Zwischenruf – betet, betet für mein Volk!

Seit Ende letzten Jahres hat in Sierra Leone der Wahlkampf begonnen. Alle fünf Jahre werden der Präsident und sein Kabinett neu gewählt. Als amtierender Präsident kann man sich nach der ersten Amtszeit nur noch ein weiteres Mal aufstellen und wählen lassen, um dann erst mal zu pausieren. Die Wahl in Sierra Leone ist am Samstag, 24. Juni 2023.

Im August 2022, eine Woche, nachdem wir in Sierra Leone angekommen waren, fanden Demonstrationen und Proteste über die Politik statt. Daraus entwickelten sich Aufstände und Ausschreitungen, die Militär- und Polizeieinsätze erforderlich machten. In deren Folge sind Menschen auf beiden Seiten zu Tode gekommen.

Eine Wahlkampfveranstaltung

Wahlen werden hier generell, doch diese besonders leidenschaftlich und emotional geführt. Es gibt zwei große Parteien, daneben noch zahlreiche kleinere. Der einen Großen Partei gehört der amtierende Präsident an und möchte wiedergewählt werden. Der anderen großen Partei gehört sein Vorgänger an, der nun nach einer Pause erneut zum Präsidenten gewählt werden möchte.

Beide, aber vor allem der amtierende setzen nun alle Mittel ein, dass dies auch passiert. Auch wenn Sierra Leone eine Demokratie ist, haben wir als Außenstehende doch so unsere Anfragen daran, ob die Wahlen wirklich gerecht und fair sind, wie wir es aus einem Rechtsstaat kennen.

Wir hören immer wieder, wie den Gegenkandidaten die Anfahrten zu Wahlkampfansprachen verhindert werden oder wie das Stimmrecht manipuliert wird. Die Hochburgen für die Gegenpartei haben weniger Stimmrecht bzw. dürfen nicht wählen und die Hochburgen des amtierenden Präsidenten erhalten zusätzliche Stimmmöglichkeiten und dürfen mehrfach wählen gehen… . so wurde uns gesagt. Das ist nicht Verfassungskonform, aber Klagen dauern lang und versprechen wenig Erfolg.

Ein Parteibüro in BO wurde von Anhängern der Gegenpartei niedergebrannt

Wie dem auch sei, diese Wahlen sind umkämpft. Da steckt ne Menge Pulver und Angst drin. Aus diesem Grund haben ja auch Schulen und Universitäten ihren Betrieb um einen Monat verkürzt.

Die meisten Internationalen haben inzwischen das Land verlassen und wollen so wie wir Ende August oder Anfang September zurückkommen. Alle hoffen, dass sich bis dahin die Lage wieder beruhigt. Auch diese Prognosen sind unsicher.

Bei einer Schulung der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) haben wir den Tipp erhalten, uns für unseren Auslandsaufenthalt mit Emailadresse und Daten beim Auswärtigen Amt zu melden, so dass unser Aufenthalt in Sierra Leone, sollte etwas passieren, dort bekannt sind.

Liebe Landsleute,

In wenigen Tagen, am Samstag, den 24. Juni, sollen Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen stattfinden. Wir hoffen weiterhin auf einen friedlichen Verlauf der Wahlen.

Die Berichte der letzten Tage von gewalttätigen Zusammenstößen in den Provinzen zeigen, dass sich die Situation rasch in eine unerwünschte Richtung entwickeln könnte. Daher gilt es wachsam zu bleiben.

Die größte Oppositionspartei APC hat für morgen, Mittwoch, den 21.06.2023 landesweit Demonstrationen angemeldet.

Wir empfehlen daher morgen besonders vorsichtig zu sein, übliche Versammlungsorte sowie den Central Business District in Freetown, wo sich die Büros der Wahlkommission ECSL befinden, weiträumig zu meiden.

