Es gibt wirklich unglaublich viele Dinge, die wir nicht kennen, die kulturell so unterschiedlich sind und von denen wir nie zuvor auch nur gehört haben.
Eines ist der Begriff „Godparents“, Eltern in Gott – schwierig zu übersetzen. Bei uns gibt es das nicht wirklich. Am ehesten könnte man dies mit dem Begriff des Paten beschreiben – wie bei einer Taufpatenschaft.
Der Pastor von Peace Baptist („unserer“ Gemeinde), Rev. Abu Koroma, hat im Juni 2022 seine Frau verloren und war nun Witwer mit drei Kindern (10 – 14 – 19 Jahren).

Im Mai 2023 gab es einen Gottesdienst, welcher die Verstorbene würdigen und die Hinterbliebenen trösten sollte. Dieser Anlass hat die Funktion, ein „Trauerjahr“ zu beenden, um dann nach vorne zu schauen.
Rev. Abu sollte und wollte nicht alleine bleiben. Das war dann auch ein Tenor in der Predigt des Gedenkgottesdienstes – interessant.
In einem Treffen hatte er uns bereits angedeutet, dass er nach längerem Gebet nicht alleine bleiben will und auch schon eine mögliche Ehefrau im Blick hat. Sie ist eine Frau der Gemeinde und er war erstaunt, als Gott sie ihm zeigte. Damit hatte er gar nicht gerechnet. Diese beiden haben inzwischen Kontakt aufgenommen und so könnte noch in diesem Jahr, wenn alles gut läuft, die Hochzeit stattfinden.
Als wir nun wieder in SL ankamen und wir uns mit ihm trafen, teilte er uns mit, dass nun die Hochzeit feststeht und die beiden im Dezember heiraten werden. Es wird zwei Feiern geben. Die erste findet traditionell abends im Haus der Braut statt – auch ein offizieller Akt. Dann kommt natürlich die kirchliche Hochzeitsfeier am Samstag danach mit einem Gottesdienst, der Trauung und anschließender Feier.

Wir möchten, so der Pastor, dass ihr beide, Reverend Christina und Reverend Ralf, unsere Godparents seid – ups … Was bedeutet das? Was kommt da auf uns zu? Wir kennen uns doch erst ganz kurz und so viel über unser geistliches Leben und Ansicht haben wir nicht wirklich ausgetauscht … – unzählige Fragen, die einem da durch den Kopf gehen – und zumindest bei Ralf auch eine gehörige Portion Skepsis, was die Gründe für die Wahl angeht. Wir sind weiß also unermesslich reich aus ihrer Sicht. Heißt das, wir bürgen für die Hochzeit, die Ehe, Familie und wenn die Eltern nicht mehr sind, auch für die Versorgung der Kinder und Kindeskinder????
In jedem Fall ist es eine Ehre und das war uns schon mal klar. Da wir eine solche Funktion nicht kennen, haben wir einfach mal nachgefragt, was denn von uns erwartet wird und auf uns zukommt.
Das Wichtigste ist, dass ihr für uns und unsere Ehe betet. Dass ihr immer mal nachfragt, wie es uns geht – in der Ehe – geistlich – etc. Wenn Probleme auftauchen, werden wir es euch wissen lassen und ihr seid dafür zuständig zu vermitteln. Ihr werdet auf der Hochzeit das Traudokument unterschreiben und unsere Ehe bezeugen.

Nun ja und dann ist es üblich, dass die Godparents (wie andere auch) sich an den Kosten für die Hochzeit beteiligen, soviel ihnen Gott eben aufs Herz legt. Sie sind normalerweise zuständig für die Bewirtung und darüber hinaus, was möglich ist. Natürlich kann auch später noch, nach der Hochzeit, finanzielle Unterstützung erfolgen, je nach Möglichkeiten.
Wir haben uns erstmal eine Zeit des Gebets erbeten und wollten uns auch noch mal bei anderen über die Rolle von Godparents informieren. Nicht dass es am Ende heißt, wir haben Familienzuwachs, ohne es gewusst zu haben.
Im Erkundigen, Gespräch und Gebet haben wir für uns den Eindruck gewonnen, wir können und sollen das tun und sind natürlich gespannt, wie die Hochzeit ablaufen wird. Mal sehen, was alles von uns erwartet wird.
Leider überschneidet sich der kirchliche Hochzeitstermin mit der Graduierungsfeier am T.E.C.T. Beides findet am selben Samstag statt. So wird Ralf an der Hochzeit und Christina an der Graduierungsfeier teilnehmen – nun ja, auf die Terminplanung können Godparents in jedem Fall keinen Einfluss nehmen. Wir haben es versucht, aber ein Verschieben ging nicht. Nun hofft Christina, dass die Graduierung pünktlich und recht straff verläuft und dass die Hochzeit später anfängt als angekündigt. Dann könnte sie noch recht viel mitkriegen, wenn sie später nachkommt (mit öffentlichen Verkehrsmitteln – spannend!).

Wir werden natürlich auch etwas zur Hochzeit beisteuern und wissen jetzt schon, dass wir Speiseöl geben können und wollen. Es wurden für uns ja letztes Jahr vor unserem Kommen zwei 20 Liter Kanister Speiseöl gekauft. Ein Kanister war Öl aus Palmen gewonnen und einer mit Öl von Sonnblumen. Diesen letzten haben wir doch tatsächlich im letzten Jahr geleert – durch selber kochen und Verschenken in kleinen 0,33 cl Flaschen.
Nun hatten wir noch den Kanister mit Öl aus Palmen und wollten uns um diesen kümmern. Der sieht nicht nur komplett anders aus – gelb-rot – teils auch dickflüssiger, aber vor allem auch ein etwas anderer Geschmack und wie manche meinen – könnte es Einfluss auf unsere Darmaktivitäten haben.

