Lunsar ist die Stadt, in der Christina zweimal im Jahr ein Blockseminar am Baptist Seminar Seminar (BTS) abhält, um hier den Pastoren und Pastorinnen aus den Provinzen ein Fortbildungsangebot zu geben. Sie erlebt diese Zeiten als sehr intensiv und gut: Lehren, begegnen – Leben teilen.

Ein Name ist damit immer verknüpft: Aruna. Er ist ein junger Student dieser Gruppe, der auch über die Blockseminare hinaus Kontakt hält – sich täglich meldet (zur Erheiterung der Familie). Beim letzten Blockseminar im Dezember hatte Christina auf seine Einladung hin einen kurzen Besuch bei der Schule gemacht, die seine Pastorin verantwortet und in welcher er und sein bester Freund Moses mitarbeiten.
Die Pastorin ist die Tante von Moses und sie alle verbindet die Leidenschaft für die Schule. Eine Frau, die neben ihrer Gemeindearbeit auch diese Schule gegründet hat. Christina war sehr angetan und berührt von der Leidenschaft, Vision und Bereitschaft, die dort bei aller Armut und sämtlichen Defiziten erkennbar werden.

Das Privathaus der Pastorenfamilie wurde geteilt, damit in einer Hälfte Schule stattfinden kann. Mit diesem Provisorium leben sie seit Jahren. Sie beten um Hilfe und haben die Hoffnung, dass durch Unterstützung von außen die Situation besser wird.
Nun machte sich Ralf mit deutschen Gästen – Ehepaar Simone & Bernd Dengel – auf den Weg, um diese Schule einmal anzuschauen. Schon lange war eine Einladung ausgesprochen und nach Christina sollte nun auch Ralf sich ein Bild machen.
So fuhren Ralf und Dengels donnerstagmorgens um 7 Uhr vom T.E.C.T. los, um gegen 9.30 Uhr in Lunsar zu sein. Dort würde uns Aruna erwarten und zur Schule geleiten. So ging es dann über Stöckchen und Steinchen in einen der Vororte von Lunsar zum Haus der Frau Pastorin.
Wir wurden erwartet. Sobald der Wagen zum Stehen kam und wir ausstiegen, waren wir umringt von kleinen Kindern, die uns willkommen hießen und umarmten. An den Händen führten sie uns zum Platz, der für die Begegnung vorbereitet war.

Zum Haus gehört noch etwas mehr Grundstück. Früher stand hier noch ein zweites Gebäude, direkt vor dem Wohnhaus, welches die Schule beherbergt. Doch ein Feuer hatte das Gebäude vernichtet und bislang konnte kein Neues aufgebaut werden. Im Jahr 2021 haben sie begonnen, die Schule im Wohnhaus einzurichten. Sie hatten 40 Anmeldungen, konnten jedoch nur 20 Kinder nehmen. Die Finanzierung ließ nicht mehr zu. Die Schule begann mit der 1. Klasse Vorschule – also Kinder im Alter 3-4 Jahren. Mittlerweile haben sie drei Vorschulklassen und eine 1. Klasse Grundschule (Alter 6 Jahre).
Jedes Jahr kommt ein neuer Jahrgang hinzu. Die Schule ist mittlerweile auf 45 Kinder gewachsen. Das Ziel ist, eine komplette Vor- und Grundschule abzuzeichnen.
Wir wurden sehr herzlich willkommen geheißen und durften gegenüber der Kinder unsere Plätze einnehmen. Links von uns saßen die Lehrer und Verantwortlichen der Schule und auf der anderen Seite die Eltern. Nach einem Willkommen durch die Pastorin stellte sie uns die beteiligten und anwesenden Personen vor. Dann sollten auch wir uns vorstellen.
Simone Dengel hatte eine kleine Rede vorbereitet. Die Aufregung der Kleinen ließ die Aufmerksamkeitsspanne eher gering sein, zumal langes Sitzen nicht jedermanns Sache ist.
Wir nutzten das, um allen Anwesenden erstmal einen Lolly zu überreichen und hofften, das würde die Aufmerksamkeit durch Beschäftigung wieder steigern. Auch wenn dies nicht ganz aufging, war auf jeden Fall die Begeisterung – nicht nur bei den Kindern – groß.

