Ein ganz normaler Tag …. – fast

Wie immer unter der Woche stehen wir gegen 5.30 Uhr auf, um uns langsam aber sicher für die Schule bzw. die Fahrt zur Schule bereit zu machen. Gegen 7 Uhr besteigen Nathanael und Ralf das Auto, um sich auf den Weg zu machen. Am Tor vom T.E.C.T. nehmen sie in der Regel zusätzlich zwei – mitunter bis zu 4-5 Personen – bis zur Jui Junction mit – eine immense Kostenersparnis und Hilfe. Für die knappen 3-4 Km benötigt man gute 15 Minuten, je nach Wetterlage auch mal etwas länger.

At the Gate

Noch befinden wir uns in der Regenzeit und so hat es in den letzten Tagen immer wieder ergiebig geregnet, auch in der Nacht davor durchgehend bis zum Morgen. Das macht die Jui Road nicht besser. Da das Wasser an vielen Stellen nicht ablaufen kann, bilden sich regelrechte Bassins – teils bis zu 50-60 cm tief. Gottlob wer ein höher gelegtes Fahrzeug hat ….

Am Vortag wurde an einer Stelle, die besonders von Löchern und Wasser durchzogen war, Schotter – oder vielmehr der ganz normale rote Lehmstein auf einem Haufen abgeladen. Dann „gleichmäßig“ verteilt. Bei der Rückfahrt meinte Ralf noch, dass dies keine gute Idee ist. Wenn es regnet, dann wird das hier eine wahre Schlammfalle.

Nächster Tag neues Glück – wie gesagt, es hat reichlich Wasser von oben gegeben. Während sie den ersten Kilometer im Schritttempo und „Stop and Go“ zurücklegten, deutete sich an, dass da vorne ein Problem war – ein Auto stand links und eines rechts, dazwischen passte kaum ein Bike. Das eine Fahrzeug, ein LKW, war einfach im Schlamm hängen geblieben und kam nicht wieder frei. Daneben stand ein Minivan, der im aufgeweichten Schlamm ebenfalls feststeckte – da ging gar nichts mehr. Das blieb auch so die nächsten 15 Minuten.

Nix ging mehr – über Stunden. Die linke Spur neben dem LKW nahm dann das Bike mit Ralf drauf …. – der Herr schenkte Gnade

Nun wurde Ralf aufgefordert, über den Abflusskanal auf den Fußweg auszuweichen, um diese Stelle zu umfahren. Ein kleiner Pkw ist gerade daran gescheitert, der in der Mitte aufsaß und nicht weiter konnte und gerade noch schaffte zurück zu setzen.

Eines lernt man hier sehr schnell, vertrau keinem – noch nicht mal einem Polizisten (beim Verkehr regeln), wenn er dich auffordert loszufahren. Andere Verkehrsteilnehmern ist das nämlich Wurst. Sie fahren vor – hinter – neben dir, ob du nun kannst, darfst oder sollst. Und wenn was passiert, bist am Ende immer Du der Dumme – also achtsam fahren.

So stieg Ralf aus, lief ein wenig die Trasse auf und ab um sich selbst ein Bild zu machen – können wir das schaffen – der Optimismus ob dieser Möglichkeit war gering. Doch auf der regulären Straße lief nichts und das würde wohl auch noch länger so bleiben.

So waren wir dankbar, dass auch ein anderer SUV aufgefordert wurde, doch diese „Ausweichstrecke“ zu nehmen – Ralf ließ ihm gerne den Vortritt und schaute sich das lieber erstmal an.

rechts wo das Bike ist – war der Fußweg an den Häusern vorbei – der Weg auf die „Straße“ war blockiert und auf der Trasse stand rechts dann noch ein festgefahrener 9-Sitzer.

Dann folgte Ralf in einigem Abstand – wir mussten ja zur Schule. Zweimal schrappte der Wagen kurz den Boden und an zwei Stellen schmierte der Wagen fasst in Richtung der nebenstehenden „Häuser“ ab – aber es klappte …. Bis, ja bis wir zu einer Stelle kamen, wo bereits ein Fahrzeug im Graben lag und eine Auffahrt auf die „reguläre Straße“ verhinderte – direkt daneben saß ein 9-sitzer mitten auf dem weiterführenden Fußweg im Schlamm fest und steckte fest.

