Menschen aus der Christusgemeinde Siegburg werden sich gewiss noch gut an den Namen Braugh erinnern.
Es fing im Jahre 2004 an, als ein junger Mann mit einer Gruppe Texaner zu einem Missionseinsatz nach Deutschland kam, um in Schulen Unterricht in Englisch zu gestalten – Travis Braugh.

Aus diesem Anfang wuchs eine Partnerschaft zwischen der First Baptist Bryan und der Christusgemeinde Siegburg, die über 15 Jahre anhielt. Nur eine Schule wollte zu Beginn unsere Teams haben, aber über die Jahre wurden es mehr als 15 Schulen aus dem Rhein-Sieg Kreis, die von dieser besonderen Möglichkeit profitieren wollten. Teams aus jungen Texanern gestalteten Schulstunden über typisch amerikanische Themen und kamen mit jungen Deutschen Schülern auf Englisch ins Gespräch.

Nach fünf Jahren mit Schuleinsätzen kamen Baseballcamps, welche beide Gemeinden über 10 Mal durchführten.
Fast durchgehend war Travis mit von der Partie – am Anfang noch als Student, dann aus seinem Job als Lehrer heraus.
Alles hat seine Zeit und ist vergänglich – weder Schuleinsätze noch Baseballcamp gibt es noch und auch die Partnerschaft ist vorüber. Kontakte und Beziehungen, die über die Jahre gewachsen sind, gibt es jedoch noch – manche sogar in lebenslangen Partnerschaften.

Anfang 2023 haben wir beim Treffen mit den Internationalen in Sierra Leone gehört, dass ein Mercy Ship nach Sierra Leone kommen wird.
Mercy Ships wurde 1978 von Don und Deyon Stephens in Lausanne (Schweiz) gegründet. Inspiriert durch den christlichen Glauben war es ihre Vision, den Ärmsten der Armen mit Hospitalschiffen qualifizierte medizinische Hilfe zu bringen. Waren sie zu Beginn noch Teil der internationalen Organisation „Jugend mit einer Mission“, sind sie seit 2003 eigenständig.

Mercy Ships ist eine internationale, christlich motivierte Hilfsorganisation, die derzeit mit der Africa Mercy und der Global Mercy die beiden größten zivilen Hospitalschiffe der Welt (seit 2007 bzw. 2022) betreibt. Sie behandelt Patienten kostenlos, unabhängig von ihrer Religion, Herkunft oder Geschlecht.
Im Laufe seiner Geschichte besuchte Mercy Ships 594 Häfen und erbrachte Hilfsleistungen in mehr als 57 Ländern. Der Wert der ehrenamtlich geleisteten Unterstützung und Materialspenden beläuft sich auf über 1,5 Milliarden Euro. Die Einsätze kamen bislang 2,8 Mio. Menschen zugute. Über 110.000 Operationen wurden durchgeführt.
Und nun also ist Mercy Ships in Sierra Leone – zum zweiten Mal. Bereits 2003 war die Organisation in Sierra Leone gewesen. Seit Juli 2023 sind sie nun für 10 Monate in Freetown vor Anker.
Im Juni erhielten wir eine Nachricht von Shannon Braugh. Sie hat über ihren Bruder Travis gehört, dass wir als Familie in Sierra Leone sind und da sie ab Juli auch in Sierra Leone sein wird, ob wir uns dann nicht mal treffen wollen – na klar wollen wir – die Welt ist ein Dorf!

So haben wir uns im September mit Shannon verabredet, sie beim Schiff abgeholt und einen netten Tag zusammen verbracht. Sie ist gelernte Krankenschwester und hatte den Eindruck, sich zum zweiten Mal für einen längeren Term bei Mercy Ships zu bewerben. So wird sie nun für 2 Jahre bei Mercy Ships arbeiten und auf dem Schiff leben. Die meisten Menschen, die auf dem Schiff arbeiten, tun das ehrenamtlich – erhalten also kein Gehalt. Sie müssen selbst für ihren Spenderkreis sorgen, um über die Runden zu kommen. Manche machen einen Kurzeinsatz von wenigen Wochen, andere verpflichten sich zu einem längeren Aufenthalt – alle inspiriert von der Idee, den Ärmsten der Armen zu helfen. Sie wissen sich durch Gott gerufen.

