Putsch die 3.

Nun sind nach dem Putsch oder wie immer man das nennen mag gute zwei Wochen vergangen und man kann wirklich sagen, es herrscht fast „Normalität“.

Der Verkehr fließt wieder normal chaotisch – Menschen stapeln sich in den öffentlichen Verkehrsmitteln und auf den Märkten. Shops und Länden haben auf wie immer und auch in den Schulen und Universitäten herrschen die gewohnten Abläufe.

Während also das Leben wieder in den Alltag übergegangen ist, unternimmt die Regierung weiter „Aufklärungsarbeit“.

Wie gesagt ein gutes Dutzend sind wohl wieder in sicherem Gewahrsam

In einem öffentlichen Schreiben wurde erklärt, dass der ehemalige Präsident, der großen Gegenpartei am Freitag vor Gericht erscheinen soll. Unter den „Rebellen“ bzw. in deren Umfeld sollen ein paar seiner ehemaligen Security – also seines Sicherheitsschutzes, als er amtierender Präsident war – gewesen sein. Und zudem wurde ja schon lange gegen ihn wegen Veruntreuung in seiner Amtszeit ermittelt.

Nun muss sich der ehemalige Präsident also verantworten, in wie weit er mit diesem Putsch zu tun hat. Suggeriert wird dadurch, dass er bzw. seine Partei hinter diesem Anschlag auf die „Demokratie“ steckt.

Die (Ein-)Ladung zur Aufklärung

Dieser teilte daraufhin öffentlich mit, dass er weder etwas davon wusste, damit zu tun hat und am Freitag vor Gericht erscheinen wird. Gleichzeitig ermahnte er seine Partei und Anhänger – zu Frieden und Gelassenheit – Verzicht auf Gewalt, unabhängig was passiert.

Die Anhörung am Freitag sprach ihn schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe in Höhe von mehreren tausend Dollar – seine Wohnung wird als Sicherheit genommen und er selbst steht bis zum Ende des Prozesses unter Hausarrest. Was uns nicht so ganz logisch erscheint, weil wenn er verurteilt wurde, wieso geht dann der Prozess weiter. Wundern –  nicht fragen!

Erstmal Schuldspruch wegen Veruntreuung

Als das Urteil verkündet wurde, verteilte sich diese Nachricht durch die sozialen Netzwerke in Windeseile und in Folge dessen, gab es in Freetown vor dem Gerichtsgebäude Proteste – Gewalt und auch in manchen Teilen des Landes wurde von selbigem berichtet. Gerade in den Bereichen, die dem ehemaligen Präsidenten zugetan sind.

Für Nathanael waren zwei intensive Wochen vorüber. Jeden Tag zwei Prüfungen – eine vormittags, eine mittags. Er hat noch nicht alle Ergebnisse zurück, aber mit dem bisher bekannten, ist er fröhlich und wir sehr dankbar und stolz. Er hat das sehr gut gemacht und sich mächtig entwickelt. Es gibt ein-zwei Ausrutscher, aber auch das wird sich geben und wir können in keinem Falle meckern. Er geht gerne zur Schule und ist mit dem was er da tut und erlebt, zufrieden. Das ist für uns wichtig und gut zu hören! Irgendwo hat man ja als Eltern immer die leisen Zweifel und Fragen, was man seinem Kind damit antut.

don don – fertig für dies Jahr – good Job!

Was nach wie vor schwierig für ihn ist – jedenfalls des Öfteren ist das unterirdische und oft nicht funktionierende Internet und wie auch für uns, der ständig abwesende Strom.

Nachdem er am Donnerstag seine letzten Prüfungen geschrieben hatte, meinte er dass er nun eine Pause braucht und am Freitag nicht zur Schule wollte.

Wir hatten schon zuvor wahrgenommen, das nach Prüfungswochen, kaum noch etwas an Unterricht läuft, teils Lehrer nicht mehr da sind und ebenso Schüler. Somit stimmten wir zu und blieben am Freitag in Jui.

Als wir später vom Urteil und den Protesten hörten, waren wir dankbar, diesen Tag nicht in Freetown unterwegs gewesen zu sein – Danke!

Die vielen Militärkontrollen haben sich in Freetown und Vororten so gut wie aufgelöst. Ab und an gibt es mal eine, die dann den ganzen Verkehr aufhalten und wo eher lustlos kontrolliert wird. Auf jeden Fall müssen die Passagiere vor der Kontrolle aus dem Taxi um dann hinter der Kontrolle wieder ins Taxi einzusteigen. Allein diese Aktion blockiert den Verkehr enorm. Zudem entwickelt sich an diesen Stellen eine extreme Marktsituation – lauter fliegende Händler, die ihre Waren anbieten und zusätzlich den Verkehrsfluss behindern.

Checkpoint – Fahrzeug und …. Personenkontrolle??

Wir konnten nirgends erkennen, dass die Fahrgäste in irgendeiner Art und Weise kontrolliert bzw. ihre Identität geprüft wurde. Einzig die Fahrzeuge wurden in Augenschein genommen. Wahrscheinlich suchen sie mehr nach Waffen etc. als nach den entflohenen Gefängnisinsassen.  

Die nächste Anhörung findet in der kommenden Woche statt und so schauen wir mal wie sich das weiter entwickelt. Warum man den ehemaligen Präsidenten, wenn er doch schuldig ist, nicht einsperrt, entzieht sich unser Erkenntnis.

Warum, wenn er mit verantwortlich ist, „nur“ mit einer Geldstrafe davon kommen soll bzw. sein Besitz konfisziert wird, ist auch eher schwer zu begreifen. Denn immerhin ist eine ganze Reihe an Todesopfern auf allen Seiten zu beklagen!?

Nun ja, es gibt eine ganze Menge an Gerüchten und, wie sagt man so schön meine Wahrheit macht sich jeder selbst. Die Schwierigkeiten liegen eher darin, die Wahrheit zu erkennen – möge also Gott Richter sein und Wahrheit und Gerechtigkeit nach Sierra Leone bringen.

Für alle Flugreisenden gibt es gute Nachrichten. Die nationale Ausgangssperre wurde nun auf 24 bis 6 Uhr eingeschränkt. So gibt es hier auch Entlastung und Sicherheit.

Das hat manche Internationale verunsichert

Nathanaels Schule hat gerade berichtet, dass die Weihnachtsfeier und damit Abschluss der Schule vor den Weihnachtsferien auf Donnerstag gelegt wurde, statt wie ursprünglich im Jahreskalender am Freitag. Vermutlich liegt das am nächsten Prozess Tag, der wieder freitags stattfindet – eine weise Entscheidung.

In der Schule läuft tatsächlich nicht mehr viel – nach Nathanael eigentlich gar nichts mehr. Die Schüler beschäftigen sich mit ihren Handys – in seiner Klasse sind ohnehin nur noch drei Schüler von neun erschienen und Unterricht findet keiner mehr statt.

So geht er noch Dienstag zur Schule – Ralf nimmt ein paar Lehrer wahr (Elternsprechtag) und dann geht es mittags nach Jui zurück. Mittwoch bleiben wir in Jui und Donnerstag nehmen wir an der Weihnachtsfeier der Schule für zwei Stunden teil. Danach gehen wir zu „DiGrano“ einer Pizzeria um Pizzen als erfolgreichen Abschluss des ersten Terms zu ordern und zu feiern.

Christina ist gerade zum Blockunterricht in Lunsar, kann leider nicht mitfeiern, aber das ist eine andere Geschichte.

Merry Christmas