Während also dann alle an ihren Lollies hingen, fuhr Simone mit ihrer Vorstellung fort. Danach stellten die Kinder ihr vorbereitetes Programm vor.
Jede Klasse hatte etwas vorbereitet und trug dies nun vor. Beginnend mit den Jüngsten, begann jedes Kind mit seinem Namen, nannte die Schule und in welcher Klasse es ist. Dann je nach Klasse wurden die Wochentage – das Alphabet – eine Zahlenreihe – Rechenaufgaben – Bibelverse und manch anderes vorgetragen. Wenn man das Alter der einzelnen betrachtet, war das schon beeindruckend – auch wenn wir nicht alles englisch verstanden haben. Sie haben sich sehr viel Mühe gegeben und jedes Kind hat seinen Part prima gemeistert.
Im Anschluss gab die Pastorin einen kurzen Bericht über sich und die Geschichte der Schule. Sie hat schon früh den Wunsch gehabt, neben dem Pastorinnendasein auch eine Schule zu gründen, um Kindern die Möglichkeit von Bildung und damit Hoffnung zu geben. So lautet das Motto der Schule auch „Die Zukunft beginnt hier“ im Blick auf die Kinder!
Während sie erzählte, konnte man ihre Leidenschaft und Begeisterung wahrnehmen. Sie ist mit Herzblut dabei und das spürte man auch von Seiten der Lehrer und Eltern!
So brachte sie auch ihre größten drei Herausforderungen vor uns zum Ausdruck. Das erste ist die Sicherung von Lehrergehältern – das zweite die Kinder mit Schulmaterial und täglich einer Mahlzeit zu versorgen. Das dritte war, ein Gebäude zu errichten, in welchem jede Klasse von Vorschule (Kindergarten) bis Grundschule einen eigenen Raum hat.

Wir waren beeindruckt von den klaren und gut definierten Zielen – die uns in einem Paper zur Verfügung gestellt wurden. Man merkte: Hier redet eine, die Erfahrung hat und weiß, was sie tut.
So beschrieb sie auch die Situation der Lehrerschaft. Sie arbeiten mit Lehrern in Ausbildung, die noch keinen Uni-Abschluss haben. Sie redet auch ganz gezielt nicht von Gehalt, sondern von einer „Würdigung“, welche die Lehrer erhalten. Denn jede/r LehrerIn erhält 300 Leones im Monat (15 Euro). Daneben hat sie beschrieben, dass ein 25 Kg Sack Reis 400 Leones kostet und für eine 5-6 köpfige Familie ca. 14 Tage ausreicht. Das führt sehr eindrücklich vor Augen, diese Würdigung reicht nicht zum Überleben.
Aber mehr können sie nicht zahlen – im Gegenteil – sie hat oft Schwierigkeiten, am Monatsende überhaupt diese Würdigung auszuzahlen.

Die Lehrer bleiben in der Regel kaum länger als ein Jahr. Manche beenden ihr Studium und selbst wenn nicht, versucht jeder woanders einen Job zu finden, der besser bezahlt ist. Selbst wenn die Lehrer gerne an dieser Schule und überzeugt von der Vision und Arbeit sind. Aber um die eigene Familie zu versorgen, benötigt man eben Geld!
So gibt es über diese Jahre nur eine einzige Lehrerin, die nicht gewechselt hat. Sie wurde von den Eltern sehr gebeten zu bleiben. Auch das drückt etwas aus. Aruna und Moses gehören ja eher schon zum Inventar und unterstützen die Schule wo und wie sie können – ehrenamtlich.
Im Anschluss sollten wir Gäste uns erklären und wir spürten, wir sollten nun aufzeigen, dass wir helfen und was wir davon oder am besten alles übernehmen und Sorge dafür tragen.
Wir waren bewegt, aber sind eben deutsch. Wir können nicht einfach Versprechungen machen, ohne zu wissen, ob das funktioniert oder nicht. Sicher könnten wir große Zusagen machen, dann abfahren und vergessen, was gesagt wurde. Aber so sind wir nicht.
Ralf erklärte, dass in der hiesigen Kultur die Menschen gerne schnell alles Mögliche versprechen – aber sich kaum einer daran hält. Man sah ein aufmerksames, aber auch nachdenkliches Nicken. Heißt das nun, alle ihre Hoffnungen sind begraben – keine Hilfe???!
Unsere Kultur, Ralf weiter, wir sind anders. Wir brauchen Zeit und Gebet und wenn wir dann etwas versprechen, setzen wir auch alles daran, es einzuhalten. So bitten wir um Geduld – small small. Lasst uns gemeinsam beten und Gott fragen. Lasst uns ihn um Hilfe bitten!
Wir durften noch ein paar Spielsachen und Bibeln überreichen und dann wurde die Elternsprecherin gebeten, eine Ansprache an uns zu richten.

Die Frau hat Power – bedankte sich bei Lehrern und Trägern für ihre Arbeit und Einsatz – freute sich über unser Kommen und Dasein und berichtete von dem, was ihr und den Eltern am Herzen lag. Im Grunde die gleichen Punkte, wie wir sie vorher von der Pastorin gehört hatten. Man merkte, sie gehen im Gleichschritt – das ist gut!
Sie möchten ein Schulgebäude bauen – darin ein Stock für die Vorschule und ein Stock für die Grundschule. Jede Klasse soll ihr eigenes Klassenzimmer haben. Ende Februar wollen sie das in einem Fest feierlich begehen und die Ziele offiziell festlegen.
Jedes Klassenraum soll einen Namen haben und für fast alle Räume haben sie schon einen Namen gefunden. Aber für einen Klassenraum und Gebäudeteil haben sie noch keinen Namen und sie forderte uns auf, doch einen Namen zu nennen und dieser Teil heißen kann und soll – puh das war mal nen Ding!
Wir waren dann doch etwas überfordert – ….
Ralf hatte dann einen Vorschlag und als alle drei dem zustimmten, teilten wir diesen mit. Wir brauchen etwas Zeit und legen es Gott und Menschen hin, damit sich ein Name für dieses Gebäude findet.

