Über ihre Vorlesungen kommt Christina mit jeder Menge Studierenden in Kontakt. Einer davon ist Jeremiah – er ist schon etwas älter und studiert gerade auf Bachelor am T.E.C.T. – nebenher ist er Pastor einer kleinen evangelikalen Gemeinde mit südafrikanischen Wurzeln in Hastings, der Stadtteil direkt neben Jui.

Jeremiah hatte den Wunsch und die Bitte, dass Christina einmal in seiner Gemeinde predigen möge. Na, aber sicher doch! So wurde ein Termin ausgemacht und siehe da, es war der Sonntag des „Putsches“ – also fand dieser Besuch spontan nicht statt – die Ausgangssperre hat es verhindert. Es sollte also nächsten Sonntag stattfinden und da wir keine anderen Verpflichtungen hatten, machten wir uns eine Woche später als geplant auf den Weg dorthin. Jeremiah wollte uns an der Hastings Junction (Kreuzung) erwarten und den Weg zur Gemeinde zeigen. Alleine hätten wir das wahrscheinlich nicht gefunden. Wie immer abenteuerlich, wo sich diese Gemeinden verstecken.

Der anfängliche Weg von der Hastings Junction war super ausgebaut – davon kann Jui nur träumen. Als es aber mehr und mehr in die Hügel ging, wurde der „Weg“ enger – holpriger und schwierig. Vor einem ummauerten Gebäude am Ende dieser „Straße“ parkten wir dann – weiter ging auch nur noch ein Fußweg. Wie man hier wenden soll, um wieder zurück zu kommen …? Nun ja, jetzt erstmal Gottesdienst, dann sehen wir weiter.

Es war wirklich eine sehr kleine Gemeinde. Und mit Sicherheit die sozial schwächste, die wir bisher besucht haben (sie ist auch am weitesten weg von der Stadt). Wir wurden sehr herzlich und freundlich – aber auch mit großen und staunenden Augen willkommen geheißen. Die meisten hier haben wohl noch keine weißen Menschen gesehen – bestimmt auch nicht in ihren Gottesdiensträumen.
Wir durften natürlich wie gewohnt in der ersten Reihe sitzen und irgendwann würde dann Christina mit der Predigt starten. Zu Beginn gab es eine Bibelstunde. Als wir ankamen, waren kaum Menschen da – aber mit der Zeit wurde der Raum gut voll. Nach 30 Minuten war die Bibelstunde vorüber und Pastor Jeremiah begrüßte die Versammlung. Er wies auf uns und meinte, Ralf sollte uns doch bitte vorstellen und wer wir sind, was wir hier machen. War nicht abgesprochen, aber gut. Wir werden flexibel.

Es folgte eine angeleitete Zeit des Gebetes. Da sie keinerlei Musikinstrumente haben, wurde ein Band mit Melodien eingespielt und dazu gesungen. Nach der Worship Zeit übernahm Pastor Jeremiah und wollte Christina als Predigerin vorstellen. Aber wer könnte das besser, als ihr Ehemann …. – also durfte Ralf auch diesen Part spontan übernehmen und sang ein Loblied auf die Vorzüge seiner lieben Ehefrau und Kollegin … (Einwurf der Ehefrau: Er hat das sehr wertschätzend und liebevoll getan!) Danach kam die Textlesung und Christina übernahm die Predigt.
Sie hat das wieder mal sehr gut gemacht und auch das wurde im Anschluss immer wieder betont. Interessant war aber auch, dass Pastor Jeremiah sich bei der Gemeinde erklärte und meinte, es wäre heute eben etwas länger mit der Predigt geworden, aber das hat ja auch gute Gründe. Bisher haben wir immer gehört predigen soll man mind. eine Stunde und das schaffen wir eh schon kaum – hier war es anders und der gesamte Gottesdienst blieb deutlich unter zwei Stunden – was wir sehr angenehm fanden.
Nach der Predigt und den Bekanntmachungen wurde die Kollekte gesammelt – überraschenderweise „nur“ eine. Davor wurden die Gemeindemitglieder nach vorne gebeten um ihren „Zehnten“ (Maleachi 3) zu überreichen und wurden einzeln vom Pastor gesegnet. Es ist eine sehr arme Gemeinde.

Dann forderte er Menschen auf, nach vorne zu kommen mit dem was sie mitgebracht haben. So kamen einige Personen mit Tüten voller Obst und Gemüse und brachten es zum Pastor – auch diese wurden gesegnet. Wir dachten der Pastor würde mit Naturalien bezahlt – würde hier passen. Wir sahen, wie sehr er sich über die Menge freute. Doch er wies darauf hin, dass erst in drei Wochen der Pastorensonntag wäre. An diesem wird die Kollekte an ihn gehen. Da er kein Gehalt oder sonstige Zahlungen erhält, gibt es einmal im Jahr diese Möglichkeit, dem Pastor für seine Arbeit zu danken. Diesen Pastoren Appreciation Sonntag gibt es in jeder Gemeinde hier. Wäre das ein Gedanke, der sich auch anderorts transferieren liesse …?
Also waren die Tüten mit Obst und Gemüse eben für ihn, dachten wir. Als er schließlich uns in den Blick nahm, verkündete er, dass dies hier für uns gesammelt und gebracht wurde – wow, damit haben wir überhaupt nicht gerechnet. Gleichzeitig waren wir beschämt, weil wir so viel haben und sie kaum etwas. Doch ablehnen ist keine Option. Das wäre völlig unpassend gewesen.
Wir entschieden uns, nach dem Gottesdienst noch mal unauffällig am Kollektenkorb vorbei zu gehen und dort 1.000 Leones einzulegen (50 Euro).

Bei der Verabschiedung kamen wirklich fast alle auf uns zu und wollten uns die Hände schütteln – haben sie auch. Alle Arten von großen, kleinen, klebrigen und schweißnassen Händen – unsere waren dann auch bald entsprechend.
Ein schöner und interessanter Gottesdienst endete und wir wurden zum Auto eskortiert, die Tüten mit den Lebensmitteln ins Auto gebracht und dann ging es ans Wenden. Nicht ganz einfach, aber in kleinen Schritten gelang auch das, ohne irgendwo anzustoßen oder runter zu fallen – Danke Gott.