Den Internationalen in Sierra Leone wurde angeboten, eine Besichtigungstour auf dem Schiff zu erhalten. Das wollten wir natürlich unbedingt und so liefen wir mit einer Gruppe von 10 Personen an einem Samstag zu einer Führung beim Schiff auf. Die Moses waren mit 5 Personen vertreten, Thamara, Wendy und dreimal Döhring – die Jui Gang (alles Internationale im Dienst für Gott aus der gleichen fußläufigen Nachbarschaft).

Samstag und Sonntag sind Ruhetage auf dem Schiff. Dann haben die meisten Mitarbeiter frei und sind unterwegs. Das Schiff selber bietet für seine Mitarbeiter unterschiedliche Touren und Möglichkeiten an, um das Land zu erleben (z.B. zu Nationalpark, Strand, Provinzen, Stadtführung etc.). Viele gehen in die Stadt zum „shoppen“ bzw. die Kultur zu erleben.
Der Hafen ist rundum gesichert. So mussten auch wir durch eine ganze Reihe von Sicherheitskontrollen – aber alles ganz easy. Wir waren ja angemeldet – Ausweisdaten – Fahrzeugkennung – etc. – wir dürfen.

Aufgeregt und pünktlich waren wir schließlich im Empfangsbereich vor dem Schiff. Als alle da waren, wurden wir von Pastor Koffi Govi-Dankqo aus Benin in Empfang genommen. Er arbeitet als Geistlicher auf dem Schiff und war unser Tourguide. Er ist mittlerweile schon viele Jahre mit Mercy Ships im Dienst.

Durch die Begegnung mit Shannon haben wir uns manche Gedanken über das Leben an Board gemacht und darüber, ob wir wohl damit klar kommen würden. Enge Räume – Zimmer – Duschen – WC (Flur / Gruppeneinheiten) – Strom – Kommunikation …. – wir hatten so unsere Vorstellungen von den Missionsberichten und Biographien – zugegeben aus vergangenen Zeiten – aber was sollte sich da schon getan haben!?!

Zuerst mussten wir durch die Sicherheitsschleuse – jeder sollte seinen Reisepass dabei haben, um sich auszuweisen. Gecheckt wurde, ob die Daten der Anmeldung auch stimmen. Wir erhielten einen Besucherausweis und dann ging es wie beim Traumschiff über die Seitengangway 30 Meter in die Höhe ins Schiff. Dort war die Rezeption und schon da wurde uns das Bild eines topmodernen Hotels vermittelt. Sauber, ordentlich, geradezu großzügig – wie in einer Lobby. Dort erhielten wir einen Selbsttest für Corona, den jeder machen musste. Corona ist nach wie vor vorhanden. Auf dem Schiff wäre ein Ausbruch fatal – Krankenhaus eben.
Danach ging es im Aufzug nach oben in den 11. Stock. Die Tour sollte auf dem Außendeck beginnen, um dann Etage für Etage nach unten zu steigen.

Es war echt beeindruckend – nie hätten wir uns so etwas vorgestellt – verkehrt waren unsere Bilder im Kopf. Alles erinnerte an ein sehr gutes Hotel – sauber – großzügig – angenehm. Unzählige Gruppenräume – Lounges – Möglichkeiten zum Relaxen – sich aufzuhalten und zu treffen.
Insgesamt können über 600 Personen auf dem Schiff leben und arbeiten. Im Moment sind es um die 400 Personen – also unterbesetzt. Gerade Krankenschwestern werden dringend benötigt und gesucht – aber auch in anderen Bereichen werden Mitarbeiter bzw. Freiwillige gesucht.

Das Schiff ist wie ein eigenes Dorf. Handwerker – Reinigungskräfte – Techniker – medizinischer Bereich – Küche – Pädagogen – Laboranten – Seelsorger etc. An Bord befinden sich aus aller Herren Länder Menschen – Singles – Verheiratete – Familien. Für die Kinder gibt es eigene Schulen, es gibt eine Bibliothek und Spielbereiche – mit Pool, Kino, Sportmöglichkeiten und Internet-Café.

