die Fläche frei von Dreck sein. In dieser Jahreszeit fliegt davon jedoch jede Menge herum. Dieses Jahr noch mal extrem mehr, aufgrund des Straßenbaus.
Naja, aber was interessiert die Erfahrung vom letzten Jahr – so verging weitere Zeit der Ratlosigkeit.
Gegen 17 Uhr kam die Aussage, es müsste sich ums Solarpanel handeln. Das soll gereinigt werden und da wird sich morgen früh jemand drum kümmern. Super, wir haben schon länger nicht Wäsche gewaschen und bei jedem Tag einen Satz neuer Klamotten, verschwitzte Bettwäsche einmal die Woche ebenso wie Handtücher – da bleibt nach kaum Strom und jetzt kein Wasser ne Menge liegen …
Aber Wasser brauchen wir – wenigstens am Abend vor dem Schlafengehen Hände waschen, Toilette spülen, Zähneputzen und den ganzen Schweiß und Sand von Haut und Haaren bekommen.
Also machten wir uns auf den Weg, bewaffnet mit Putzeimern, zum nächsten Brunnen. Als wir anfingen Wasser zu pumpen, kamen aus dem Mädelswohnheim vier junge Damen auf uns zugelaufen. Sie teilten uns mit, dass sie das für uns machen! Wir wollten eigentlich nicht, aber das geht hier gar nicht. Also pumpten sie und trugen dann auch die randvollen schweren Eimer auf dem Kopf (wie das hier so Art ist) zu uns.
Wir hätten das tatsächlich nicht so elegant – schon gar nicht auf dem Kopf -hinbekommen. Die Eimer waren richtig voll, aber verschüttet haben sie nichts. Diese Art des Transports haben sie perfektioniert. Wir staunen und merken, wie sie alle hier von klein auf damit aufwachsen. Auf jeden Fall haben wir ihre Wertschätzung für uns gespürt. Sie zogen schließlich glücklich mit ein paar Lollis von dannen. Ihre Liebe tat gut nach einem Tag voller Frust ohne Wasser. Es war wie Balsam auf der Seele.

So haben wir uns am Abend mit Eimer und Becher gewaschen und gehofft, dass am nächsten Tag wieder Wasser da ist.
Hurra, ein neuer Tag! Tatsächlich, gegen Nachmittag hatten wir dann wieder Wasser …. für einen Tag.
Am Mittwoch war der Tank erneut leer und es brauchte wieder etwas Zeit, alles in Bewegung zu setzen. Diesmal ging es schnell, der Tank lief voll – gewohntes Erleben – aber verunsichern tut einen das schon. Nun beten und hoffen wir jeden Tag, dass Abends das Wasser für drei kurze Duschen reicht und in der Woche für ein-zweimal Wäschewaschen – bislang wurde es erhört!
Tja, kaum hatten wir das erste mal wieder Wasser – siehe da, mit einem Mal funktionierte dann die Klospülung nicht mehr – also beim Drücken … (der Klospülung) kam kein Wasser. So mussten wir den Eimer mit Wasser füllen und bei Bedarf spülen. Der gerufene Klempner kam am nächsten Morgen um 9 Uhr, baute das defekte Teil aus und meinte, er sucht nach einem Ersatzteil. Ralf fragte, wieviel das kosten würde und wollte ihm Geld mitgeben, damit er es gleich kaufen kann. Sie haben hier keinerlei Geld um solche Kosten vorzustrecken und doppelte Wege und Zeit … muß ja nicht sein – typisch Deutsch gedacht!
Darauf meinte Hassan der Klempner, dass er erstmal nach einer geeigneten Stelle suchen muss und sich dann nach dem Preis erkundigen kann. Dann kommt er wieder und alles Weitere nimmt seinen Lauf. Wir glauben, er ahnte schon, dass solch ein Teil nicht mehr aufzutreiben war – zu alt, selbst für hiesige Verhältnisse.

