Jui Road

Seit 30 Jahren wird an der einzigen Straße (Hanga Road) auf der Halbinsel von Jui gebaut – naja darüber gesprochen – oder besser, darüber nachgedacht. Dann zum ersten Mal in der Geschichte dieser Planung, erlebte Jui eine intensive Bauphase in unseren ersten Monaten (2022) hier. Der amtierende Präsident wollte sich mit solchen Projekten einen Namen machen und Wählerstimmen gewinnen.

Jui – das T.E.C.T. von oben – oberhalb des linken blauen Daches verläuft die Jui Road beide blaue Dächer und drum herum gehören zum T.E.C.T. – rechts ist die Verbindung zum Festland – links geht´s zum Hafen.

Sie haben gesagt, wenn die Jui Road bis zu den Wahlen (Juni 2023) nicht instand gesetzt ist, dann wird das nichts mehr – haben sie gesagt! Und jeder hat es geglaubt. Und so sah es auch viele, viele Wochen nach der Wahl aus. Über die Jahre Die Unebenheiten wurden wieder holpriger, die Pfützen tiefer und der Weg katastrophaler. Kein Baulärm – keine Arbeiter – nichts war mehr zu sehen und wahrzunehmen. Und das nach einem dreiviertel Jahr Arbeit an den Abflussrinnen – mal mehr, mal weniger …

Keine Gehwege und Baumaßnahmen lässt die Fußgänger auf der Straße laufen

Nicht wenige, die der Überzeugung waren, damit war letztlich auch alles was bisher stattgefunden hat, für die Katz. Wo nichts mehr investiert wird, verfällt es zusehends und so sammelte sich dann auch in den neu gefertigten Abwasserkanälen der Müll aus der freundlichen Nachbarschaft. Die Straßen bleiben zudem bescheiden, was die Nutzung angeht.

Die Road war nach wie vor unbehandelt und eine Auf- und Ab- Ruckelpartie. Bei viel Regen war sie meist überflutet und voll mit Schlamm befüllten Drecklöchern, die sich aneinander reihten.

Vorne am Marktbereich – bei der Trockenzeit wird manchmal bewässert, damit die Staubentwicklung teils gebremst wird.

So waren auch wir komplett überrascht, als im Dezember erneut Arbeiter und Baumaschinen auftauchten, um an der Hanga Road weiterzuarbeiten. Stück um Stück bauten sie die Abflusskanäle rechts und links der Straße weiter nach vorn Richtung Jui Junction.

Ja mehr noch, jetzt hatte es den Anschein, als läge auf dieser Baumaßnahme volle Aufmerksamkeit – statt der üblichen 2-4 Arbeiter, die alle 3-4 Tage aufliefen – dann mal wieder ein-zwei Wochen Pause machten – und nur langsam vorankamen, waren mit einmal 10-15 Personen und Baufahrzeuge vorhanden – es nahm zusehends Gestalt an.

Es wurde gemunkelt, bis zur Regenzeit soll die Straße fertig sein – also bis April/Mai 2024 – aber small small – man hat schon so einiges gehört und erlebt. Verlässlichkeit oder Pünktlichkeit gehören hier nicht so ganz zum Repertoire.

Doch nun sind sie fast ganz durch mit den Kanälen – vom Hafen bis zur Junction (ca. 6–8 km), und wenn das letzte Stück bei der Junction, wo Markt – Taxis und Menschenmassen normalerweise ihren Geschäften nachgehen, auch fertig vorbereitet sind, dann, ja dann kann das Asphaltieren beginnen. Aber small, small – keine zu große Vorfreude und Hoffnung schüren.

Jui Junction – Markt – Haltestellen – Menschen – das Nadelöhr nach Jui

Dafür muss manches vorbereitet werden. So sollte der Untergrund ebenerdig und auf einer Höhe sein. Also wurden in den vergangenen Wochen unzählige Lasterfüllungen mit Gestein angefahren, abgeladen und eingeebnet. Und man mag es kaum glauben, aber nun Mitte Januar kann man diese Strecke fast ohne Holterdipolter fahren – es ist kaum zu beschreiben – kein Schrittempo – kaum Unebenheiten – fast keine Löcher und Gesteinsbrocken – unglaublich, was für ein Fahrgefühl.

Auch die Regierung gibt nun Hinweise über die hohe Luftverschmutzung – nur wie sollen die Leute sich schützen ….

Dennoch hat sich zumindest das Tempo von Ralf nur unwesentlich erhöht – das liegt diesmal am Fahrer und nicht an der Straße oder Fahrzeug. Da wir uns mitten in der Trockenzeit befinden und die Straße aus Lehm – Stein und Saharasand besteht, kann man hinter und vor sich kaum die Hand vor Augen sehen, wenn Fahrzeuge vorbeirasen.

Atembeschwerden und Kopfschmerzn in Jui nehmen zu

Im Auto stört einen das nicht – aber sobald du auf einem der Bikes sitzt oder zu Fuß unterwegs bist, nehmen die Ähnlichkeiten mit einem Sandmännchen zu. Deshalb tragen viele auf dieser Strecke einen Mundschutz – einen Schal oder aber die gute „alte“ Coronamaske! Wie war das noch, waren davon nicht Millionen in Deutschland übrig geblieben und sollten entsorgt werden? Hier in Sierra Leone könnten sie tatsächlich noch gute Dienste leisten! Obwohl – es wird ja gemunkelt, diese auch wieder in D zu nutzen … Wir hatten 200 Stück dabei und reichen die nun fröhlich an die Studierenden weiter – noch sind 30 da!