Eine große Cafeteria – ein Speisesaal. Das Essen gibt es zu bestimmten Zeiten, aber durchgehend kann man dort Kleinigkeiten zum Essen oder Trinken besorgen und sich einfach mal etwas zurückziehen. Unter der Woche ist das volle Leben dort, am Wochenende deutlich entspannter – wir waren beeindruckt und manch einer konnte gar nicht genug von der „richtigen“ Milch bekommen, die es dort umsonst zu nehmen gab!

Alle Räume auf dem Schiff waren wohltemperiert (Christina würde sagen furchtbar kalt!) – o wie angenehm – das Boot verfügt über eigene Generatoren und ist nicht den Willkürlichkeiten der staatlichen Stromversorgung (EDSA) ausgeliefert. Geht ja auch gar nicht anders bei einem Hospitalschiff mit drei Operationssälen. Die hiesigen Krankenhäuser müssen jedoch mit dem unzuverlässigen EDSA leben (wir auch). OPs werden ohne Strom durchgeführt. Kein Wunder, dass die Sterblichkeitsrate derart hoch ist… Der öffentliche Strom ist schon ein großer Mist – meist über viele Stunden und Tage nicht da!

Zurück zum Mercy Ship: Es ist wirklich an alles gedacht, um das Leben derer, die hier ihren Dienst tun und ihre Berufung leben, so angenehm wie möglich zu machen – toll!
Als wir durch einen der Flure liefen, an deren Seiten die Zimmer der Mitarbeiter abgingen – öffnete sich eine Tür und wir wurden kurzerhand in den persönlichen Wohnbereich einer fünfköpfigen Familie eingeladen – super! Denn wie lebt man auf dem Schiff? Klar, es ist keine riesige Wohnung. Aber dort ist deutlich mehr Platz als gedacht. Kleine Küchenzeile im Raum mit gemütlichen Wohnzimmercharakter – Schlafzimmer – Bad – zwei kleine Kinderzimmer etc. Es war deutlich anders als wir uns das vorgestellt hatten.

Shannon hatte schon gesagt, dass sie sich mit einer anderen Mitarbeiterin ein Zimmer teilt, aber es dennoch ausreichend Platz für beide gibt.

Selbst einen kurzen Blick in einen Krankenhausbereich konnten wir werfen – auch wenn dort kein Betrieb herrschte, erhielten wir einen Einblick in das professionelle Innenleben dieses Schiffes: Operationssaal – Labor – Krankenzimmer – sogar eine eigene Palliativabteilung – ein Krankenhaus eben. Wir hörten und sahen so manche Geschichten aus dem Alltagsleben von Mercy Ships. Wer hier gerne mehr und Genaueres sehen möchte, kann auf Youtube jede Menge Filmchen finden und einen Eindruck bekommen.

Dort werden besonders schwere Fälle behandelt, die vor Ort keine Chance auf Heilung haben. Es geht um Entstellungen, verkrüppelte Körperteile oder Wucherungen. Es ist kein „normales“ Krankenhaus, sondern bietet ausschließlich spezielle Behandlungen an, um Betroffenen zu helfen.

Auf dem Schiff gibt es einen kleinen „Andachtsraum“ bzw. Ort der Stille sowie einen großen Saal, in welchem sonntags Gottesdienste stattfinden. Sie nennen das jedoch anders, um auch Außenstehenden eine Möglichkeit zur Teilnahme zu geben. Sie nennen es „Familientreffen“. Dort werden Geschichten erzählt – Geschichten hört jeder gern. Letztlich hat Jesus auch überwiegend Geschichten erzählt und seine Zuhörer begeistert.

Gute 3 Stunden später und viele Treppen rauf und runter waren wir schließlich wieder beim Empfang und traten in die schwülheiße Wirklichkeit – können wir umkehren!??
Es war wirklich eine andere Welt und wir alle konnten sagen: Es war beeindruckend, was Gottes Leute so alles drauf haben, wenn er an Bord ist. Sie leisten eine geniale Arbeit dort und davon konnten wir uns ein Bild machen.
Zurück in Jui erwartete uns der Alltag – kein Strom – Hitze und Schwüle – welcome back – Danke!