Hier am T.E.C.T. hat jedes Gebäude einen Namen – das Studentinnen- Wohnheim heißt Grace Williams House – das der Studenten Jonah Hall bzw. Woolsey Hall – die Chapel – das Admin Gebäude usw. Die Namensgeber sind Personen, die das Gebäude gesponsert haben. Das ist hier in dieser Kultur vollkommen üblich und auch uns ist das gar nicht fremd – oder wie war das mit den Straßennamen am Bildungszentrum Elstal in der „Mitte von Deutschland“ oder mancher Kirchenbank in Gemeinden!?! Erinnerung – Würdigung – Sponsoring eben!
Also vielleicht gibt es ja Menschen, die gerne ihren Namen hierfür zur Verfügung stellen möchten? Oder aber ohne den eigenen Namen und stattdessen einen Namensvorschlag machen wollen?
Bis Mitte Februar sind wir aufgefordert, einen Namen weiter zu geben – schauen wir mal, was Gott da so machen will, wenn!?!
Zum Abschluss wurde uns eine Urkunde als Erinnerung an diesen Tag überreicht – nur einfach dafür, dass wir da waren – ein Gebet und Segen beendete die Veranstaltung.
Mittlerweile war es 12 Uhr. Eltern und Schüler verabschiedeten sich nach und nach. Wir durften mit der Pastorin anschließend eine Führung durch das Haus und den Schul- und Grundstücksbereich machen. Das ist schlicht …. schlicht.
Als wir alleine waren, konnten wir ihr noch drei Säcke mit Kinderkleidung überreichen und gaben 2.000 Leones – die sie nun erstmal für die Schule verwenden kann. Sie weiß am besten, wie und wofür!
Dankbar und sichtbar gerührt ließ sie uns wissen, dass sie gerade (Ende des Monats) kein Geld hat, um die Lehrer zu bezahlen und damit vor Gott gestanden hat. God is good, all the time – all the time, God is good!

Sie erzählte uns, dass der Baptistenbund sie in eine Gemeinde berufen hat, die in Port Loko liegt. Das sind ca. 45 Min. Fahrt eine Strecke – oder, wie man hier rechnet, 200 Leones hin und zurück. Wir fragten, ob die Gemeinde denn ihr Gehalt oder Fahrkosten übernimmt und oder ihr Gemeindebund? Nein – weder von Seiten der Gemeinde, noch von Seiten des Bundes erhält sie ein Gehalt oder überhaupt finanzielle Unterstützung. Manchmal fragen wir uns wirklich, wovon Menschen hier leben und warum sie das dann tun ….
Als wir uns gegen 13 Uhr auf den Weg zurück machten, hielten wir noch kurz beim Campus der Baptisten (BTS) an, damit Simone und Bernd noch einen Blick auf das Gelände werfen können.
Da wird viel gebaut. Beim präsidialen Traum von einem großen vierstöckigen Mehrzweckgebäude steht das Erdgeschoß komplett und auch die 1. Etage ist fast abgeschlossen.

Jede Baptistengemeinde wurde aufgefordert, ein Gebäude auf dem Compound zu finanzieren und zu bauen. Da könne man dann bei Gemeindefreizeiten etc. kostenlos unterkommen. In jedem Fall benötigt man Unterbringungsmöglichkeiten für die Gäste, die zur 50 Jahrfeier im April anreisen. Vier Gebäude befinden sich im Bau – eines kommt noch und es sind alles die großen Freetowner Baptistengemeinden die hier bauen.
Auf dem Compound wurde uns mitgeteilt, dass wir den Präsidenten über unseren Besuch auf dem Gelände informieren sollten – aber mehr noch, dass wir Gäste aus Deutschland dabei haben. Also informierte Christina ihn. Wieso wir ihn nicht vorher informiert haben? Der zweite Satz war dann prompt, ob die Gäste in irgendeiner Form den Baptistenbund und die 50-Jahr Feier unterstützen s/wollen? Eine interessante Vorstellung und Denke – kann man so machen, muss man aber nicht.
Auf dem Rückweg hatten wir Zeit, um die Begegnungen an der Schule Revue passieren zu lassen. Wir waren ob der Leidenschaft, des Engagements und Gottvertrauens beeindruckt. Not, Armut und Ungerechtigkeit sind belastend und verstörend. Aber die Freude, der Dank und die Fröhlichkeit dieser Menschen trotz alledem ist einzigartig!
Nun, mal sehen, was Gott weiter tut und welcher Name auf dem dritten Gebäude prangen wird. Wir beten für Lehrer, Kinder und die Verantwortlichen. Gott hört, Gott sieht, Gott hilft. Probier´s aus!