Eine weitere Baumaßnahme wurde an der Junction im letzten Jahr begonnen: Eine Fußgängerbrücke. Solche wurden auch an anderen Junctions in Freetown errichtet.

Der Dreck ist immer und überall

Da an jeder Kreuzung sowohl Markt als auch die Haltestellen für den Transport sind, findet dort immer ein reges Kommen und Gehen statt. Die Straßenseiten werden gewechselt, ein nicht ungefährliches Abenteuer und viele Menschen werden dabei verletzt kommen ums Leben. Deshalb Fußgängerbrücken.

Aber wie es so ist, wurde der Nutzen angezweifelt – auch von Ralf. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier – warum soll ich viele Stufen in die Höhe und dann wieder hinab steigen, wenn ich doch direkt und ebenerdig von A nach B komme? Und passiert ist mir noch nie etwas – also?!

Der Fußgängerübergang wird noch nicht so richtig genutzt ….

Und so war es dann auch: die Brücken in Freetown wurden nach Fertigstellung kaum genutzt und das Problem der Unfallgefahr und Unfällen blieb. Doch auch der Staat ist nicht dumm – so bauten sie große Zäune zwischen den Fahrspuren, auf dass ein Überqueren nicht möglich sein sollte und die Brücke benutzt werden muss – so gedacht und umgesetzt!

Allerdings haben sie immer wieder in Abständen kleine Lücken für die Polizei und das Militärpersonal gelassen – nun ja und in Folge dessen eben nicht nur für diese.

Congo Cross – kein Mensch auf der Brücke … und links der Zaun, der ein Überqueren verhindern soll ….te

Nun also soll auch Jui Junction gleich zwei solcher Brücken (Übergänge) bekommen. Die Vorarbeiten konnte man lange wahrnehmen. An einem Sonntag sollte dann auch der erste Brückenübergang installiert werden.

So erging also der Befehl vom „Kaiser“ Maada Bio, dass am Sonntag die Jui Junction nicht befahren werden kann. Bei einem Knotenpunkt von Freetwon in die Provinzen und umgekehrt stellt das eine Herausforderung dar. Denn es gibt keine wirklich Alternative – außer ein immenser Umweg an der Küste am Nationalpark vorbei.

Nun, für uns war klar: mit dem Auto würden wir an jenem Tag nicht fahren. Auch wenn wir noch problemlos zur Gemeinde hinkommen würden – da die Sperrung erst ab 10 Uhr angesetzt war und von pünktlich hier ohnehin keine Rede sein kann. Würde es zurück nicht mehr funktionieren und wir müssten dann warten, bis irgendwann abends die Route wieder freigegeben würde.

Jui Junction – links die Einfahrt nach Jui – rechts nach Freetwon – gesperrt – under Construction

Aber es war ja sonntags – keine Schule, sondern Gemeindetag. Naja, dann bleiben wir eben Zuhause – man muss ja, vor allem bei solch einer Verhinderung, nicht IMMER in den Gottesdienst gehen – so denkt sicher der eine und die andere?!

Also was machen wir? Na klar doch – wir gehen ans T.E.C.T. Gate rufen uns zwei Bikes – denn für ein Bike ist immer ein Weg möglich – und damit dann an die Junction und von dort zur Gemeinde.

Nicht jeder Bikefahrer darf alle Strecken fahren – man braucht eine Lizenz für Bereiche und Fahrgebiete. Das ist natürlich eine Kostenfrage. Je größer das Fahrgebiet, desto teurer die Lizenzgebühr.

So also im ersten Schritt zur Junction und im zweiten nach Calaba Town zur Gemeinde. Dann das letzte Stück zu Fuß. Trotzdem waren wir sehr pünktlich da. Christina achtet immer sehr deutsch darauf, dass wir auch mindestens eine Viertelstunde vor Beginn da sind. Dann haben wir Zeit und können uns schon mal 30 Minuten lang bis zum Beginn mediterran einstimmen.

Nach einem nur zweistündigen Gottesdienst machten wir uns dann wieder zu Fuß rauf zur Straße – riefen uns zwei Bikes und ab ging es. Bei der letzten Kreuzung war dann die Straße nach Jui gesperrt – mit einem Auto wäre hier also Schluß.

Mal schauen, ob wir das Ende der Baumaßnahmen noch erleben dürfen – bevor wir wieder ausreisen ….

Aber mit Bike kann man ja auf der anderen Straßenseite weiterfahren und dann bei einer Lücke auf die gesperrte Spur einbiegen – na klar, ist hier ganz normal. Und so kamen wir tatsächlich bis zu Jui Junction. Mit zwei anderen Bikes von dort fuhren wir zurück zum T.E.C.T.  – nicht ohne vorher noch etwas zum Essen von Verola´s Kitchen (local Food) besorgt zu haben.

In der Tat lag zu diesem Zeitpunkt das komplette Brückenstück mitten auf der Junction und es dauerte bis zum Abend, bis es schließlich an Ort und Stelle war und die Sperrung aufgehoben wurde.

Jetzt fehlt noch der andere Übergang – wann der aber aufgebaut wird – keine Ahnung. Eins jedoch wissen wir: the same procedure as last time.

Auch ein Bike muß mal warten