Weder schieben noch sonst etwas half – nun saßen wir in der Falle – nichts ging mehr, weder vor noch zurück. Neben dem 9-Sitzer war etwas Platz, das war aber so abschüssig, eng und mit einem riesigen Steinhaufen im Weg, dass ein Vorbeifahren unmöglich …. schien.

Nach weiteren 10 Minuten verließen unsere Gäste das Auto, um auf ein Bike umzusteigen, damit sie noch zur Schule kämen.

Wieder 10 Minuten später fing einer mit einer Schaufel an, diesen Steinhaufen abzugraben und nach etwas Zeit wagte tatsächlich das Fahrzeug vor uns den Versuch, am steckengebliebenen Fahrzeug vorbei zu fahren. Es war eng, abenteuerlich, aber es klappte. Wir hinterher. Danach ging es in gewohnter Ruckelpartie im Schritttempo zur Junction und auf die „gute Straße“ Richtung Freetown.

Wir kamen knapp, aber fast pünktlich an der Schule an und Ralf konnte sich wieder auf dem Weg nach Jui machen – hoffentlich hatte sich das Problem mittlerweile erledigt?!? In der Regel sind sie hier recht kreativ und finden schnelle alternative Möglichkeiten.

Denn Ralf musste wieder zum T.E.C.T., Bankunterlagen abholen, um damit nach Wellington zur Bank zu fahren. Er hatte um ein Treffen mit dem Manager gebeten, um ihm bei einem Problem zu helfen.

Tags zuvor wurden wir von Christinas Arbeitgeber informiert, dass generell keine Überweisungen mehr auf unser Konto in Sierra Leone zustande kamen. Die Transferbank in Ghana arbeitet nicht mehr mit der Bank in Sierra Leone zusammen und so klappt der bisherige – ohnehin langsame –  Weg nicht mehr.

Wir wussten noch nicht mal, dass bei solchen Auslandsüberweisungen andere Banken zwischengeschaltet werden. Aber kümmert euch mal drum! Da unsere Finanzen hier zur Neige gehen, sind wir auf das Gehalt etc. schon angewiesen.

Jui Road – die Straße mit den tausend Seen – die Frage die sich unweigerlich stellt – ob man nicht einen Kanal anlegt, um mit Booten zu paddeln ….

Als nun Ralf in Jui ankam, stellte er fest: Das „Problem“ hatte sich nicht gelöst und die Parallelstrecke war ebenfalls nicht mehr nutzbar – zu aufgeweicht. Was tun?

Ralf ließ den Wagen einfach an der Straßenseite stehen, nahm ein Okada (Motorradtaxi) und ließ sich von diesem über Stock und Stein – durch Schlamm und Wasserpools zum T.E.C.T. fahren.

Dort angekommen, wurde er gleich voller Aufregung am Tor begrüßt, der Plumber (Sanitär-Installateur) ist da! Ja gut, Ralf kennt ihn, so what? Dieser begleitete Ralf, weil er Leitungen checken wollte. Ok – wo – welche – was hat das mit Ralf zu tun???

Im Haus angekommen begrüßte Christina freudig … den Plumber. Wir hatten morgens das Wasser geheizt, um Wäsche zu machen. Beim zweiten Gang verabschiedete sich die Dichtung vom Wasserzulauf und ein fröhlicher Wassersegen ergoss sich in starkem Strahl über Christina und den gesamten Hauswirtschaftsraum. Sie schnell nach draußen, um den Zulaufhahn vom Tank zum Haus zu schließen (Haupthahn). Dann den Haus- und Hofverwalter über das Problem in Kenntnis setzen und auf den Plumber warten. Derweil haben wir natürlich im Haus kein Wasser mehr.

Ralf packte nun die Bankunterlagen ein, ging zum Tor, setzte sich auf das wartende Bike und retour zum parkenden Wagen. Von dort dann nach Wellington zur Bank, um mitgeteilt zu bekommen, dass die Transferbank in Ghana nach wie vor mit der Rokel Bank zusammenarbeitet – also keine Ahnung wo das Problem liegen könnte, vielleicht ja in der Zusammenarbeit mit der deutschen Bank? In jedem Fall erhielt Ralf noch ein paar andere Transferbanken – mal sehen ob da nun was klappt … in der Völker(Banken)Verständigung – sonst ja, was sonst …..