Gegen 12 Uhr kam er wieder und teilte uns mit, dass ein solches Teil nicht mehr aufzutreiben ist. Und nun?
Ihr braucht eine komplett neue Toilette – echt jetzt, nur wegen dem Druckschalter? Nun ja, sonst könnt ihr auch weiter mit dem Eimer arbeiten – das aber wollten wir dann doch nicht.
Also eine neue Toilette kostet hier ca. 100 Euro. Der Einbau kostet noch mal so viel. Nun gaben wir ihm das Geld mit und er machte sich wieder auf den Weg. Mal schauen, wann er wiederkommt und ob das mit einer funktionalen Toilette heute noch was wird?! Im Geiste sahen wir uns schon nachts in die Büsche zum Donnerbalken schleichen …
Nach zwei Stunden war sein Gehilfe samt Toilette da. Der Gehilfe hatte sie unterm Arm auf einem Moped transportiert. Nun fingen sie mit dem Abriss und Einbau an. Nach weiteren 1,5 Std. war alles erledigt – der neue Thron stand fix und fertig. Jetzt noch zwei Stunden nicht nutzen – trocknen lassen. Dann konnten wir gegen 20 Uhr die Inthronisation vornehmen – ein gutes Gefühl.

Bei alledem sind wir tatsächlich dankbar! Das vorige Teil hatte schon viele Begegnungen hinter sich. Der dünne Plastiksitz war lose und instabil. Er verschob sich immer wieder. Die neue Toilette gibt also ein völlig anderes Feeling!
Seit Anfang Februar haben wir eine extreme Staub und Dreckbelastung. In dieser Jahreszeit ohnehin durch den Harmattan – Wüstensand. Aber in diesem Jahr extrem mehr, wahrscheinlich durch den Straßenbau. Dieser Dreck – Sand geht durch alle Ritzen und setzt sich fest. Der Boden wird fast täglich gemoppt und am Nachmittag ist der Boden wieder mit dem roten Sandstaub belegt. Überall liegt er – auf den Klamotten – im Geschirrschrank – auf den Betten – technischen Equipment auf Haut und Haaren – Zähnen und Augen. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Möge es bald enden – der Harmattan – aber vor allem der Straßenbau!!
Das alles: Klima – kaum Strom – Unsicherheit mit Wasser – anhaltende Reparaturen – Dreck und kleine Tierchen, die dir Haus und Essen streitig machen – das ist im Moment schon herausfordernd. Mal sehen, wenn wir nun glauben, alles gesehen und erlebt zu haben, was als nächstes auf uns wartet …. denn schlimmer geht immer!

Ein Student meinte nur, als er davon hörte: Wie, ihr habt noch nie Wasser vom Brunnen geholt, um Euch zu waschen? Und die Wäsche nicht mit Waschbrett gewaschen? Nein! Na gut, Ersteres jetzt schon.
Dafür hat er noch nie mit einer Waschmaschine gewaschen… Die Welten kriegt man einfach nicht übereinander. Zu verschieden sind sie.
Nun hatten wir für zwei Wochen Wasser aus dem Tank, stellten aber fest, daß er wie bisher nicht überläuft …. So war es dann am Freitag Abend wieder soweit – kein Wasser.
Am nächsten Tag dann Wasser holen und das Problem melden. Da aber Wochenende ist, wird das so schnell wohl nichts werden und zudem das Problem nicht offensichtlich ist, wird es dauern – also back to Steinzeit!

Sollten also mal in unabsehbarer Zeit mittelalterliche Zeiten anbrechen, dann sind wir vielleicht nicht mehr ganz so hilflos. In jedem Fall sind die Menschen hier besser darauf vorbereitet als wir!
Aber eine Frage beschäftigt uns: Wie wird das eigentlich im Himmel sein – haben wir fliessend Wasser oder laufen alle zum Treffpunkt Brunnen oder wird Waschen überflüssig??