Beobachten Sie die Lage und bleiben Sie im Zweifel in sicheren Bereichen. Unsere grundsätzlichen Empfehlungen gelten weiterhin:

  • Informieren Sie sich über lokale und soziale Medien.
  • Meiden Sie entstehende Menschenansammlungen und Demonstrationen.
  • Folgen Sie unbedingt den Anweisungen der Sicherheitskräfte.
  • Bereiten Sie sich vor, indem Sie Vorräte anlegen, die eine Versorgung für ca. 10 – 14 Tage sichern, ohne dass Sie Ihre sichere Unterkunft verlassen müssen.
  • Beachten Sie unsere Reise- und Sicherheitshinweise auf http://www.diplo.de/sicherreisen.

Seien Sie versichert, dass wir Sie auf diesem Wege unterrichten, sollte es konkrete Hinweise auf Gefahren geben.

Ihr Team der Deutschen Botschaft Freetown

Zudem erreichen uns über Bekannte täglich neue Nachrichten, Bilder und Filme über die aktuellen Zustände in Sierra Leone. Wahlveranstaltungen oder Parteikundgebungen, die sich zu Massenversammlungen entwickeln und sehr leidenschaftlich und bewegt geführt werden. Manche sind friedlich, aber manche sind es nicht. Oft ist es chaotisch und nicht selten führt es zu Ausschreitungen und Randalen, wodurch Menschen verletzt werden oder sterben. Uns werden Bilder und Filme davon zugeschickt, die schonungslos verstörend sind und wahrscheinlich nicht mal in den Nachrichten gezeigt würden. Diese geben wir nicht weiter!

Viele Menschen in Sierra Leone haben Angst. Den meisten ist die Zeit des Bürgerkrieges, der äußerst brutal und grausam geführt worden war, noch in Erinnerung. Sie haben die Bilder noch klar vor Augen. Die Kindersoldaten von damals sind nun Familienväter – sie haben Angst.

In den letzten fünf Jahren ist die Wirtschaft nicht besser, sondern viel schlechter geworden. Allein im letzten Jahr konnten wir das selbst erleben. Viele haben kaum was gehabt und wissen nun nicht mehr, wie sie ihre Familien und sich selbst ernähren sollen. Sie hungern oft mehrere Tage. Sie fühlen sich von der Politik verlassen und verraten und von der Welt abgehängt. Sie hoffen auf einen Neubeginn – Besserung – so wie bisher kann es nicht weitergehen.

Unter dem vorherigen Präsidenten ging es den Menschen besser, sie konnten das wahrnehmen. So hoffen viele Menschen hier auf ihn, auch wenn gegen ihn nach wie vor eine Klage wegen Veruntreuung und Korruption anhängig ist. Doch das ist ja normal und bei ihm ging es dem Land und Menschen besser. Gerade ist eine Klage eingereicht worden, um die Wahlen zu verschieben. Es gab zu wenig Zeit für einen gerechten Wahlkampf. All das vervielfacht bei den Menschen das Gefühl von Hilflosigkeit und Ohnmacht.

Die Menschen, die wir persönlich kennen, erleben das und hoffen auf Besserung. Sie halten die Wahlen, das Land und die Menschen darin Gott hin. Möge es friedlich bleiben und werden. Sie haben Angst und bitten uns um Gebetsunterstützung. Dass die Wahlen friedlich und gerecht verlaufen. Das sich die Lage und das Land erholt und stabilisiert. Dass sie in Frieden leben und ihre Familien ernähren können.

Während er von der Kundgebung berichtet wird geschossen

Wir wissen, auch in anderen Ländern herrscht dieser Unfriede, Ungerechtigkeit und Not. Sierra Leone ist kein Einzelfall. So möchten wir dazu aufrufen: Betet, betet für mein Volk in Sierra Leone! Und auch für alle anderen Nationen, in denen Menschen an Krieg, Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Hunger leiden und sterben!

Die Wahlen finden am kommenden Wochenende statt – es ist gut, wenn wir uns an Gott wenden und ihm all das anbefehlen – Danke für alle Fürbitte!