Tatsächlich ist es sehr anders. Uns wurde gesagt, dieses Öl wird überwiegend für das Kochen von speziellen afrikanischen Gerichten genutzt.
Sie verwenden hier beim Kochen ohnehin unglaublich viel Öl – wobei das dann im Anschluss aufgehoben und beim nächsten Mal weiter benutzt wird – wie bei den Fritten in der Pommesbude.
Da wir nun also überzeugte Sonnenblumenöl-Nutzer sind, werden wir schon mal das gute 10 Liter Palmenöl der Hochzeitsfeier zur Verfügung stellen. Wenn das mal nicht eine WinWin Situation ist?! Dazu wird Reis kommen und Geld für Fisch oder Hühnchen, Gemüse, Gewürze etc.

Dann teilte er uns mit, dass bis Ende des Jahres noch zwei andere Hochzeiten in der Gemeinde stattfinden und außerdem die Verabschiedung von Pastorin Rev. Margret Roberts, die nun in den Ruhestand geht.
Für jede Hochzeit werden die Frauengruppe sowie die Männergruppe über ihre Mitglieder Geld sammeln und als Mitgift geben. Auch für Rev. Roberts wird Geld gesammelt. Zum einen um die Abschiedsfeier auszurichten und zum anderen um dann ihren neuen „Stand“ abzusichern.
Wenn ein Baptistenpastor/ Pastorin in Rente geht, gibt jeder Kollege 200 Leones und jede Gemeinde 500 Leones (des gesamten Gemeindebundes). Soweit wir das verstanden haben, ist das eine Altersabsicherung. Wie das mit Rente und Finanzen funktioniert, haben wir tatsächlich bei allem Nachfragen noch nicht durchschaut, aber was wir hören, erscheint abenteuerlich unterirdisch. Deshalb sorgen in der Regel die Gemeinden, in welcher der letzte Dienst war, für etwas Unterstützung.

Rev. Roberts ist Witwe. Sie hatte eine Sonderstellung in der Gemeinde und keinerlei Altersabsicherung. Alles, was sie bekommt, ist das, was Kollegen und Gemeinden für sie zusammenlegen. Sofern ihre Gemeinde die Möglichkeit hat, wird sie auch in Zukunft ab und zu Geld zum Unterhalt geben, jedoch nicht regelmäßig und auch nicht viel.
Bevor Rev. Abu von seinem Besuch bei uns wieder aufbrach, teilte er uns noch mit, dass er uns mehr in die Gemeindearbeit integrieren möchte. Einer von uns soll jeden 3. Sonntag im Monat predigen – warum auch nicht – gerne!
Nun haben wir auch die zukünftige Mrs. Reverend kennengelernt. Wir haben sie beide zu uns eingeladen, um auszutauschen und auch noch mal über das Thema Godparents ins Gespräch zu kommen.

Fatmata kommt aus einem muslimischen Haushalt und sie lebte mit einem Muslim zusammen. Dieser hat sie nicht geheiratet und gemeinsam haben sie drei Kinder. Irgendwann hat er sie dann einfach verlassen. Die Kinder sind mittlerweile erwachsen und studieren. Da sie sich zum Christentum bekehrt hat, lebt allerdings nur noch eines der Kinder bei ihr im Haus. Sie kam vor vielen Jahren zur Peace Baptist Church und leitet dort treu die Sonntagschule.
Nun haben die beiden sich Ende letzten Jahres mehr miteinander beschäftigt und sich entschieden zu heiraten. Die Verlobungsfeier findet am 07. Dezember im Haus der Schwiegereltern statt und die Hochzeit (Gottesdienst und Feier) wird am Samstag 09. Dezember 2023 um 12 Uhr in der Peace Baptist stattfinden.
Wir haben ihnen nun mitgeteilt, dass wir gerne einen 50 Kg Sack Reis und 20 Liter Öl zur Verfügung stellen wollen. Wie war das doch gleich – gebt was euch der Herr aufs Herz legt! Nun anscheinend hatten der Herr mit Ihnen andere Absprachen getroffen – die Begeisterung blieb aus. Nach und nach erfuhren wir, daß sie mit 500-600 Gästen rechnen werden. Und in der hiesigen Kultur ist das auch so, dass jeder mit etwas zum Essen und Trinken rechnen darf???!

Uns ist es ein Rätsel, wie man 500 Personen in den Räumen der Peace Baptist stapeln möchte, aber mehr noch, wie man angesichts der wirtschaftlichen Lage von der Speisung der 5.000 ausgehen kann – unglaublich. Sie rechneten wohl doch mit mehr als nur dem geistlichen Segen und Begleitung. Aber wie wir immer betont haben, wir können nicht auf dem Wasser laufen und auch nicht Wasser in Geld verwandeln.
In jedem Falle werden wir wohl statt der Sach- doch lieber ein Geldgeschenk machen – dann können sie entscheiden, wie wann und wofür.
Ach ja, nach der Traupredigt sollen wir einen Krug mit Wasser bereithalten – Bitte?? Ja dieser soll dem Brautpaar zum Trinken gereicht werden und dazu ein Segensgebet gesprochen werden – das ist so Tradition hier. Das Wasser ist Sinnbild für Ruhe in Konflikten.
Am Anfang war die Anwesenheit als geistliche Mentoren – dann die Unterschrift unter dem Ehevertrag – die Versorgung des Hochzeitmahls – das Segensgebet mit Wasser …. – bis Dezember ist ja noch Zeit, mal sehen, was da sonst noch auf uns wartet?!
