Am letzten Donnerstag auf dem Weg zur Schule stellten Ralf und Nathanael fest, dass auf einmal an ungewohnten Stellen weitere Kontrollpunkte – oder besser Straßensperren aufgebaut waren. Die bisherigen Kontrollen waren ja schon länger nicht mehr aktiv gewesen – jedenfalls tagsüber. Was hat es nun damit auf sich?
Im weiteren Verlauf waren immer wieder Militärfahrzeuge mit Soldaten unterwegs – auch das war in den letzten Wochen deutlich weniger geworden – warum jetzt wieder? Immer wenn Checkpoints neu besetzt werden und mehr Militär als gewöhnlich unterwegs ist, gibt es einen Grund dafür!

Aber keiner wusste irgendetwas dazu zu sagen. Am Wochenende kamen Gerüchte auf, dass es eine erneute nationale Ausgangssperre geben soll! Aber warum und wieso konnte keiner sagen und woher diese Info stammt, auch nicht …
Am Sonntag war die Verunsicherung und Sorge groß. Eltern fragten bei der Schule nach, in den sozialen Netzwerken wurde diskutiert und schließlich war die Bevölkerung so verunsichert, dass ein Großteil der Schüler und Menschen am Montag zu Hause blieb.
Obwohl es Sonntagabend noch von der Schuldirektorin die Aussage gab, dass nichts bekannt ist und Unterricht wie gewohnt stattfinden würde – wer aber verunsichert ist, sollte dementsprechend handeln.
So war es am Montag verkehrstechnisch sehr ruhig. Auch auf den Märkten war wenig los. Viele Stände blieben unbesetzt und Menschen zu Hause. Schließlich kam von offizieller Seite die Info, dass es keine Ausgangssperre geben wird. Alles bleibt wie gehabt. Jeder soll das alltägliche Leben aufnehmen. Dennoch blieben sämtliche Behörden und viele Läden geschlossen.

Dann sickerte durch, dass am Mittwoch vor Gericht der wohl letzte Verhandlungstag mit dem ehemaligen Präsidenten angesetzt sei. Dazu haben sich Demonstrationen angekündigt – diese wurden untersagt – aber … er war ja bereits verurteilt und nun sollte es dann wohl endgültig aus dem Hausarrest ins Gefängnis gehen.
Am Dienstag kam die Nachricht, dass der ehemalige Präsident auf dem Flughafen in Lungi/Freetown gesehen wurde, um nach Nigeria auszufliegen.

Diese Nachricht wurde später auch von offizieller Seite bestätigt. Die ECOWAC – der westafrikanische Wirtschaftsverbund – hatte im Vorfeld dieses Angebot der Regierung unterbreitet, was aber abgelehnt worden war.
Nun also hieß es, der Expräsident sei mit der Erlaubnis der amtierenden Regierung aus „medizinischen Gründen“ nach Nigeria zur Behandlung und Verwahrung ausgereist. Nach der Behandlung wird er wieder zurück erwartet, um sich dem Urteil zu stellen – der Einkerkerung.
Diese Nachricht nun hat die Lage im Land komplett beruhigt. Die aufgebauten Straßensperren wurden nie besetzt und benötigt. Allerdings auch nie abgebaut – so heißt es also erstmal weiter Slalom fahren. Die Demonstrationen haben auch nicht stattgefunden. Die Lage ist wieder befriedet und die Menschen leben Alltag – Gott sei´s gedankt.
Aber was Gerüchte – wenn es den Gerüchte waren – in einem verunsicherten Land auslösen, ist interessant zu erleben. Die Menschen haben einfach Angst vor Willkür und Gewalt – der Bürgerkrieg liegt eben doch noch nicht so lange zurück.

Wir fragen uns mitunter: Wie wird die Kriegsgeneration in der Ukraine in Zukunft damit leben? Wie die in Palästina? Wie kann ein Israeli, der sein ganzes Leben über unter Bedrohung und Terrorangriff lebt, damit zurechtkommen?
Friede ist ein kostbares Gut – möge uns das im Kleinen wie im Großen doch zu einer Erkenntnis werden, die unser eigenes Verhalten prägt.