In einem der letzten Gottesdienste wurde wie gewöhnlich zu Beginn des Gottesdienstes zum Gebet aufgerufen. Während von vorne die Einladung zum Beten kommt – beginnt die Gemeinde jeder persönlich zu beten – ein heiliges Murmeln.
Gleichzeitig betet die Person von vorne dann immer für bestimmte Anliegen und Bereiche, um so der Gemeinde zu helfen, wofür sie beten können – eine kleine Hilfestellung zum Gebet.

Am Anfang geht es immer um Dank an Gott. Vor allem Dank für Bewahrung in der Woche – am Arbeitsplatz – Schule usw. Danke auch für Schutz und Bewahrung im Straßenverkehr, dass man in keinen Unfall geraten ist – nicht verletzt – nicht gestorben.
Weil es eben jeden Sonntag so ist, kommen schon mal die Gedanken, inwieweit das jeden Sonntag immer wieder sein muss – sind das nicht belanglose Selbstverständlichkeiten!?
Doch eben an diesem Sonntag kam Ralf der Gedanke, dass hier ein Perspektivwechsel helfen würde. In unserer Kultur gehen wir grundsätzlich davon aus, dass alles gut läuft – wieder gut wird. Dass Geplantes geschieht – ja fast, dass wir ein Recht auf ein gutes und sicheres Leben haben. Recht auf ein Rundum-Sorglos-Paket.
Sicher, wenn wir darüber nachdenken, wissen wir und sagen, dass es so nicht ist. Aber leben tun wir es dennoch anders, oder?. Wenn etwas nicht klappt, Schlimmes passiert, dann fühlen wir uns verraten und betrogen – das haben wir nicht verdient – das ist nicht gerecht – warum ich?!!
Es ist, als ob dahinter die Überzeugung steckt, dass wir ein Recht auf ein gutes, sicheres und heiles Leben haben. Wenn dann etwas anderes passiert, sind wir logischerweise zutiefst verunsichert, hadern – lamentieren.
Hier gehen die Menschen von vornherein davon aus, dass das Leben hart und ungerecht ist. Dass nichts läuft wie gewünscht oder erhofft. Dass Leid, Elend, Böses nicht weit entfernt sind und jederzeit in das Leben Einzug halten können.
Das ist ihre Lebenserkenntnis – das Leben ist hart, unfair und hält schmerzhafte und böse Dinge für einen bereit. Das ändert sich auch nicht, nur weil man als Christ unterwegs ist. Im Gegenteil, oft fangen dann erst richtig Probleme und geistliche Kämpfe an. Deshalb führt diese Lebenswirklichkeit die Menschen hier tatsächlich dahin, für die „alltäglichen“ Dinge zutiefst zu danken.
Wir merken wie verschieden unsere Kulturen sind und wie eingefahren und manchmal auch beschränkt wir dadurch sind. Wir kommen hier ständig an unsere Grenzen und werden nicht selten darüber hinaus geschubst. Wie oft sind wir dann am Jammern, Klagen – naja als guter Deutscher am Schimpfen und Hadern.
In der Tat gibt es nichts Schönes oder Rühmenswertes an diesen Dingen – aber zum einen lernen wir, nichts als selbstverständlich zu nehmen, sondern versuchen dankbarer für alles zu werden. Und eben auch die Erkenntnis – das Leben läuft nie rund – ist nicht gerecht und Böses begegnet uns auf unserem Weg – das aber wiederum führt uns zu Gott.

Durch diesen Perspektivwechsel gewinnen wir einen neuen Blick auf die Abhängigkeit zum Leben und Gott und auch zum Gebet. Ja, danke für die Bewahrung im Straßenverkehr, auf dem Weg in die Schule, in der Familie, in der Gemeinde. Wie gut und froh wir sind, einander wiederzusehen und in Gott zu stärken – wie schön und danke dafür!