Plitsch platsch heute nehme ich ein Bad

Ralf machte sich wieder auf dem Rückweg und nach wie vor hatte sich nichts an der Situation verändert. So parkte er erneut den Wagen an der Straße (vor dem Hindernis), um dann wieder mit dem Bike, diesmal etwas weiter, nach Jui – zu Wendy einer US-Missionarin – zu fahren. Am Tag zuvor war Ralf mit der Buchhalterin vom T.E.C.T. in Freetown gewesen, um Büromaterial zu kaufen und dann noch im Hauptsitz der Rokelbank offizielles Geld vom T.E.C.T. (Studiengebühren) einzuzahlen. (Das war ein zeitintensives Abenteuer – die Schlangen bei der Bank waren lang, die Sachbearbeiterin s e h r  g e w i s s e n h a f t (soll ich das Geld nachzählen – hast du es gezählt – soll ich doch lieber – vertraue ich dir – ich vertraue dir – Kontrolle ist besser – ist es auch wirklich der genannte Betrag ….) und so dauerte alleine dieser Gang knappe 2 Stunden. Hier muss man immer sehr viel Zeit mitbringen.)

Wie auch immer, Ralf hatte für Wendy Büromaterial eingekauft, was sie nirgends anders besorgen konnte. Das brachte er ihr nun vorbei. Solche Kontakte sind hier extrem wichtig – man hilft einander wie man kann. Wendy hatte uns in den ersten Wochen, bevor wir ein eigenes Konto eröffnen konnten, Geld geliehen. Sie hatte auch während unserer Zeit in Deutschland in unserem Auftrag Geld an Einheimische überwiesen. Wendy ist ein Schatz. Mit ihren fast 70 Jahren arbeitet sie als Krankenschwester unter Muslimen, um von Gottes Liebe weiterzusagen.

Nach dem Besuch bei Wendy wollte Ralf noch kurz bei Familie Moses reinschauen. Geoffrey (US-Arzt) war gerade mit einem kleinen Team aus den Provinzen von einem Einsatz (medizinisch und Schulung) zurückgekommen und Ralf wollte einfach Hallo sagen.

Fährt man täglich, weiß man genau, wo Untiefen lauern.

Der hatte aber mittlerweile vernommen, dass Ralf mit dem Okada bei Wendy war und das Auto vor der Blockade stehen ließ. Ja, Jui ist klein. So rief dieser Ralf an und bat um Hilfe. Zwei aus dem Team fliegen heute zurück in ihre Heimat und müssen bis Mittag bei SeaCoach in Freetown sein, um von dort mit der Fähre zum Flughafen überzusetzen.

Aber nun kommt er mit seinem Wagen ja nicht an der Blockade vorbei. So fragte er, ob wir bis zur Blockade mit seinem Fahrzeug fahren können und dahinter dann mit unserem Fahrzeug zu SeaCoach den Transport übernehmen können. Na klar – man hilft sich – logisch – als Internationale ist man aufeinander angewiesen. Bei Freunden noch mal mehr. Geoffrey hatte uns sehr fürsorglich beigestanden, als Nathanael im letzten Jahr ernstlich krank gewesen war. Es tut so gut zu wissen, dass wir einen US Arzt in der Nachbarschaft haben, der Christ ist und dem wir voll vertrauen können!

So fuhren wir alle mit Geoffreys Fahrzeug bis zur Blockade, um dort festzustellen: diese hatte sich doch tatsächlich aufgelöst! Beide Fahrzeuge waren weggeschleppt bzw. der Minivan mit 8 Personen weggeschoben worden.

Sie machten sich nun selbst auf den Weg zu SeaCoach. Ralf fuhr nun mit dem Wagen wieder zurück zum T.E.C.T.. Durch die Schlammfalle muss man „mit Schmackes“ fahren, um nicht selbst hängen zu bleiben. Kleinere und tiefergelegte Fahrzeuge haben hier im Moment noch keine Chance.

Und zu Hause? Der Plumber hatte mittlerweile ebenfalls das Material besorgt und den Schaden behoben. Ralf machte sich nun auf den Weg, um Nathanael von der Schule abzuholen.

More is coming

Auf dem Rückweg stellten sie fest, dass an derselben Stelle wieder eine ganze Wagenladung Gesteinsbrocken verteilt worden war … Man lernt nicht automatisch dazu. Das Wetter sieht nach Regen aus und morgen ist ein neuer Tag.

Nachtrag: Mittlerweile hat sich das „Transferproblem“ auch aufgelöst und dank vieler Hilfe, kommt nun wieder Geld auf unserem Konto in SL an – Danke Gott!